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Von Traeumen entfuehrt (eShort)

Von Traeumen entfuehrt (eShort)

Titel: Von Traeumen entfuehrt (eShort) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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wahrscheinlich weil er dabei zusehen muss, wie zwei blutige Anfänger in seiner Bibliothek mit seinen unbezahlbaren Schätzen herumhantieren.
    Da taucht plötzlich JB in der Tür auf, und Gaspard springt förmlich von seinem Stuhl vor Überraschung. JB geht seelenruhig zu ihm, hebt das Schriftstück auf, das Gaspard fallen gelassen hat, und reicht es ihm, bevor er sich mit ernster Miene an Vincent wendet. »Ich habe mich mit deiner jungen Damenbekanntschaft und ihrer Großmutter unterhalten und bin zu dem Schluss gekommen, dass die ganze Familie vertrauenswürdig ist und ins Vertrauen gezogen werden kann, sofern nötig.«
    Vincent steht auf, geht zu JB und nimmt ihn in die Arme. Es ist eine Umarmung, die von Herzen kommt, aber jeder, der JB kennt, weiß, dass er Umarmungen an sich schon nicht gewöhnt ist. Also klopft er Vincent ein wenig unbeholfen auf den Rücken und sagt: »Schon gut. Ich habe das doch zu unser alle Wohle getan, nicht nur für dich.«
    »Ich weiß«, erwidert Vincent, seine Stimme fast erstickt. »Trotzdem Danke, das bedeutet mir sehr viel.«
    »Selbstverständlich«, sagt JB und befreit sich aus Vincents Umklammerung.
    »Wie geht es ihr?«, fragt Vincent.
    »Sie ist so temperamentvoll wie eh und je«, sagt JB und schaut amüsiert. »Sie hat mir ganz schön die Meinung gegeigt.«
    Gaspard scheint schockiert, aber ich kann mir nicht helfen und muss ganz breit grinsen. Das ist mein Mädchen! , denke ich stolz, und dann korrigiere ich mich sehr schnell. Sie ist nicht mein Mädchen. Sie liebt Vincent. Mich daran erinnern zu müssen, wirkt wie ein Eimer kaltes Wasser, der mir über den Kopf gekippt wird. Ich muss aufhören, an sie zu denken.
    Was nicht ganz einfach ist, weil Vincent unbedingt will, dass ich ihn auf seine allabendliche Pilgerschaft zum Park gegenüber von Kates Zimmerfenster begleite. »Du bist mein bester Freund«, bettelt er. »Ich brauche deine Unterstützung.«
    »Vincent, ich unterstütze dich wirklich, wo immer ich kann. Aber mir ist echt nicht danach, bei diesem Mistwetter draußen im Regen rumzustehen.« Ein Blick in sein ausgemergeltes Gesicht mit den dunklen Augenringen genügt jedoch, schon greife ich nach meiner Jacke. »Also gut, gehen wir.«
    Irgendwie schüttet es nie richtig, wenn es in Paris regnet. Es ist mehr so ein leichter Nieselregen mit gelegentlichen Schauern. Nur heute Abend kommt es eimerweise runter. Deshalb stehen wir diesmal direkt vor dem Apartmenthaus. Vincent starrt zu Kates Fenster hinauf, der starke Regen, der direkt auf sein Gesicht gerichtet ist, scheint ihn nicht weiter zu kümmern. Ich hingegen quetsche mich so weit in den Hauseingang wie eben möglich und werde trotzdem klatschnass.
    »Mein Gott, Jules!« Vincent ist fast nicht zu verstehen, weil der Regen so laut prasselt. »Sie steht am Fenster und schaut in die Ferne, betrachtet den Himmel, das Unwetter.« Und dann ist er schlagartig still, starrt aufmerksam sicher zehn Sekunden lang hinauf und lässt dann langsam den Kopf sinken, bis sich unsere Blicke treffen. »Sie hat mich gesehen«, sagt er.
    »Das ist ja super. Können wir jetzt gehen?«, frage ich und schlinge fest die Arme um mich. Wenn ich nicht gerade dusche oder beim Schwimmen bin, hasse ich es einfach, nass zu werden.
    »Nein, Jules, versteh mal. Sie hat mich gesehen, wirklich gesehen. Ich glaube, sie kommt herunter!«, sagt er.
    »Dann ist das wohl mein Stichwort. Viel Glück, mon ami «, sage ich, springe in den Regen und klopfe ihm auf die Schulter, bevor ich mich auf den Heimweg mache. Aber irgendetwas in mir rebelliert, weshalb ich doch nicht gleich verschwinde, sondern an der Ecke stehenbleibe, um zu schauen, ob sie wirklich kommt.
    Und tatsächlich, mit strahlendem Gesicht rennt sie auf ihn zu, lässt ihren Schirm fallen und schmeißt sich in Vincents Arme. Er hebt sie hoch und drückt sie so fest an sich, dass ich mich frage, wie sie überhaupt noch atmen kann.
    Und dann stelle ich mir plötzlich vor, wie es wohl wäre, an Vincents Stelle, wenn ich ihren warmen Körper gegen meinen drücken könnte, mein Gesicht in ihren Haaren versenken … Ein heftiger Gefühlsstoß durchzuckt mich und lässt mich einen Schritt zurücktaumeln. Ich muss nur einen Blick auf ihr Glück werfen und schon zerreißt es mir das Herz. Woher kommt dieses Wechselbad der Gefühle? Ich liebe Vincent wie einen Bruder. Die Trennung von dem Mädchen, das er liebt, hat ihn krank gemacht, richtig körperlich krank. Warum tut es mir dann so weh, dass sie

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