Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
sollte sie jemals wieder aus der Sache herauskommen? Und was war mit Peter?
In diesem Augenblick trat er zu ihnen, und James klopfte ihm auf die Schulter. »Jetzt ist mein kleiner Bruder also offiziell verlobt.«
Peter lächelte, wobei Elizabeth eine leichte Anspannung in seinen Gesichtszügen zu erkennen meinte.
James ergriff erneut das Wort. »Sie wissen ja wohl, dass Sie der Grund sind, warum es irgendwann unerträglich geworden ist, mit ihm zusammenzuleben.«
Elizabeth errötete und wusste nicht, was sie darauf entgegnen sollte.
»Seit Jahren geht das schon so: Elizabeth hier und Elizabeth da, und das wurde zunehmend schlimmer.«
James lachte, und alle stimmten ein bis auf Elizabeth, die nicht wusste, was sie denken sollte. Sagte James die Wahrheit, oder hatte er sich durch Peters schauspielerisches Talent täuschen lassen? Sie blickte hilflos zu Peter und erkannte eine große Entschlossenheit in seinem Blick.
Es wurde ein anstrengender Abend für die Braut wider Willen. Lucy traf ein und musste beschämt gestehen, dass ihr Bruder nicht kommen werde, was inzwischen allerdings für Elizabeth keine Bedeutung mehr hatte. Schlimmer schien da schon das Eintreffen von Thomas Wythorne, der eigentlich gar nicht eingeladen war. Er mischte sich einfach unter die Gäste, als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt. Um größere Peinlichkeiten zu vermeiden, gab Elizabeth ihrer Mutter einen Wink, damit sie die Sitzordnung beim Dinner abändern konnte.
Ihre Mutter schüttelte jedoch nur mit dem Kopf. »Ich weiß überhaupt nicht, warum du darauf bestanden hast, ihn nicht einzuladen.«
»Wir kommen nicht gut miteinander aus, Mama«, erklärte Elizabeth leise, während sie einigen Gästen ein Lächeln zuwarf. »Schließlich habe ich seinen Antrag abgelehnt.«
»Das merkt man ihm aber überhaupt nicht mehr an. Er scheint darüber hinweg.«
Elizabeth lenkte das Gespräch in eine andere Richtung. »Ich hoffe, sein unerwartetes Kommen macht dir nicht zu viele Umstände.«
»Keineswegs. Ich wünsche jetzt nur, ich hätte auch seine Mutter eingeladen. Ihr habe ich gesagt, dass du dir Sorgen machst, seine Gefühle zu verletzen, und natürlich hat sie das verstanden. Trotzdem …« Sie schüttelte den Kopf und verließ den Raum, um mit dem Butler zu sprechen.
Elizabeth atmete tief durch, um sich zu beruhigen, während sie den Blick über die Gäste schweifen ließ, die gekommen waren, um ihre bevorstehende Heirat zu feiern.
Lucy unterhielt sich mit Mary Anne und James, und es war schön zu sehen, dass Peters Schwester über Lucys Geplauder lachte.
Plötzlich stand Thomas vor ihr. »Lady Elizabeth, was für eine nette Überraschung, dass ich hier sein darf.«
Als ob sie ihm eine Einladung geschickt hätte, dachte sie wütend. Trotzdem zwang sie sich zu einem Lächeln, was ihr mittlerweile bei jeder Gelegenheit perfekt gelang. »Lord Thomas, es ist immer wieder eine Freude, Sie zu sehen.«
Amüsiert musterte er sie, ehe er leise meinte: »Sie führen da eine unterhaltsame Scharade auf, meine Liebe.«
»Glauben Sie, was Sie wollen«, sagte sie und hielt die Hand mit dem Verlobungsring, der sich unter dem Handschuh abzeichnete, hoch. »Dieser Ring sagt etwas anderes.«
»Oder er bedeutet, dass der arme Mr Derby nicht begreift, was Sie ihm angetan haben.«
Sie hätte nicht gedacht, dass sogar Wythorne dafür sorgen könnte, dass sie sich noch schlechter fühlte, aber genau das war jetzt der Fall.
»Lassen Sie mich in Ruhe«, sagte sie leise.
»Ich …«
Ein seltsamer Ausdruck legte sich auf sein Gesicht, und er brach ab. Dann beobachtete sie überrascht, dass er sich vor ihr verbeugte und sich entfernte.
Währenddessen unterhielt Peter sich mit mehreren älteren Herren, die sämtlich wie der junge Duke of Madingley einen angestammten Sitz im House of Lords besaßen. Nicht wenige von ihnen wunderten sich, dass man mit dieser Feier nicht bis zur Rückkehr des offiziellen Familienoberhaupts gewartet hatte. Peter wusste dem nichts entgegenzusetzen, und unter normalen Umständen wäre es auch so gelaufen. Doch was war schon normal?
Während die Gentlemen sich über neue Gesetzesvorlagen und dergleichen unterhielten, schweiften Peters Gedanken ab. Nicht einmal eine Erwähnung der neuen Eisenbahnen fand seine Aufmerksamkeit. Ihn beschäftigte nur Elizabeth und ihre panische Flucht aus dem Wintergarten.
Unbehagen machte sich in ihm breit. Es lief überhaupt nichts nach Plan. Wie sollte er ihr zeigen, dass er der
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