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Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht

Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht

Titel: Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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Dienststelle zurückzukehren, sondern strebte zum Picadilly Circus oder zum Leicester Square – oder eben geradewegs auf Chinatown zu. Holmes wies den Kutscher an, der hohen Greisengestalt zu folgen, sich aber in einem gehörigen Abstand zu halten. Diese Anweisung wurde ihm in der Wardour Street zum Verhängnis, denn der Mann war von einem Augenblick auf den anderen wie vom Erdboden verschluckt. Holmes sprang aus der Droschke, entlohne den Kutscher und beschloss, Egon zu Fuß zu verfolgen, stand eine Weile unschlüssig da und sah dann gerade noch in einer Nebengasse den Dienstboten und stürmte ihm hinterher. Es ging über Soho hinaus nach Osten bis in die Great Russell Street, wo Egon vor dem Britischen Museum Halt machte und sich dabei misstrauisch umblickte. Hier war es aufgrund der späten Nachtstunde menschenleer. Holmes versteckte sich hinter einem Baum und lugte durch Astwerk und sah, dass Egon einen Schlüsselbund hervor holte und durch eine Seitentür des Museums trat. Die Tür ging zu, und als Holmes hinter seiner Deckung hervor kam und vor lief und die Klinke vorsichtig herab drückte, fand er die Tür verschlossen. Holmes trat einige Schritte zurück und schaute hoch zu den Fenstern des machtvollen Baus. Keines von ihnen war erleuchtet. Holmes wusste, dass dieser Gebäudetrakt die ägyptische Sammlung beinhaltete. Er zog sich in einen Hauseingang zurück, der dem Museum gegenüber lag, und wo man auf einem Bänklein neben der Eingangstür hinter Säulchen verborgen war. Ein guter Beobachtungsplatz, dessen einziger Nachteil es war, dass man von hier aus nichts sehen konnte außer ein dunkles Gebäude, das kein Lebenszeichen von sich gab.
     
    Holmes saß mit angezogenen Beinen auf der Bank, um sich zu wärmen und überlegte. Er war aber müde, und so mischten sich kleine Träume in seine Gedanken. Einmal fuhr er hoch wie jemand, der gerade geschlafen hat und merkte, dass er benommen vor Müdigkeit war. Und in diesem Augenblick war da auch die Gewissheit, dass er nicht allein war. Und tatsächlich: Wenn er hinüber zum Museum schaute, war da ein Schatten. Eine Kontur, die auch aufgemalt sein konnte. Aber sie war vorhin noch nicht hier gewesen, und es gab auch kein Schild oder ein Bäumchen dort, das einen ähnlichen Schatten im Licht der Gaslaternen hätte werfen können. Holmes wusste nicht, worum es sich bei dem Schatten handelte, noch, welchen Zweck er erfüllte, und er wusste auch nicht, ob er von dem Schatten wahrgenommen worden war oder ob es lohnender wäre, erst einmal abzuwarten. Doch der Schatten beschleunigte augenblicklich seine Gedanken und erzeugte in Holmes die Gewissheit, dass das Museum etwas barg, das zur Lösung des Falls beitragen konnte. Etwas, das eine alte Dame auf einen Kutschbock gesetzt und in die Richtung des Buckingham Palace geschickt hatte, um dort eine Feuersbrunst auszulösen.
    Holmes erhob sich langsam und querte die Straße. Als er näher kam, schien der Schatten größer zu werden, reckte sich an der Wand des Museums hoch und wuchs zu zwei Bögen heran. Als Holmes wenige Meter vor der Erscheinung stand, erinnerten die Bögen an zwei ausgebreitete Schwingen, und dann konnte er tatsächlich jede einzelne Feder als kleinen, wohlgeformten Schatten in dem Gefieder sehen, und als er dort hin schaute, wo die Flügel zusammen liefen, blickte er in die hellen Augen eines Wesens. Im nächsten Augenblick aber lief diese Vision auseinander, und erklärte sich plötzlich als eine Mischung von Baumschatten und der Lichtbrechung von Laternen, die dort auf der Mauer entstand wie den Augen einer riesigen Katze, die da oben in einer Nische saß und Holmes an funkelte, und jetzt, wo er so nahe herangekommen war, davon sprang.
     
     
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    Es war kurz vor Morgengrauen, als Egon wieder erschien. Er öffnete die kleine Pforte, trat heraus, verschloss sie wieder und ging wie einer, der sich auf den Weg zur Arbeit macht, zurück in die Richtung des Buckingham Palace. Holmes machte sich auf den Weg in ein kleines Caf é , um dort zu frühstücken, und las die Morgenzeitung, bis es später geworden war. Dann kehrte er zum Britischen Museum zurück und begehrte dort Sir Brian zu sprechen, dem die ägyptische Abteilung untergeordnet war. Dieser empfing ihn bereitwillig in seinem Büro, ließ ihm eine Tasse Tee bringen und verschwand dann ein halbes Stündchen in eine Sitzung, bis er sich „auf fünf Minuten“, wie er ankündigte, mit Holmes an das kleine Tischchen setzte, das er am Fenster

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