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Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht

Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht

Titel: Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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Und wir werden es erfahren, Holmes, da können Sie sich sicher sein. Wir haben überall unsere Spitzel.“
    „ Könnte es sein, dass die Gräfin opiumsüchtig war?“ fragte Holmes.
    „ Es ist zu früh, diese Frage zu beantworten. Natürlich haben wir sie uns auch gestellt. Wenn es so wäre, müsste sie in einschlägigen Kreisen bekannt sein.“
    „ Vielleicht ist das der richtige Moment, um Ihnen zu sagen, womit mich die Gräfin beauftragt hatte, Maddox. Die Dame ist mittlerweile verstorben, und ich glaube, nicht indiskret zu sein, wenn ich davon spreche. Sie hatte Alpträume und wenn sie nachts erwachte, anhaltende Halluzinationen. Sie kennen das Opium wahrscheinlich von den Kriegen, die die Krone in China deshalb geführt hat, Maddox, doch es handelt sich im Grunde genommen um ein altertümliches Schlafmittel, das schon vor Jahrtausenden im Mittelmeerraum angewandt wurde, weshalb der Schlafmohn ja auch so heißt, Papaver somniferum, also der Schlaf erzeugende Mohn. Wenn man ihn nimmt, versinkt man in traumlosen Schlaf. Doch Opium erzeugt eine Sucht, und wenn man nicht genügend Nachschub hat, kann es passieren, dass man schlaflos wird und dabei halluziniert. Man nennt das einen Entzug, Maddox.“
    „ Sie wollen damit sagen, dass die Gräfin opiumsüchtig war.“
    „ Mit hoher Wahrscheinlichkeit.“
    „ Gut, das ist ein Ansatz.“ Der Inspector schien diese Wendung der Ereignisse nur widerwillig aufzunehmen.
    „ Und es könnte sich deshalb auch schlichtweg um eine unfreiwillige Überdosierung handeln, also um einen Unfall, oder um einen Selbstmord. Denn wenn Sie behaupten, dass der Diener der Gräfin sie ermordet hätte, wie hätte er ihr so große Mengen Opium gegen ihren Willen einflößen können?“
    „ Fürwahr“, sagte Maddox mürrisch. Er saß da am Tisch und rührte immer noch in seiner Tasse Tee, obwohl die Zuckerstücke darin schon lange aufgelöst waren.
    „ Elende Geschichte“, meinte er, „aber es könnte gut so sein, wie Sie es sagen.“
    „ Und der Brandunfall, wie wir ihn erlebt haben, wäre vielleicht ein Versuch des Dieners, die wahren Vorfälle zu verschleiern. Er wollte seine Herrin schützen und war dafür bereit, einen Mordverdacht auf sich zu nehmen.“
    „ Wenn Sie so weiter machen“, sagte Maddox ärgerlich, „machen Sie noch einen Volkshelden aus dem Kerl.“
    „ Nun, ob es so war oder anders, können wir nur herausfinden, wenn wir mit ihm sprechen“, meinte Holmes.
    Es entstand ein kleines Schweigen. Dann drückte Maddox auf einen Knopf, und ein jüngerer Beamter in Uniform erschien.
    „ Holt mir diesen Diener“, sagte er.
     
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    Der Inspector und Holmes waren überein gekommen, dass letzterer die Befragung übernehmen solle. Nachdem Maddox bislang kein Verständnis für den Diener gezeigt hatte, herrschte eine unterdrückte Feindseligkeit zwischen den beiden, die den Häftling verstockt machte. Als erstes ließ ihm Holmes die Fesseln abnehmen, was auf einen Wink von Maddox auch geschah. Während sich der alte Herr die Handgelenke rieb, sagte Holmes, der ihm auf dem Stuhl halb gegenüber saß: „Egon, so heißen Sie doch, oder?“
    Der andere nickte.
    „ Egon, wir wissen, dass Sie mit dem Tod Ihrer Herrin nichts zu tun haben. Sie hat zu viel Opium geschluckt und Sie haben versucht, das mit ein paar Streichhölzern zu verschleiern. Stimmt das?“
    Egon wirkte verwirrt. Dann nickte er.
    Holmes wandte sich an Maddox: „Da sehen Sie, Inspector. So war es. Gut. Damit ist die Sache ja erledigt. Sie werden frei gelassen, Egon“, sagte er und stand auf.
    Maddox lief rot an. „Das ist noch nicht gesagt!“ rief er im Protest.
    „ Sagen Sie es ruhig“, sagte Holmes und verließ den Raum.
     
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    Auf der Straße musste er noch lächeln und ging dabei beschwingt geradeaus, bis die Gedanken wieder klar wurden, und als das der Fall war, war er schon längst damit beschäftigt, durch Soho zu streifen. Es gab mehrere Dutzend chinesische Raucherclubs dort, in denen Opium angeboten wurde, doch der Stadtteil war klein und man konnte sie innerhalb einiger Stunde auch als Einzelner abklappern. Es dauerte zwei Stunden, bis Holmes in der Gerrard Street fündig wurde. Das Wu Chu war eigentlich ein Restaurant mit einem Hinterstübchen, in dem es sich die Gäste auf mehreren Liegen bequem machen und Opium rauchen konnten. Der Eigentümer, ein kleiner, faltiger Chinese, der um die 70 Jahre alt sein mochte, erwartete Holmes mit einem Lächeln, das noch undurchdringlicher wurde,

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