Von wegen Liebe (German Edition)
es nicht ertragen, auch nur einen einzigen Quadratmillimeter Luft zwischen uns zu haben.
Mein Kopf schaltete sich komplett aus und ich bestand nur noch aus Körper. Nichts existierte mehr außer unseren sich bekriegenden Lippen. Es war die pure Glückseligkeit! Es tat so gut, nicht zu denken!
An nichts! Nichts … bis er es versaute.
Bis seine Hand plötzlich auf meinem Busen lag.
Mit einem Ruck kehrte ich in die Gegenwart zurück und wusste wieder, wen ich da eigentlich küsste. Ich stemmte die Fäuste gegen seine Brust und stieß ihn, so fest ich konnte, von mir. Heiße Wut stieg in mir hoch und verdrängte die bange Unruhe, die ich noch vor einer Minute empfunden hatte. Noch sichtlich benommen sah Wesley mich an und ließ die Hände sinken, eine davon landete auf meinem Knie. Er wirkte überrascht – aber definitiv angenehm überrascht.
»Wow, Duffy, das war …«
Und dann knallte ich ihm eine. Ich knallte ihm eine, dass meine Handfläche davon brannte.
Die Hand auf meinem Knie zuckte zu seiner Wange. »Was zum Teufel …?«, begann er verwirrt.
»Arschloch!«, schrie ich, sprang von meinem Hocker und stürmte auf die Tanzfläche. Und auch wenn ich es vor mir selbst kaum zugeben konnte – ich war noch viel wütender auf mich als auf ihn.
VIER
In Caseys riesigem Bett war es unglaublich warm und gemütlich. Ich hatte das Gefühl, in dem Berg von Kissen und der kuschelweichen Matratze versinken zu können und für immer dort zu leben … nur: ich konnte nicht schlafen. Ich warf mich von einer Seite auf die andere und bemühte mich, Casey dabei nicht zu wecken. Ich zählte Schäfchen. Ich versuchte es mit einer von diesen Übungen, bei denen man vom großen Zeh ausgehend langsam jeden einzelnen Körperteil entspannt. Ich stellte mir sogar vor, im Politikkurs von Mr Chaucer zu sitzen und einem seiner sterbenslangweiligen Vorträge zuzuhören.
Ich war immer noch hellwach.
Meine Gedanken drehten sich im Kreis, aber dieses Mal hatte es nichts mit Dad zu tun. Das hatte ich mir von der Seele reden können, nachdem Casey und ich Jess zu Hause abgesetzt hatten.
»Ich mache mir Sorgen um Dad«, hatte ich Casey erzählt. Ich hatte damit gewartet, bis wir allein waren, weil ich wusste, dass Jess es nicht verstanden hätte. Sie kam aus einer intakten und glücklichen Familie. Casey dagegen hatte miterlebt, wie die Ehe ihrer Eltern scheiterte. »Er kapiert es einfach nicht. Dabei ist es doch total offensichtlich, dass es nicht funktioniert. Warum bringen sie es dann nicht endlich hinter sich und lassen sich scheiden, verdammt noch mal?«
»Hör auf, so zu reden, B«, gab sie ernst zurück. »So etwas solltest du noch nicht einmal denken.«
Ich zuckte die Achseln.
»Die beiden kriegen das schon wieder hin, ganz bestimmt.« Sie griff nach meiner Hand und drückte sie, während wir zu ihr nach Hause fuhren. Es hatte noch nicht angefangen zu schneien, aber über den ansonsten sternenklaren Nachthimmel fegten dunkle Wolken. »Wenn sie nach Hause kommt, reden sie erst mal über alles, und dann haben sie Versöhnungssex …«
»Casey! Igitt!«
»… und alles wird wieder gut.« Sie hielt kurz inne, als ich in ihre Auffahrt bog. »Und in der Zwischenzeit bin ich für dich da. Wenn du das Bedürfnis hast zu reden – jederzeit, B, das weißt du.«
»Ja.«
So oder so ähnlich endete seit zwölf Jahren jeder Versuch Caseys, mich aufzurichten, wenn ein Problem in meinem Leben auftauchte. Nur dass es an diesem Abend nicht wirklich nötig gewesen wäre, denn ehrlich gesagt hatte ich kaum noch an Dad gedacht, seit wir das Nest verlassen hatten. Den Stress hatte ich abgebaut, als ich Wesley küsste.
Und genau das raubte mir jetzt den Schlaf. Ich konnte nicht aufhören, darüber nachzudenken, was ich getan hatte. Meine Haut brannte. Meine Lippen fühlten sich fremd an. Und ich hatte immer noch den Geschmack dieses widerlichen Weiberhelden im Mund, obwohl ich mir in Caseys Badezimmer eine gefühlte Ewigkeit (nach einer halben Stunde hatte sie an die Tür geklopft und gefragt, ob alles okay sei) die Zähne geputzt hatte. Bah. Aber das Schlimmste war, ich wusste genau, dass ich mir die Sache selbst eingebrockt hatte.
Ich hatte ihn geküsst. Ja, er hatte den Kuss erwidert und mich angegrapscht, aber was hatte ich erwartet? Wesley Rush war nicht gerade dafür bekannt, ein Gentleman zu sein. Egal was für ein mieser Scheißkerl er war, dass es überhaupt zu der Situation gekommen war, war allein meine Schuld. Und dieses Wissen
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