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Von wegen Liebe (German Edition)

Von wegen Liebe (German Edition)

Titel: Von wegen Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kody Keplinger
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waren wir einfach.
    Aber an diesem Tag redeten wir.
    Über seine Arbeit.
    Über meine Noten.
    Über Mom.
    »Sie kommt wirklich nicht zurück, oder?« Dad legte seine Brille ab und fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht. Wir saßen auf der Couch. Ausnahmsweise war der Fernseher aus. Unsere Stimmen waren die einzigen im Raum. Wenn wir schwiegen, war es still, und das war irgendwie gut, aber auch ein bisschen unheimlich.
    »Nein, Daddy«, sagte ich und drückte seine Hand. »Sie kommt nicht zurück. Das hier ist einfach nicht mehr der richtige Ort für sie.«
    Er nickte. »Ich weiß. Ich habe schon lange gewusst, dass sie nicht mehr glücklich ist. Vielleicht noch bevor es ihr selbst klar wurde … Ich hatte nur gehofft, dass …«
    »Dass es vorbeigeht und ihr euch wieder zusammenrauft?«, sagte ich. »Ich glaube, dass wollte sie. Deswegen ist sie immer wieder zurückgekommen. Sie wollte sich der Wahrheit nicht stellen und schaffte es lange nicht, sich einzugestehen, dass sie …« Ich hielt kurz inne, bevor ich die nächsten Worte aussprach. »Dass sie sich scheiden lassen wollte.«
    Sich scheiden zu lassen hatte so etwas Endgültiges. Ein Streit ging vorüber, genau wie die langen Phasen des Getrenntseins, wenn sie im Land herumgereist war und ihre Seminare abgehalten hatte. Sich scheiden zu lassen bedeutete, dass ihre Ehe – ihr gemeinsames Leben – wirklich zu Ende war.
    »Tja«, seufzte er und erwiderte den Druck meiner Hand. »Wir sind wohl beide davongelaufen, nur in entgegengesetzte Richtungen.«
    »Wie meinst du das?«
    Dad schüttelte den Kopf. »Deine Mutter hat sich in den Mustang gesetzt. Ich hab zur Whiskeyflasche gegriffen.« Er setzte seine Brille wieder auf. »Ich war wegen deiner Mutter so am Boden zerstört, dass ich verdrängt habe, was für ein Monster der Alkohol aus mir macht. Ich konnte das Positive nicht mehr sehen.«
    »Wie soll man an einer Scheidung auch irgendetwas Positives sehen, Dad?«, sagte ich. »Alles in allem ist es eine ziemlich beschissene Angelegenheit.«
    Er nickte. »Stimmt. Aber es gibt trotzdem noch eine Menge guter Dinge in meinem Leben. Ich habe einen Job, den ich mag, ein hübsches Haus in einer netten Gegend und das Wichtigste – ich habe eine wunderbare Tochter.«
    Ich verdrehte die Augen. »Werd jetzt bloß nicht sentimental, Dad.«
    »Schon gut.« Er lächelte. »Dennoch würden einige Leute sonst etwas dafür geben, wenn sie mein Leben hätten, und was habe ich gemacht? Ich habe das alles – auch dich – als selbstverständlich genommen. Du glaubst nicht, wie sehr mir das leidtut, Hummelchen.«
    Ich hätte am liebsten den Blick abgewandt, als ich in seinen Augen Tränen glitzern sah, aber ich zwang mich, ihn weiter anzusehen. Ich hatte zu lange die Augen vor der Wahrheit verschlossen.
    Er entschuldigte sich noch mehrmals für alles, was in den letzten Wochen und vor allem gestern passiert war, und versprach hoch und heilig, wieder zu den wöchentlichen Treffen der Anonymen Alkoholiker zu gehen, seinen früheren Mentor zu kontaktieren und trocken zu werden. Und dann schütteten wir gemeinsam die Whiskey- und Bierflaschen, die noch im Haus waren, in den Ausguss.
    Gegen Mitternacht begleitete ich ihn bei seinem abendlichen Rundgang und löschte mit ihm die Lichter im Haus.
    »Hummelchen«, sagte er, als er das Küchenlicht ausgeknipst hatte. »Ich möchte, dass du dich bei deinem Freund bedankst, wenn du ihn das nächste Mal siehst.«
    »Meinem Freund?«
    »Der Junge, der gestern Abend hier war. Wie hieß er noch gleich?«
    »Wesley«, murmelte ich.
    »Genau«, sagte Dad. »Was er getan hat, war ziemlich mutig, und ich hatte auch nichts anderes verdient. Ich weiß nicht, was das zwischen euch ist, aber ich bin froh, dass du einen Freund hast, der für dich einsteht. Also richte ihm bitte aus, dass ich mich dafür bei ihm bedanke.«
    »Ist gut, Dad.« Ich begann, die Treppe zu meinem Zimmer hochzugehen, und betete, dass ich noch eine ganze Weile darum herumkommen würde.
    »Ach, Bianca?«
    Ich drehte mich zu ihm um und sah, wie er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das Kinn rieb.
    »Aber sag ihm bitte auch, dass er es beim nächsten Mal gern zuerst mit scharf formulierten Worten versuchen darf. Der Junge hat eine mörderische Rechte.«
    Ich musste lächeln. »Es wird kein nächstes Mal geben«, sagte ich und nahm die letzten Stufen zu meinem Zimmer.
    Meine Eltern hatten endlich aufgehört, sich etwas vorzumachen, und stellten sich den Tatsachen. Jetzt war ich an

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