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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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die ganz pragmatische Weise: Er ließ seine Schulden einfach unbezahlt. Die italienischen Bankhäuser Bardi und Peruzzi brachen zusammen. Die niederländischen Verbündeten gingen Edward von der Stange, aber da sie sowieso kaum einen Finger für ihn gerührt hatten, erschütterte ihn das nicht. Auch die englischen Wollkaufleute – den finanzstärksten Arm der englischen Kaufmannschaft – hatte er geschröpft, doch mit ihnen wurde er vorsichtiger, weil er erkannte, dass man die Gans nicht schlachten darf, die goldene Eier legt. Fortan hofierte er die Kaufleute, eröffnete ihnen Möglichkeiten zu einem sozialen Aufstieg, die es nie zuvor gegeben hatte, und bescherte ihnen ein neues Selbstverständnis: Die englischen Kaufleute finanzierten Edwards ambitioniertes militärisches Abenteuer und wurden mit der Erkenntnis belohnt, dass sie Englands Zukunft waren.
    1346 kam es endlich zu der großen Schlacht, die Edward so lange gesucht hatte. Bei einem Eroberungsfeldzug durch die Normandie stellten die Franzosen sich dem relativ kleinen englischen Heer bei Crécy. Es heißt, sie seien den Engländern fünf zu eins überlegen gewesen, wobei es nicht ganz einfach ist, die wirklichen Zahlen zu rekonstruieren. Jedenfalls hatte König Philip eine gewaltige Armee aufgeboten, die die Blüte seines Adels enthielt, denn sie alle hatten dabei sein wollen, wenn die Engländer endlich aus dem Land gejagt wurden. Aber sie hatten sich verrechnet. Dank seiner hervorragenden Bogenschützen brachte Edward den Franzosen eine schwere Niederlage bei,und die besagte Blüte des französischen Adels fiel oder geriet in Gefangenschaft. (Bei der Schlacht von Crécy trat übrigens der englische Thronfolger, der sechzehnjährige Prinz Edward, zum ersten Mal in seiner schwarzen Rüstung in Erscheinung und verdiente sich seinen klangvollen Beinamen.)
    Endlich fing der Krieg an, sich für Edward und seine Lords finanziell zu lohnen. Sie machten in der Normandie reiche Beute, und die Lösegeldsummen, die sie für ihre Gefangenen aushandelten, konnten sich sehen lassen. Aber entschieden war der Konflikt noch lange nicht.
    Edward III. und die 6 Bürger von Calais
    Edward wandte sich nach Norden und belagerte Calais, das er als Brückenkopf auf dem Kontinent wollte. Ein Jahr lang hielt die tapfere Stadt der englischen Belagerung stand, ehe sie endlich ausgehungert war und fiel. König Edward war fuchsteufelswild über diese Verzögerung seiner Pläne, und als sechs Bürger von Calais barfuß und nur mit Hemden bekleidet vorihm erschienen, um ihm demütig die Schlüssel der Stadt zu überbringen, wollte er sie allesamt aufhängen lassen. Königin Philippa ging vor ihm auf die Knie, um für das Leben der Bürger von Calais zu bitten, und Edward gab nach. Er war ja eigentlich gar kein Wüterich, sondern eher eine Frohnatur, und anlässlich des Falls von Calais gab er ein rauschendes Fest. Beim schwungvollen Tanz mit seiner Geliebten (bei der es sich möglicherweise um seine spätere Schwiegertochter, Joan of Kent, handelte), verlor die Dame ihr blaues Strumpfband, was ausgelassene Heiterkeit hervorrief. König Edward jedoch hob das Band auf, knotete es um sein Knie und rief: »Honi soit qui mal y pense!« – Wehe dem, der Übles dabei denkt.
    Ob die Anekdote stimmt oder nicht, dieser Satz wurde das Motto, das blaue Band das Markenzeichen des berühmten Hosenbandordens, den König Edward nach ihrer aller Rückkehr nach England 1348 gründete. Vierundzwanzig handverlesene Lords, der König und der Schwarze Prinz waren die ersten Mitglieder dieses Ritterordens, der sich Brüderlichkeit, den Schutz der Kirche und der Schwachen als Verpflichtung und höchstes Ziel auferlegte und das Zeitalter König Artus’ wieder lebendig machen sollte. In Windsor ließ der König eigens eine Halle für die runde Tafel erbauen, und alljährlich fanden am 23. April, dem Namensfest des heiligen Georg, mit großer Feierlichkeit die Zeremonien des Hosenbandordens statt. Das tun sie übrigens bis auf den heutigen Tag.
    Im Herbst 1348 war allerdings erst einmal Schluss mit Kriegsund Ritterspielen.
    Den ganzen Sommer über hatte man in England Gerüchte von einer schrecklichen Seuche gehört, die aus dem fernen Osten gekommen war und Europa zuerst in Sizilien erreicht hatte. Von dort breitete sie sich allmählich in nördlicher Richtung aus, und im September brachte sie ein Schiff nach Melcombe Regis in Dorset.
    Epidemien hatte es schon viele gegeben. Die Pocken, die Ruhr – die

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