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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Jedenfalls nichtso. Und er brachte es wohl auch einfach nicht fertig, Henry, der ihn mit solcher Großzügigkeit aus der Festungshaft geholt und an seinem Hof willkommen geheißen hatte, in so grässlicher Weise zu verraten. Er ging zum König und berichtete ihm von den Plänen der Verschwörer.
    Grey wurde enthauptet. Genau wie der Earl of Cambridge, der ein umfassendes, reuiges Geständnis unterschrieb. Lord Scrope – König Henrys Freund – zeigte keine Reue und bat auch nicht um Gnade. Also wurde er zur Unterhaltung der Southamptoner ausgeweidet.
    Jetzt aber , sagte sich König Henry und setzte am siebzehnten August endlich mit seinen fünfzehnhundert Schiffen, neuntausend Mann, fünftausend Pferden, Kanonen, Belagerungsmaschinen, Ausrüstung, Proviant und so weiter in die Normandie über. Sie landeten in der Nähe von Harfleur, und etwa vier Wochen lang belagerten sie die gut befestigte Stadt. Das war nicht lang, aber lange genug, dass die halbe englische Armee an der Ruhr erkrankte.
    Als die schwer bedrängten Bürger von Harfleur feststellen mussten, dass weder der Dauphin noch der Oberbefehlshaber der französischen Armee ihnen zu Hilfe kamen, und König Henry versprach, die Stadt nicht zur Plünderung freizugeben, öffneten sie ihm die Tore.
    Gut gemacht, sagten Henrys Ratgeber, aber jetzt lass uns erst mal wieder nach Hause segeln, denn es wird Herbst.
    Davon wollte der König nichts hören. Tausend Engländer, die die Ruhr besonders schwer erwischt hatte, die aber noch lebten, schickte er nach Hause. Und er ließ eine Besatzungstruppe in Harfleur zurück. Mit dem Rest machte er sich auf den Weg nach Calais, um mit diesem Marsch die Normandie quasi symbolisch in Besitz zu nehmen. Es waren gerade mal noch fünftausend, die mit ihm aufbrachen, und ungefähr die Hälfte von ihnen war krank. Weil Henry es eilig hatte und das Gelände schlecht war, konnten sie keine Versorgungswagenmitnehmen, also waren die Rationen knapp. Und kaum waren sie losgezogen, fing es an zu regnen, und es hörte einfach nicht wieder auf.
    Immer wieder sahen die englischen Späher während dieses zweiwöchigen Gewaltmarsches französische Truppen, die etwa so groß waren wie ihre, aber sie hielten Abstand, stellten sich niemals zum Kampf. Bis das müde, kranke, hungrige englische Häuflein am 24. Oktober, keine fünfundzwanzig Meilen mehr vom Ziel entfernt, den kleinen Fluss Ternoise überquerte und die Ebene jenseits des Flusses schwarz vor Menschen vorfand.
    Agincourt – Antreten zur berühmtesten Schlacht des Hundertjährigen Krieges
    Es ist nicht ganz sicher, wie groß die französische Armee war, die sich den Engländern nahe dem Dorf Agincourt (oder Azincourt, wie die Franzosen es schreiben) in den Weg stellte. Aber es könnten durchaus 50 000 gewesen sein – eine Übermacht von zehn zu eins. Selbst wenn es nur halb so vielewaren: Die Franzosen waren ausgeruht, gesund, satt und perfekt ausgerüstet.
    Es schien hoffnungslos.
    Aber Henry verhinderte, dass seine Happy Few , wie Shakespeare sie nannte – die »wenigen Glücklichen«, die an dieser denkwürdigen Schlacht teilnehmen durften –, in Panik gerieten. Am Morgen des 25. Oktober brachte er sie auf einem Weizenfeld zwischen zwei Waldstücken in Stellung und formierte seine Bogenschützen zu mehreren Spitzen.
    Siegesgewiss, aber planlos griff die französische Übermacht an. Da das Feld jedoch von den Bäumen begrenzt war, konnte sie ihre zahlenmäßige Überlegenheit kaum nutzen und die Engländer auch nicht einkesseln. Die englischen Augenzeugen behaupten auch, die Franzosen hätten die Nacht vor der Schlacht durchgesoffen und um die lukrativsten der englischen Gefangenen gewürfelt.
    Ganz gleich, ob das stimmt oder erfunden ist – niemand kann befriedigend erklären, wieso das passierte, was eben am 25. Oktober 1415 bei Agincourt passiert ist: Henry von England und seine Happy Few gewannen die Schlacht und verloren nicht einmal dreihundert Mann. Zu den Gefallenen zählten Michael de la Pole, Earl of Suffolk und Enkel des Krämersohnes, von dem ich Ihnen erzählt habe, sowie der Duke of York, welcher der ältere Bruder des Verräters Cambridge war, mit dessen Verschwörung er aber nichts zu tun gehabt hatte. Vermutlich war er während der Schlacht gestürzt, hatte es nicht geschafft, wieder auf die Füße zu kommen, und war unter dem Gewicht seiner Rüstung langsam und qualvoll erstickt. Suffolk und York waren die einzigen Gefallenen von adligem Rang auf englischer

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