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Von Ratlosen und Löwenherzen

Von Ratlosen und Löwenherzen

Titel: Von Ratlosen und Löwenherzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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Lancaster-König, war eine ganz arme Socke.
    Bis zu seiner Thronbesteigung im Herbst 1399 war er everyone’s darling : Englands bester Turnierkämpfer, ein perfekter Ritter, besonnener Politiker und wahrer Gentleman, dem die Lords vertrauten, auf den die Commons ihre Hoffnungen setzten und den die Londoner vergötterten. Alle hatten die Nase gestrichen voll von Richards Tyrannei und Günstlingswirtschaft. Sie wollten stabile Verhältnisse und einen König, zu dem sie aufschauen konnten wie zu Edward III.
    Henry, so schien es, war genau der richtige Mann für den Job.
    Aber kaum trug er die Krone, schlug die Stimmung um. Das lag vor allem an Richards Ermordung. Sicher, Richard war ein Scheusal und außerdem ein Versager auf dem Thron gewesen, aber einen gesalbten König ins Jenseits zu befördern, das gehörte sich einfach nicht.
    Als Edward II. entmachtet und ermordet worden war, hatten Isabella »die Wölfin« und ihr Lover Mortimer die Drecksarbeit erledigt, und der junge Edward III. war aus der ganzen abscheulichen Angelegenheit mit einer strahlend weißen Weste hervorgegangen.
    Jetzt bei Henry war es anders: Er war Entmachter und Nachfolger des Königs in Personalunion, hatte aller Wahrscheinlichkeit nach auch dessen Ermordung in Auftrag gegeben, und das fanden viele Engländer anstößig. Irgendwie unappetitlich. Richard war kaum unter der Erde, da erhoben sich die erstenStimmen, die behaupteten, so schlimm sei er nun auch wieder nicht gewesen, und überhaupt …
    Und das war noch nicht alles: Henry of Lancaster war – streng genommen – in der Thronfolge überhaupt nicht an der Reihe. Richard war zwar kinderlos gestorben und Henry sein Cousin ersten Grades. Aber zwischen ihren Vätern, dem Schwarzen Prinzen und dem Duke of Lancaster, hatte es noch einen Bruder gegeben, Lionel, Duke of Clarence. Der hatte einen Urenkel, den kleinen Earl of March, und der wäre – aufgrund des inzwischen allgemein anerkannten Erstgeburtsrechtes – vor Henry an der Reihe gewesen. Aber als Richards Herrschaft auseinanderbrach und der König in so ultimativer Weise abgesetzt wurde, war der Earl of March erst acht Jahre alt, und das Letzte, was England gebrauchen konnte, war ein Kind auf dem Thron. Also wurde der Earl of March übergangen und für die nächsten vierzehn Jahre auf einer irischen Burg verwahrt, wo er, so hoffte man wohl, allmählich in Vergessenheit geraten sollte.
    Das klappte aber nicht. Jedes Mal, wenn König Henry eine unpopuläre Entscheidung traf, erinnerte irgendwer ihn daran, dass sein Thron auf wackligen Füßen stand.
    Henry verdankte diesen Thron dem Parlament, das als Gegenleistung noch größere Mitbestimmungsrechte verlangte und auch bekam. Henry war ein lösungsorientierter, vor allem ein geduldiger König, der in jedem einzelnen Fall so lange mit dem Parlament verhandelte, bis eine zufriedenstellende Lösung für das jeweilige Problem gefunden war – ganz gleich, wie lange es dauerte. Vor allem dieser Gabe war es zu verdanken, dass England sich innerlich allmählich stabilisierte.
    Des Weiteren verdankte der König seinen Thron zwei mächtigen Adelsgeschlechtern aus dem Norden, den Nevilles (die die Earls of Westmoreland waren) und den Percys (die den Earl of Northumberland stellten). Mit den Nevilles bekam er nie Schwierigkeiten, denn seine Halbschwester Joan Beaufortwar mit dem Earl of Westmoreland verheiratet, und die Bindung der einflussreichen Nevilles an die Krone war eng und freundschaftlich.
    Mit den Percys war es schwieriger. Sie hatten von Anfang an das Gefühl, dass König Henry ihre Rolle bei seiner Thronbesteigung nicht genügend würdigte und die Nevilles vorzog. Das mag stimmen, soweit es den älteren Percy, Henry Earl of Northumberland, betrifft, denn der hatte König Henrys Vater während der Bauernrevolte schändlich im Stich gelassen und war überhaupt ein ziemlich widerlicher Kerl. Aber Percy junior, den alle »Hotspur«, also Heißsporn, nannten, war ein Jugendfreund des Königs und hätte eigentlich mehr Vertrauen zu ihm haben sollen. Doch er trug seinen Spitznamen nicht zu Unrecht. Als Hotspur bei einem Scharmützel mit den Schotten den mächtigen schottischen Earl of Douglas gefangen nahm und König Henry das Lösegeld für den kostbaren Gefangenen kassieren wollte, statt es den Percys zu lassen, die den kostbaren Gefangenen ja schließlich geschnappt hatten, kam es zum endgültigen Bruch.
    Hotspur und sein Vater zogen Henrys Anspruch auf die Krone öffentlich in Zweifel,

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