Von Tod und Wiedergeburt (German Edition)
einstellen. Buddhisten können darüber hinaus denken, dass sie den Hinterbliebenen aus den reinen Kraftfeldern der Buddhas nach Fähigkeit helfen werden oder sich wiedergebären lassen, um die bestehenden guten Bande weiter zu genießen.
Bindungen zur Familie und zu den Freunden, zu Landschaften, Weltanschauungen und Erlebnissen sind häufig stärker als die Anhaftung an Besitztümer. Aber auch hier soll man wissen, dass sie nur einige Möglichkeiten des eigenen Geistes widerspiegeln, welcher ohne Körper noch viel mehr erfahren kann. Dass unendlich viel Schöneres erlebt wird, wenn man loslässt und mit freiem Geist stirbt, sollte schon im Leben verinnerlicht werden.
Will man etwas gegen Verlustangst, Abschiedsschmerz und tierischen Ernst finden, braucht man eigentlich nicht weit zu suchen. Jeder genießt im Leben unerwartet große Augenblicke voll von Mut, Freude, Liebe, Überschuss, Weitsicht usw. Wie wäre es, wenn sie unser wirklicher Zustand wären? Wäre es vorstellbar, dass die Sonne immer scheint, man sie nur nicht bemerkt? Dass gewöhnliche, mittelprächtige oder schlechte Erfahrungen vergänglichen Wolken ähneln, die ohne wirkliches Wesen oder Dauerkraft an der inneren Einsicht vorbeiziehen? Mit einer solchen Einstellung zum zeitlosen innewohnenden Reichtum des Geistes auf Entdeckungsreise durch den sowieso unvermeidlichen Tod zu gehen, würde sich bestimmt lohnen. Wer wie Goethe als Letztes »Mehr Licht!« sagt, weiß, wonach zu suchen ist.
Beispielhaft wirkt es auf das Umfeld, wenn Sterbende, die bewusst Buddhas Ratschläge nutzen und seine Meditationen befolgen, sichtlich gelassen und eher mit Neugier oder »Reisefieber« als mit Angst von hier gehen können. Ihr Vertrauen ist durch ihre Meditation und den Wunsch, sich zum Besten aller Wesen zu entwickeln, über die Jahre gefestigt worden und bezeugt ein sinnvoll geführtes Leben. So ist man auch in den letzten Minuten dieses Lebens noch ein gutes Beispiel für andere.
Sich zum Besten aller entwickeln
Die häufig fehlende menschliche Reife trotz der guten Ausbildungen heutzutage rührt von der Kultur der Zerstreuung her. Ständig ist man durch Begierden und Sinneseindrücke gefangen und macht tausend unwichtige Dinge. Das führt zu einem abgelenkten Geist, der selten »Qualitätszeiten« erlebt. Jeder genießt unabgelenkte, selbstbestimmte Zeiträume, weswegen es Freizeit und Urlaub gibt, doch der Kobold reist oft mit, und so geht die Suche nach dem Glück in der äußeren Welt weiter, und die wirklich glückbringende innere Ruhe bleibt aus. Selbst auf dem Sterbebett schafft eine Mehrzahl der Menschen es nicht, sich das Wesentliche vor Augen zu halten. Geübte Entschlossenheit und Kraft, erworben über Meditation, sind hier der Schlüssel. Allein die Überwindung der eigenen Schleier von Dummheit, Verwirrung, Anhaftung, Stolz oder Gier und der daraus entstehenden Muster wie Trägheit und Selbstmitleid bringt Entwicklung.
Ein großer, aber gewohnter Feind ist dabei restlos zu besiegen: die Vorstellung, dass es eine mittlere Ebene der Normalität zwischen rosigen Träumen oben und schwarz-grauen Depressionen unten gäbe, auf die Verlass sein könne. Dieser Denkfehler war in sozialistischen Ländern verständlich, in denen vieles für alle auf ein dünnes Maß zugeschnitten wurde und man den Massen wenig Unbeherrschbares und Überschwängliches wünschte. Für ein echtes Verständnis des Lebens und vom Wesen des Geistes ist diese Sichtweise aber ein selbstgebautes Gefängnis. Es gibt diese »mittlere« Ebene nur bedingt, und wer etwas Wirkliches und Dauerhaftes sucht, soll stattdessen früh nach dem Erleber der Dinge schauen und sich für seine Furchtlosigkeit, Wonne und Liebe öffnen. Wer auf dieser Grundlage beständig zum Besten aller arbeitet und dabei alles Gute, was ihm geschieht, mit anderen teilt, wird allmählich feststellen, dass schlechte Tage selten werden. Dass sich viele Täler der »unschönen Geisteszustände« durch Buddhas Übungen schon aufgefüllt haben und ein froher, ungestörter Geisteszustand stets an Gebiet gewinnt, zeigt sich dem Sterbenden dann unmittelbar als zeitlose Weisheit.
Wer in seinem Leben ehrlich, reif und mitfühlend war, politische Korrektheit stilvoll vermied und beständig den Erleber hinter den Erlebnissen suchte, hat beim Sterben die Möglichkeit, mit dem dabei erscheinenden Klaren Licht eins zu werden. Dieser Zustand voller Verwirklichung heißt Erleuchtung.
Je größer das Vertrauen zum Lehrer, in
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