Von wegen Liebe (German Edition)
ins Haus, zog meine Jacke aus und schaute zu Dad rüber, der mit einer Tasse Kaffee auf der Couch saß und im Hamilton Journal blätterte.
Er blickte von der Zeitung auf, als er mich hereinkommen hörte. »Hey, Hummelchen«, sagte er und stellte die Tasse auf dem Couchtisch ab. »Hattest du einen netten Abend mit Casey und Jess?«
»Ja«, sagte ich. »Und wie war’s bei der Arbeit?«
»Stressig«, seufzte er. »Hast du eine Ahnung, wie viele Leute zu Weihnachten einen Laptop bekommen haben? Mit Sicherheit nicht, also reicht es, wenn ich dir sage, dass es eine Menge waren. Und weißt du, wie viele von diesen Laptops nicht richtig funktionieren?«
»Eine Menge?«, riet ich.
»Bingo.« Dad schüttelte den Kopf und faltete die Zeitung zusammen. »Wenn man nicht genügend Geld hat, um sich einen guten Laptop zu kaufen, sollte man so lange sparen, bis man sich einen leisten kann. Lass dir das gesagt sein, Hummelchen. Sozusagen als guter Rat fürs Leben.«
»Ist notiert, Dad.«
Plötzlich fragte ich mich, was gestern Abend eigentlich mit mir los gewesen war. Warum ich mir wegen offensichtlich nichts so einen Kopf gemacht hatte. Natürlich steckten er und Mom in einer Krise, aber das war bestimmt nur vorübergehend, genau wie Casey gesagt hatte. Er war nicht depressiv oder traurig und weit davon entfernt, wieder mit dem Trinken anzufangen.
Trotzdem machte es ihm offensichtlich zu schaffen, dass Mom dieses Mal so lange fort war. Wahrscheinlich fühlte er sich in letzter Zeit ziemlich allein gelassen, was zum Teil auch meine Schuld war, weshalb ich beschloss, etwas daran zu ändern.
»Hast du Lust, ein bisschen fernzuschauen?«, fragte ich. »Ich habe für morgen nicht viele Hausaufgaben auf und kann sie auch später noch machen.«
»Klingt gut.« Dad nahm die Fernbedienung vom Tisch. »Gerade läuft eine Wiederholung von Perry Mason .«
Ich verzog das Gesicht. »Wenn sonst nichts kommt …«
»Ein Scherz, Hummelchen.« Er lachte und zappte durch die Programme. »Das würde ich dir niemals antun. Mal sehen, was sonst noch so … ah, schau mal. Auf TV Land läuft die komplette erste Staffel von Familienbande . Du hast die Serie geliebt, als du noch klein warst, und dir jede Wiederholung mit mir angeschaut. Da musst du so ungefähr vier gewesen sein.«
»Ja, das weiß ich noch.« Ich setzte mich neben ihn auf die Couch. »Und ich wollte zu den Jungen Republikanern, weil ich Michael J. Fox damals so süß fand.«
Dad prustete und schob seine Hornbrille auf der Nase höher. »Dazu ist es nicht gekommen. Mein Hummelchen ist jetzt eine Anhängerin der Liberalen.« Er legte mir einen Arm um die Schulter und drückte mich kurz an sich. Und da wusste ich, dass es genau das war, was er brauchte. Was wir vielleicht beide brauchten. Ein bisschen gemeinsame Zeit, damit sich das Haus nicht mehr so leer anfühlte. Ich liebte zwar die Stille, aber zu viel davon konnte einen auch in den Wahnsinn treiben. »Was meinst du? Sollen wir uns ein paar Folgen anschauen?«
Ich lächelte. »Unbedingt, Dad.«
Etwa bei der Hälfte der ersten Folge hatte ich plötzlich eine Art Aha-Erlebnis. Wenn ich schon als Kind total für Alex P. Keaton (Michael J. Fox’ Rolle als überzeugter Republikaner in Familienbande ) geschwärmt hatte und zwölf Jahre später tiefe Zuneigung für Toby Tucker, Mitglied der Jungen Demokraten, empfand – hatte ich dann vielleicht eine angeborene Schwäche für Politiker? Möglicherweise war es mir bestimmt, die Frau eines Senators … oder gar die First Lady zu werden?
Höchst unwahrscheinlich. Politiker heirateten keine DUFF s. Sie sahen einfach nicht gut genug aus auf Staatsempfängen. Außerdem war ich sowieso nicht der Typ fürs Heiraten. In mir steckte eher eine zukünftige Monica Lewinsky. Allerdings würde ich dafür sorgen, dass alle, äh, belastenden Kleidungsstücke verbrannt werden würden.
Hey, Obama war ziemlich sexy für sein Alter. Vielleicht hätte ich ja Chancen.
Ich biss mir auf die Unterlippe, als Dad über einen Witz in der Sitcom lachte. Wie kam es, dass ich sogar bei Familienbande an dieses Wort dachte?
DUFF .
Wesley und sein verfluchtes Schubladendenken ließen mir einfach keine Ruhe. Das Wort verspottete mich schon in meinen eigenen vier Wänden. Ich rutschte näher an Dad heran und versuchte, mich auf die Serie zu konzentrieren. Auf die Zeit, die wir gerade gemeinsam verbrachten. Auf alles außer Wesley und den dämlichen Stempel, den er mir aufgedrückt hatte. Ich versuchte, diesen
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