Von nun an fuer immer
plötzlich drängend. „Ich muss zu ihr, bevor ihre Eltern da sind!“
„Natürlich.“ May stand auf. „Ich bringe dich auf die ITS.“
Doch sie konnte sich ihre Frage nicht länger verkneifen. Noch bevor sie den Lift erreicht hatten, platzte sie damit heraus. Gut, sie war neugierig. Doch ihre Neugier war nicht der einzige Grund für ihre indiskrete Frage. Sie wollte James helfen – wie sie jedem Menschen helfen würde, der einen schwer kranken Freund oder Verwandten hatte. Und es war nun einmal einfacher, wenn sie es wusste.
„Wer ist sie, James?“
Erst als sie im Fahrstuhl standen und nach oben fuhren, antwortete er ihr.
„Sie ist meine Exfrau.“
2. KAPITEL
Damit hatte May nicht gerechnet. Oh ja, sie wusste, dass jeder von ihnen seine Vergangenheit hatte. Doch sie kannte James, seit er als junger Assistenzarzt zum ersten Mal in der Notaufnahme gearbeitet hatte, hatte ihn all die Jahre begleitet, bis er Facharzt und schließlich leitender Oberarzt geworden war. Doch nie, wirklich kein einziges Mal, hatte er erwähnt, dass er verheiratet gewesen war.
Für James war der Weg zur Intensivstation der längste seines Lebens. Während der letzten Stunden, die er wie versteinert an seinem Schreibtisch verbracht hatte, hatte er versucht, sich darauf vorzubereiten, dass sie sterben könnte. Entschlossen hatte er jeden Gedanken an das, was gerade im Schockraum passierte, von sich geschoben und sich stattdessen an die Vergangenheit erinnert. Er hatte eine seltsame Dankbarkeit dafür empfunden, dass Lorna bei ihm in London war. Und dafür, dass er zu ihr gehen und sich verabschieden konnte, falls May ihm sagte, dass sie die Wiederbelebung aufgegeben hatten.
Doch wie durch ein Wunder hatte Lorna es geschafft. Und nun würde auch er es schaffen, diese Situation zu bewältigen.
Es war ein komisches Gefühl, wie ein ganz normaler Besucher um eine Besuchserlaubnis auf der Intensivstation bitten zu müssen. Ungeduldig wartete er, während May der Intensivschwester die Lage erklärte.
„Sie ist gerade erst angekommen“, erklärte May, als sie in das Besucherzimmer zurückkehrte. Fürsorglich reichte sie ihm einen Becher Wasser. „Du musst dein Handy abschalten, bevor du hineindarfst.“
James zog sein Telefon aus der Tasche und sah, dass er acht Anrufe verpasst hatte. Seltsam. Er hatte das Klingeln gar nicht wahrgenommen.
Ellie. Er warf einen Blick auf die Uhr an der Wand. Schon vor über drei Stunden hätte er bei ihr sein sollen. Er schaltete sein Handy aus und benutzte stattdessen das Festnetztelefon, das auf dem Tisch stand. Nach nur einem Klingeln nahm sie ab, sichtlich verärgert.
„Hallo, Ellie!“ Er versuchte, so normal wie möglich zu klingen. „Tut mir leid, aber ich schaffe es heute wohl nicht mehr.“
Er hörte, wie sie wütend schnaubte, und sah verlegen zu May hinüber, die vorgab, nicht zuzuhören.
„Nein, es geht nicht um meine Arbeit.“ Erschöpft raufte er sich das Haar und holte tief Luft. „Ich habe dir doch von Lorna erzählt …“
Ellie antwortete nicht, und so fuhr James fort: „Nun, sie hatte einen Unfall. Sie ist hier bei uns in der Klinik. Auf der Intensivstation. Und es ist noch keiner ihrer Angehörigen da. Niemand, der sich um sie kümmern könnte.“
Er warf einen Blick zu May hinüber, die angestrengt auf das „Bitte waschen Sie Ihre Hände“-Schild starrte.
„Nein“, sagte James. Und dann noch einmal: „Nein!“ Mit hängenden Schultern saß er in seinem Sessel. „Hör zu, Ellie, ich möchte wirklich lieber allein sein. Ich ruf dich morgen an.“
„Frauen“, murmelte James, nachdem er aufgelegt hatte.
May setzte sich neben ihn. „Deine Freundin weiß also über Lorna Bescheid.“
„Ja, ich habe Ellie schon vor einigen Monaten alles erzählt. Unsere Beziehung ist inzwischen ziemlich ernsthaft geworden, und da fand ich, dass sie es wissen sollte.“
„Wie lange warst du mit Lorna verheiratet?“
„Nicht einmal ein Jahr.“ Er hätte an dieser Stelle die Unterhaltung abbrechen können. Ein Jahr war schließlich eine kurze Zeit, und außerdem war es mehr als zehn Jahre her. Eine Episode in seiner Vergangenheit. Doch leider war es ihm nie gelungen, mit diesem Kapitel seines Lebens abzuschließen. Er hatte es versucht. Immer wieder. Doch das eine Jahr mit Lorna war so außergewöhnlich gewesen, so intensiv und prägend – auch wenn es wie eine Achterbahnfahrt gewesen war. Und nun waren all die alten Gefühle wieder da.
„Sie war einige Jahre jünger
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