Von Zweibeinern und Vierbeinern
ans Steuer setzte.
»Steig du auch ein, James!« rief Siegfried mir zu. Ich öffnete die hintere Tür und setzte mich hinter Mr. Hammond in das verstaubte Innere.
Siegfried fuhr mit einem heftigen Ruck los. Das alte Vehikel dröhnte und krächzte. Obwohl Mr. Hammond äußerlich ruhig blieb, sah ich, wie die Rückseite seines Kragens sich ein paar Zentimeter hochschob, als wir auf Trengate zuschossen.
Der Kragen senkte sich ein wenig, als Siegfried bei der Kirche langsamer fuhr, um nach links abzubiegen, schob sich aber rasch wieder höher, als wir mit hoher Geschwindigkeit ein paar scharfe, enge Kurven nahmen.
Als wir die lange gerade Strecke erreichten, schien Mr. Hammond ein bißchen zu entspannen, aber als Siegfried den Fuß aufs Gaspedal drückte und die Vögel schreiend von den herunterhängenden Zweigen aufflogen, während er unter ihnen hindurchbrauste, schob sich der Kragen wieder höher.
Als wir das Ende der geraden Strecke erreicht hatten, blieb Siegfried fast stehen, ehe wir nach links einbogen.
»Ich denke, wir testen jetzt einmal die Bremsen, Mr. Hammond«, sagte er fröhlich und zog den Wagen plötzlich schleudernd auf die Straße nach Trengate. Das Dröhnen des alten Motors verstärkte sich zu einem Heulen, und als die Straße mit erschreckender Schnelligkeit näherkam, zuckte Mr. Hammond sichtlich zusammen.
Als Siegfried auf die Bremse trat, brach der Wagen heftig nach rechts aus – wir wurden quer nach Trengate hineinkatapultiert. Mr. Hammond stieß mit dem Kopf gegen das Dach. Als wir endlich anhielten, glitt er langsam wieder in seinen Sitz zurück. Er hatte während der ganzen Fahrt kein Wort gesagt und sich nichts anmerken lassen.
An der Eingangstür zur Praxis stiegen wir aus. Mein Kollege rieb sich zweifelnd das Kinn. »Er bricht beim Bremsen ein bißchen nach rechts aus, Mr. Hammond. Ich glaube, das müßten wir in Ordnung bringen. Oder haben Sie vielleicht einen anderen alten Wagen greifbar?«
Mr. Hammond brauchte eine Weile, bis er sich gefaßt hatte. Seine Brille saß schief, und er war sehr blaß. »Ja... ja...« antwortete er schließlich mit dünner Stimme. »Ich habe noch einen anderen kleinen Wagen da. Vielleicht gefällt der Ihnen.«
»Großartig!« Siegfried rieb sich die Hände. »Vielleicht bringen Sie ihn uns nach dem Essen vorbei, dann können wir eine Runde fahren und ihn ausprobieren.«
Mr. Hammonds Augen weiteten sich, und er schluckte ein paarmal. »In Ordnung, Mr. Farnon. Allerdings habe ich heute nachmittag leider keine Zeit. Aber ich schicke Ihnen einen von meinen Männern.«
Wir verabschiedeten uns von ihm und gingen ins Haus zurück. Als wir durch den Flur wanderten, legte mein Partner mir den Arm um die Schulter. »Siehst du, James, wieder ein Schritt, um die Praxis effizienter zu machen. Ich muß sagen –« er lächelte und pfiff ein paar Töne vor sich hin – »mir machen diese kleinen Zwischenspiele direkt Spaß.«
Plötzlich war mir ganz warm ums Herz, so vieles hatte sich verändert, aber die Dales und Siegfried waren die gleichen geblieben.
Kapitel 4
»Hallo! Hallo!« brüllte ich.
»Hallo! Hallo!« piepste Jimmy hinter mir.
Ich drehte mich um und sah meinen Sohn an. Er war inzwischen vier Jahre alt und begleitete mich seit über einem Jahr bei meinen Besuchen. So kam es, daß er sich auf den Gehöften wie zu Hause fühlte und sich für einen erfahrenen Fachmann in allen landwirtschaftlichen Dingen hielt.
Das »Hallo!«-Rufen war eine Angewohnheit von mir. Wenn man als Tierarzt auf einen Hof kam, war es oft sehr schwierig, den Bauern zu finden. Manchmal war er nur ein kleines Pünktchen auf einem Trecker, der eine halbe Meile entfernt auf einem Feld hin und her fuhr, und nur selten war er im Haus. Ich hoffte immer, ihn irgendwo zwischen den Hofgebäuden zu finden, und rief deshalb mit lauter Stimme, um ihn aufzustöbern.
Bei einigen Gehöften in unserem Praxisbereich war es anders – dort fand man aus unerfindlichen Gründen überhaupt keine Menschenseele: die Haustüren waren verschlossen, man durchstöberte Scheunen, Kuhställe und Schafpferche, und die lauten Rufe hallten von den teilnahmslosen Wänden wider. Siegfried und ich nannten die Besitzer solcher Höfe die »Unauffindbaren« und stöhnten oft über die verlorene Zeit.
Jimmy hatte das Problem früh begriffen, und es bestand kein Zweifel daran, daß er die Gelegenheit, seine Lungen ein bißchen zu trainieren, genoß. Ich beobachtete ihn, wie er gewichtig über das
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