Von Traeumen entfuehrt (eShort)
teuflischeren Plan umzusetzen. Er benutzt Kates Schwester, um sich Zugang zu La Maison zu verschaffen, und lässt sich von den beiden Mädchen in Vincents Zimmer bringen, wo dessen Körper ruht – sein Geist hat uns ja in die Katakomben begleitet.
Das Einzige, womit Lucien nicht gerechnet hat, ist Kate. Sie überwindet ihre Angst davor, gegen ihn zu kämpfen und überlässt Vincent ihren Körper, damit sie mit vereinten Kräften und vereintem Können den Numaboss ausschalten. Als Ambrose und ich vor Ort eintreffen, ist Lucien bereits geköpft und kurz davor, an die Flammen in Vincents Kamin übergeben zu werden.
Jetzt ist Kate endgültig bei uns in La Maison angekommen. Sie hat es nicht nur geschafft, JBs Vertrauen zu gewinnen, sondern sogar seine Zuneigung. Somit wird das Wirklichkeit, was ich am meisten gehofft und gefürchtet habe. Meine Angst davor, dass Kate in die Fänge der Numa gerät, wird von der Angst abgelöst, was wohl mit mir passiert, wenn ich Kate so gut wie jeden Tag begegnen werde.
Kapitel 12
» S ie ist ein Naturtalent«, sagt Gaspard zu mir, während wir Kate dabei beobachten, wie sie durch die Flügeltür in den Ballsaal schwebt. Sie trägt ein bodenlanges zinnfarbenes Kleid, in dem sie aussieht wie eine Prinzessin aus JBs Zeit. Und, meine Güte, das achtzehnte Jahrhundert steht ihr verdammt gut.
»Ein Naturtalent?«, frage ich zurück, ohne meine Augen von ihr lösen zu können.
»Ja, beim Kämpfen«, antwortet er. »Sie hat doch erst vor ein paar Wochen das Training bei mir aufgenommen und trotzdem beherrscht sie schon sämtliche Grundtechniken. Einen neuen Zug muss ich ihr nur zweimal vormachen, schon meistert sie ihn. Das Kämpfen und der dafür nötige Rhythmus liegt ihr einfach im Blut.«
»Das überrascht mich nicht im geringsten«, sage ich und mache mich auf den Weg zu ihr, einmal quer durch den Ballsaal, von ihr angelockt wie eine Biene von einer Blume in voller Blüte. Ambrose spielt Louis Armstrong, woraufhin die Gäste pärchenweise in die Mitte strömen, um diese durchaus tanzbare Musik auch entsprechend zu nutzen.
Kate ist so gebannt, dass sie gar nicht bemerkt, wie ich mich nähere. Ich bin zwar schon seit Jahren regelmäßiger Gast bei Jean-Baptistes Bällen, finde sie aber immer noch atemberaubend. Dieses Jahr hat er alles in Silber und Weiß geschmückt. Der gesamte Saal wird nur von Kerzen erhellt – wuchtige Kerzenleuchter stehen auf den Tischen und die Kristalle des Kronleuchters funkeln wie Diamanten.
Ich stehe direkt hinter Kate, so dass sie mich nicht bemerkt, und ihre Nähe beschleunigt meinen Herzschlag ins Unermessliche. »Ist auf deiner Tanzkarte noch Platz für mich?«, murmle ich ihr ins Ohr.
Sie zuckt vor Schreck zusammen, aber als sie mich erkennt, grinst sie breit. »Überleg noch mal, in welchem Jahrhundert wir leben, Jules. Es gibt keine Tanzkarten mehr.«
Ich verstehe das als Aufforderung, also führe ich sie auf die Tanzfläche. Dort, wo der Schein der Kerzen am schönsten ist, ziehe ich sie ganz dicht zu mir und erlaube mir absolut ehrlich zu sein. Ich halte nichts zurück, weil ich weiß, dass sie mich sowieso nicht ernst nimmt. »Kate, meine Liebe, der Kerzenschein steht dir wunderbar.« Sie wird rot, und ich genieße diesen kleinen Triumph, fahre ihr mit der Fingerspitze über die Wange. Ihre Haut ist weich wie Rosenblätter. Diese unerlaubte Berührung sendet mir Schockwellen durch die Glieder. Sie schaut mich an, fragend, worauf ich übertrieben zwinkere und sie damit zum Lachen bringe.
Ich nehme ihre rechte Hand, lege ihr meine rechte auf den Rücken und presse sie damit so nah an mich, bis wir uns berühren. Ich fühle mich lebendiger denn je – mein gewöhnliches Ich mal zehn. Mit Kate in den Armen fühle ich mich wie ein besseres Wesen. Zu allem fähig.
Ich spüre ihren Atem an meinem Hals, so nah ist sie. Unwillkürlich schließe ich die Augen und streife mit den Lippen ihren Kopf. Ihr Haar riecht nach Kokosnuss, plötzlich mein liebster Duft. Ich drücke sie, woraufhin sie lacht und mich ansieht. »Jules, du unverbesserlicher Wüstling«, tadelt sie mich und schenkt mir dann ein so bezauberndes Lächeln, dass ich das Gefühl habe, wir sind schwerelos. Schweben ein paar Zentimeter über dem Boden. Für immer. Ich wünsche mir, dass das Lied niemals endet.
Ich weiß, wie sinnlos das alles ist, aber ich mache absichtlich weiter – um mich zu bestrafen. Ich verdiene den Schmerz, den die Nähe zu ihr verursacht. Ich will sie jeden Tag
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