Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)

Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)

Titel: Von Tod und Wiedergeburt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lama Ole Nydahl
Vom Netzwerk:
verbitterte Frau lebte. Trotz aller Anzeichen von Schwäche konnte sie nicht sterben. Ihr Mann hatte ihr Aids übertragen. Es war die Zeit vor den lebensverlängernden neuen Arzneien; sie saß schon im Rollstuhl, und der Mann – noch gesund – schlich herum wie ein Schatten. Nachdem ich mit ihr geredet und sie gesegnet hatte, verstand sie, dass er ebenso unglücklich war wie sie, und konnte ihm tief erleichtert vergeben.
     
    Bis vor kurzem war das eher buddhistische als psychologische Weisheit, doch neueste Forschungen der »Positiven Psychologie« bestätigen, dass es Menschen, die anderen trotz zugefügten Leids großzügig vergeben und ihnen Gutes wünschen, bessergeht. [17] Vergebung ist einfach weniger stachelig als Rache und Zorn.
     
    Zur Zeit des Sterbens verdichten sich alle gesammelten Eindrücke des bisherigen Lebens und bestimmen so die inneren Erfahrungen. Man entscheidet also zu Lebzeiten, ob man entspannt und furchtlos stirbt.
    Die im Leben gewonnene Beherrschung des Geistes und das Verständnis der letztendlichen Wirklichkeit entscheiden darüber hinaus, ob man in der Lage sein wird, beim Sterben mit ihm zu arbeiten und die Erfahrung des Todes zu begreifen. Geistige Reife erkennt man dabei nicht an der Art der Gefühle, die man in diesem Augenblick hat, sondern am Abstand zu ihnen. Mitten im Sterbeverlauf schwankt der ungeübte Geist meist unkontrollierbar hin und her, erlebt Klarheit und Verwirrung im Wechsel und kann sich nur noch lückenhaft an Verstandenes erinnern. Wenn die Sinneseindrücke ihm keinen Halt mehr geben können, sind die eigenen guten Taten oder diejenigen, die in seinem Namen getan werden, sowie die guten Wünsche der Hinterbliebenen der einzige Schutz.
    Gibt man bereits im Leben sein Bestes und versucht, so gut es geht, bewusst zu sein, haben Hoffnung und Furcht im Moment des Todes nur wenig Spielraum, und man wird kaum Reue verspüren. Stattdessen kann man sich ganz auf das Geschehen einlassen, denn nichts anderes zählt.
    Um furchtlos zu sterben und den Tod als Sprungbrett in den alles befreienden Raum verwenden zu können, muss man allerdings früh – also jetzt – den Anfang machen. Es gilt, den Geist zu beobachten, ihn kennenzulernen, Vertrauen in ihn zu entwickeln und sinnvolle Gewohnheiten möglichst bald aufzubauen. In diesem Zusammenhang ist buddhistisches Wissen zwar eine große Hilfe und gibt einen weiten Überblick, aber erst regelmäßige Meditation und das Halten der Sichtweise im Alltag lösen unerwünschte Gewohnheiten auf und verringern den Einfluss von Störgefühlen wie Dummheit, Zorn, Eifersucht, Anhaftung, Geiz und Stolz.
    Ganz gleich, in welcher Form man sich die Weisheit aneignet – sei es durch das Beispiel des Lehrers, durch Bücher oder Vorträge –, ohne regelmäßige Anwendung der Belehrungen und Meditation und somit ohne Erfahrung verändert sich wenig. Ungenutztes Wissen ist wie eine Landkarte. Sie kann auf den Weg verweisen und Überblick gewähren, das Gehen übernimmt sie nicht. Das Verstehen des Weges ist also nur der erste Schritt.
    Inmitten der Vergnügungen und Zerstreuungen des heutigen Lebens braucht man Übung und Ehrlichkeit sich selbst gegenüber, um äußere wie innere Neigungen, die Schaden bringen werden, zu erkennen und aufzugeben und stattdessen nützliche einzuarbeiten. Da über lange Zeit verinnerlichte Sichtweisen und Einstellungen im Tod besonders kraftvoll in Erscheinung treten, sollte die tägliche Übung Körper, Rede und Geist umfassen, so dass die Belehrungen schnellstmöglich vom Kopf ins Herz rutschen. Dass die buddhistischen Mittel einem sowohl in diesem Leben als auch danach beistehen werden, ist sicher und ein wirkliches Geschenk.

Annehmen und Loslassen
    Der Tod hat zahllose Ursachen. Entweder ist die Lebensspanne einfach abgelaufen, oder plötzliche Umstände führen ihn herbei. Bei Ersterem kann man nur die Erfahrungen abmildern, denn der Tod selbst ist unvermeidlich. Wird das Leben aber unerwartet scheinbar aus dem Nichts bedroht, helfen manchmal noch Medizin, Meditation und Langlebenseinweihungen bzw. Wünsche, die Lebenszeit zu verlängern.
    Im Allgemeinen entstehen Krankheiten aufgrund eines Ungleichgewichts der Energien im Körper oder des Überhandnehmens der Störgefühle Anhaftung, Zorn und Verwirrung. Solche schädlichen Eindrücke können zu Angst, Unbehagen oder sogar zum Ableben führen. Ganz gleich, ob Krankheit und schließlich der Tod nun durch ein Ungleichgewicht im Körper oder durch

Weitere Kostenlose Bücher