Von nun an fuer immer
Sie sind also Lornas Exmann?“
„Ja.“
„Als Erstes wüsste ich gern, ob Sie irgendetwas über ihre Krankengeschichte wissen, das für uns wichtig sein könnte.“
James zögerte eine Sekunde und überlegte, ob dieser Teil der Vergangenheit relevant war. Doch es konnte sein, dass es ihr half, und so musste er es wohl oder übel erwähnen.
„Ihr wurde mit zwölf der Blinddarm herausgenommen, und sie hatte eine Eileiterschwangerschaft. Aber das ist schon ewig her.“
„Wie lange genau?“, hakte Angela nach, während sie sich Notizen machte.
„Zehn, fast elf Jahre.“
„Sonst noch etwas? Diabetes, Epilepsie?“
James schüttelte den Kopf. „Nicht, dass ich wüsste.“
„Stehen Sie noch in Kontakt zu Ihrer Exfrau?“
„Nein.“
„Und wann haben Sie das letzte Mal mit ihr gesprochen?“
James seufzte. „Vor zehn Jahren.“
„Verstehe.“ James hatte Mitleid mit Angela. Es musste eine schwierige Situation für sie sein. Im Grunde hatte er kein Recht, Lorna zu sehen. Scheidungen waren etwas Schreckliches.
„Ihre Familie ist unterwegs“, erklärte Angela. „Sie müssten jeden Moment landen. Solange Lorna ihre Wünsche nicht selbst äußern kann, müssen wir uns auf ihre nächsten Angehörigen verlassen. Und das sind offenbar ihre Eltern.“
„Die ganz und gar nicht erfreut sein werden, mich hier zu sehen.“ James sah Angela an. „Hören Sie, unsere Scheidung war vollkommen einvernehmlich. Es gab keinerlei Probleme.“ Er hasste es, diese persönlichen Dinge mit einer Fremden besprechen zu müssen. „Es hat einfach nicht funktioniert mit uns. Trotzdem hatten wir uns gern. Ich weiß, dass ich als ihr Exmann kein Besuchsrecht habe, aber sie ist auch meine Patientin gewesen. Und da sie aus meiner Abteilung hierher auf die ITS verlegt wurde, darf ich nach ihr sehen …“
„Verstehe“, sagte Angela wieder, auch wenn James ziemlich sicher war, dass sie das nicht tat. Aber sie schien ein gutmütiger Mensch zu sein, denn sie lächelte ihm traurig zu. Ihre nächsten Worte ließen James allerdings vermuten, dass sie ihn durchaus verstand.
„Ich bin selbst geschieden. Und ich weiß, dass ich ihn auch sehen wollte, wenn er so schwer krank wäre. Aber sobald Lornas Eltern da sind, entscheiden sie, ob Sie sie weiterhin sehen dürfen oder nicht.“
„Selbstverständlich.“ James nickte dankbar.
„Soll ich mitkommen?“, bot May an. James schüttelte den Kopf. „Nun gut, dann warte ich hier auf dich.“
Er hatte sich immer gewünscht, sie noch ein einziges Mal zu sehen. Noch einmal in Ruhe mit ihr zu reden und ihr zu sagen, dass es ihm leidtat, was passiert war. Unendlich leid. Heute Nacht war dieser Wunsch zumindest teilweise in Erfüllung gegangen. Obwohl es für James schmerzhaft war, spürte er Dankbarkeit für diese Gelegenheit.
Gleich beim Betreten des Zimmers fiel ihm auf, dass sie inzwischen eine etwas gesündere Gesichtsfarbe hatte. Wären nicht überall Schläuche und Kabel gewesen, hätte man fast annehmen können, sie würde einfach nur schlafen.
Immer wieder hatte James sich die Begegnung mit Lorna ausgemalt. Er hatte sich vorgestellt, was er alles sagen und tun würde, doch jetzt, da der Augenblick gekommen war, wusste er nicht, was er sagen sollte.
Neben ihrem Bett stand ein Stuhl, auf den er sich zögernd setzte. Angela übernahm die Überwachung von einer Kollegin und setzte sich ans Fußende des Bettes, wo sie alle Monitore und Geräte im Blick hatte. Sofort fing sie an, die Krankenakte zu vervollständigen, wobei sie Lorna ständig im Blick hatte. James wusste, dass diese engmaschige Kontrolle notwendig und auf der Intensivstation üblich war, doch er hätte alles dafür gegeben, nur ein paar Minuten mit Lorna allein zu sein.
Besorgt sah er seine Exfrau an. Sie war immer schlank gewesen, doch nun war sie mager. Als Angela ihren Arm nahm, um die Reflexe zu überprüfen, fiel James auf, dass ihre Venen deutlich zu sehen waren.
„Warum halten Sie nicht ein wenig Lornas Hand“, schlug Angela vor. „Und Sie sollten mit ihr sprechen. Vielleicht beruhigt es sie, eine vertraute Stimme zu hören.“
Seit über zehn Jahren hatte James nicht mehr ihre Hand gehalten, und er wusste nicht, ob er es wirklich tun sollte. Als er schließlich doch ihre dünnen Finger berührte, fiel ihm auf, wie kalt sie war. Auch früher hatte sie immer kalte Hände und Füße gehabt.
„Ihr war schon immer kalt“, sagte er zu Angela, ohne dabei den Blick von Lorna abzuwenden. „Wenn sie nach
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