Von sündiger Anmut: Roman (German Edition)
Lächeln. »Natürlich. Die Gäste erwarten, Verlobungsgeschenke zu sehen.«
Er reichte ihr die Schachtel, und als sie sie öffnete, entdeckte sie einen wunderschönen, von mehreren Perlen eingefassten Ring. Sie räusperte sich. »Er ist traumhaft, Peter.«
»Schau mal, ob er passt.«
Sie zog die Handschuhe aus und steckte ihn sich an den Finger. Er saß perfekt.
»Deine Mutter hat mir einen Ring von dir gegeben, wegen der Größe.«
»Und deine Schwester hat mir geholfen, für dich das Geschenk auszusuchen«, sagte sie und holte ihrerseits eine Schachtel aus ihrem Täschchen hervor. »Wir waren gestern gemeinsam einkaufen.«
Seine Überraschung war nicht zu übersehen. »Noch einmal? Das ist ein Rekord für Mary Anne, zweimal in einer Woche Geschäfte zu betreten. Vielleicht zeigt deine Gesellschaft tatsächlich allmählich Wirkung.«
Sie sagte nichts zu seinen hoffnungsvollen Worten, denn nach wie vor fühlte sie sich unter den forschenden Blicken seiner Schwester eher wie ein aufgespießter Schmetterling unter einer Lupe.
»Wir haben uns neulich recht nett über den neuesten Roman von Dickens unterhalten«, fuhr Elizabeth fort. »Wir lesen beide gerne.«
»Sei nicht so verzweifelt um Gemeinsamkeiten bemüht«, meinte er trocken.
Sie schüttelte den Kopf und reichte Peter die Schachtel. Er lächelte zu ihr auf, als er den schlichten Goldring herausnahm.
»Anscheinend hatten wir beide dieselbe Idee«, sagte er und schob sich den Ring auf den Finger. »Beinahe allerdings hätte ich ein Medaillon gekauft, doch irgendetwas an dem Ring fiel mir ins Auge.«
Es gelang ihr nicht, weiterhin unbefangen zu tun, denn durchdringend ruhte sein Blick auf ihr. Dieser verwirrende, begehrliche Blick, der alle Gewissheiten infrage stellte. Sie schaute sich um, aber niemand würde sich heute Abend in den Wintergarten verirren. Die Dunkelheit umschloss sie, und sie kam sich vor, als sei sie mit ihm eingesponnen in einen schützenden Kokon. Nur er und sie.
Er nahm ihre Hand, und seine Finger strichen über den Ring, der allen zeigen würde, dass sie ihm gehörte.
Als er sich zu ihr beugte, hielt sie ihn schnell auf. »Nein, Peter, küss mich nicht. Das ist schließlich keine echte Verlobung.«
Er sah sie mit dunklem, ernstem Blick an und murmelte: »Und wenn ich nun will, dass sie echt ist?«
Einen Moment lang wusste sie nicht, was sie denken sollte. Er war ein Mann, der sich mit Frauen die Zeit vertrieb. Konnte er wirklich meinen, dass er sie heiraten wollte?
Sie fühlte sich erfasst von einem Strudel widerstrebender Empfindungen und stürzte hinaus aus dem Unterstand. Sie schob Farnwedel zur Seite und eilte über die gewundenen, spärlich erhellten Wege davon, rannte an dem Springbrunnen vorbei zurück ins Haus durch die endlosen Gänge, in denen geschäftig Lakaien hin und her eilten, um letzte Vorbereitungen zu treffen.
Voller Erleichterung stellte sie fest, dass ihre Mutter, die ihr sonst bestimmt wieder Fragen stellen würde, abgelenkt war durch Peters Familie, mit der sie sich gerade unterhielt.
Mrs Derby drehte sich um, als sie hinzutrat, und ihr Gesicht leuchtete vor Freude und Dankbarkeit auf. Der Knoten in Elizabeths Brust schien sich immer fester zusammenzuziehen.
»Ich wusste, dass der Ring bei Ihnen entzückend aussehen würde«, sagte Peters Mutter, und Elizabeth hob die Hand, damit alle das Verlobungsgeschenk bewundern konnten. James, eine etwas kleinere, stämmigere Ausgabe von Peter, warf einen flüchtigen Blick darauf, um dann über ihren Kopf hinweg jemandem zuzugrinsen.
Peter war in den Raum getreten, doch sie vermied es, ihn anzuschauen. Sie konnte es nicht. Beim Gedanken an seine drängenden, begehrlichen Worte wurde ihr noch immer siedend heiß.
Sehnte er sich nach ihr? Oder bloß nach der Leidenschaft, die sie teilten und die er bestimmt ebenso bei jeder anderen Frau finden konnte?
Sie war so dumm gewesen. Wie hatte sie davon ausgehen können, dass diese Scheinverlobung nur ihren Familienangehörigen wehtun würde? Schlimm genug. Aber weitaus verwerflicher war, dass sie sich nicht um Peters Gefühle geschert oder einfach vorausgesetzt hatte, dass es für ihn bloß ein Spaß unter anderen würde. Wie die blöde Wette.
Und wenn sie ihm unrecht tat? Wenn sie ihn die ganze Zeit falsch eingeschätzt hatte?
Sie verdiente es, dafür bestraft zu werden, dass es so weit gekommen war. Alle ihre Entscheidungen waren falsch gewesen, und ihre Probleme lösten sie auch nicht. Ganz im Gegenteil. Wie
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