Von Ratlosen und Löwenherzen
drohten damit, den kleinen Earl of March auf den Thron zu setzen (mit dem sie verwandt waren), und unterstützten auch noch die Revolte unter Owen Glendower, die in Wales ausgebrochen war.
Die persönliche Enttäuschung muss bitter für König Henry gewesen sein, aber er handelte schnell. Er stellte eine kleine Armee auf und führte sie nach Westen, ehe Percy senior und junior ihre Truppen vereinigen konnten. In Shrewsbury wartete der sechzehnjährige Prince of Wales – schon wieder ein Henry – auf seinen Vater, und gemeinsam machten sie am 21. Juli 1403 der Meuterei der Percys ein Ende. Hotspur fiel. Sein Onkel, der Earl of Worcester, wurde gefangen genommen und zwei Tage später hingerichtet. Aber Percy senior, der Earl of Northumberland, wurde begnadigt, nachdem er hoch und heilig versprochen hatte, sich zu bessern. Wieso der Königausgerechnet diesem Mann verzieh, der auf eine so lange Karriere gebrochener Versprechen und verräterischer Treuebrüche zurückblicken konnte, wird wohl ewig sein Geheimnis bleiben. Jedenfalls sollte Henry noch Anlass haben, seine Milde zu bereuen.
Owen Glendowers Revolte in Wales gewann an Schwung, nicht zuletzt dank finanzieller Unterstützung aus Frankreich, und 1405 schloss der alte Percy sich schon wieder mit Owen Glendower zusammen. Er holte auch noch den Erzbischof von York mit ins Verräterboot und zettelte eine neue Verschwörung gegen König Henry an.
Jetzt reicht’s aber, befanden die königstreuen Lords unter der Führung von Henrys Schwager Ralph Neville, dem Earl of Westmoreland. Er zog der Rebellenarmee entgegen und jagte sie auseinander. Der wackere Percy floh nach Schottland (wo er drei Jahre später bei einem unrühmlichen Scharmützel ums Leben kam). Der Erzbischof von York hingegen wurde gefangen genommen und hingerichtet.
Das war eine Katastrophe.
Zum einen verstieß es gegen das Gesetz, einen Priester hinzurichten, ganz gleich, was für ein Mistkerl er auch sein mochte, denn Geistliche standen ja außerhalb der weltlichen Gerichtsbarkeit. Aber viel schlimmer war, dass es als furchtbares Sakrileg galt, Hand an einen Mann Gottes zu legen.
Der erzbischöfliche Kopf lag längst im Gras, als König Henry am Ort des Geschehens eintraf, aber natürlich war er es, der die Verantwortung für den Bischofsmord zu tragen hatte. Niemand war davon so überzeugt wie er selbst, und als er 1405 krank wurde, glaubte er wie viele andere, dass es eine Strafe Gottes für dieses furchtbare Vergehen sei.
Wir wissen nicht, woran er litt. Seine Zeitgenossen sagten, er sei vom Aussatz befallen. Das ist nicht völlig ausgeschlossen, zumal Henry 1393 nach Jerusalem gepilgert war. So mancherKreuzfahrer hat sich die Lepra als Andenken aus dem Heiligen Land mitgebracht, und die Inkubationszeit konnte bzw. kann über zehn Jahre betragen. Aber ebenso gut ist es möglich, dass König Henrys Krankheit völlig anderer Natur war und seine Widersacher die Geschichte von der Lepra in die Welt setzten, weil »Aussatz« und »göttliche Strafe« so wunderbar zueinander passten. Jedenfalls war der König phasenweise so krank, dass er nicht regieren konnte.
Zum Glück war sein ältester Sohn schon fast erwachsen. Und nicht nur das: Henry of Monmouth, der Prince of Wales, sollte das absolute Erfolgsmodell aus dem Hause Lancaster werden.
Henry IV. bei seiner Krönung
1407 übernahm der Prinz die Führung der englischen Truppen gegen den walisischen Aufstand und belagerte Owen Glendower in Harlech Castle, das 1409 fiel. Nicht lange danach musste Glendower untertauchen, und seine Revolte brach endgültig zusammen. Prinz Henry war erbarmungslos gegen die Waliservorgegangen und hatte in der heißen Phase der Kämpfe buchstäblich keine Gefangenen gemacht. Sonderbarerweise genoss er trotzdem hohes Ansehen in Wales. Das mag daran gelegen haben, dass er selbst in Monmouth, einem Grenznest auf walisischer Seite, geboren war und die Waliser deswegen einen der Ihren in ihm sahen. Vielleicht lag es auch daran, dass er zwar hart, aber niemals hinterhältig gegen die Aufständischen vorging, und möglicherweise reichte das allein, um ihm Sympathiepunkte einzubringen, denn die Waliser waren in den letzten zweihundert Jahren so schauderhaft von englischen Königen behandelt worden, dass sie keine hohen Ansprüche mehr stellten.
Ende 1409 wurde der König so krank, dass die Ärzte um sein Leben bangten. Gesicht und Körper waren inzwischen furchtbar entstellt. Doch König Henry selbst, heißt es, war
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