Voodoo Holmes: Botschafter der Nacht
Diener der Gräfin, ein gewisser Ludwig, machte ihnen eine kurze Aufwartung. Es war ein dicklicher, misstrauisch schauender Mensch in alter Livree, der sich missmutig anhörte, was ihm die Gräfin für den nächsten Tag auftrug und dann wieder verschwand. In der Schlafkammer der alten Dame stand wieder (oder noch?) das Fauteuil, in dem sich vor einigen Tagen Dr. Watson für seine Nachtwache niedergelassen hatte. Holmes bestand darauf, dass ein kleiner Tisch hereingebracht wurde, auf dem eine Gaslaterne, zwei Kerzen mit Streichhölzern, ein Stück Kreide, eine Bibel und ein Kranz Knoblauch lag. Gerade letzteres veranlasste die Gräfin zu einem Lächeln. „Sie werden doch nicht den Teufel mit Belzebub austreiben wollen?“ meinte sie.
„ Nein, die christlichen Utensilien sind nur von ungefähr“, deutete Holmes an. „Eines wollte ich Ihnen sagen: Wenn Sie heute Nacht Besuch bekommen, dann zeigen Sie keine Angst und keine Aggression. Begrüßen Sie die Gespenster, sagen Sie etwas Nettes, heißen Sie sie willkommen. Stellen Sie Fragen.“
„ Das ist unmöglich. So gerne ich Ihnen auf diesem Weg folgten wollte, Mr. Holmes“, sagte die alte Dame, „aber das ist nicht möglich. Ich glaube, wenn ich nachgebe, holen sie mich.“
„ Sie haben Todesangst?“
„ Ja. Ich glaube, dass nur mein entschiedenes Auftreten die Geister abweisen kann.“
„ Versuchen Sie es trotzdem. Und jetzt schlafen Sie. Sie werden Ihre Kraft später noch brauchen.“
In der nächsten Stunde, als es in der Schlafkammer immer dunkler wurde, wechselten sie in Folge nur mehr einsilbige Sätze, bis die Gräfin merkte, dass der junge Mann eingeschlafen war. Zumindest gab er keine Antwort mehr und rührte sich auch nicht und atmete sehr gleichmäßig. Davon wurde sie müde, und so, wie sie sich gebettet hatte – auf dem Rücken, leicht aufgerichtet mithilfe von Kissen – schlief sie gegen neun Uhr abends ein.
Als sie erwachte, schien der Mond fahl durch das Fenster. Die Kammer zeichnete sich in Umrissen vor dem Auge ab. Die Gräfin hüstelte, fürchtete, den jungen Mann durch dieses Hüsteln aufzuwecken. Doch Holmes schlief offensichtlich, schnarchte andeutungsweise. Zuerst dachte die Gräfin, dass sie mit dem jungen Mann, der trotz seiner kleinen, mageren Gestalt eine große Ruhe ausstrahlte, in der Kammer alleine war. Doch dann erblickte sie unter dem Fenster eine kauernde Gestalt. War es ein Mensch? Nein, es hatte vier Beine, denn jetzt stand das Wesen auf und streckte sich. Es war eine schwarze Kontur, eher mager, aber doch von einer geballten Fülle, die man wie eine dunkle Energie empfand. Und jetzt, als es die Augen aufschlug, konnte die Gräfin sehen, dass das Wesen in seinem Inneren leuchtete.
Da öffnete es den Mund und sagte: „Wer ist das?“
„ Wen meinen Sie bitte?“ fragte die Gräfin, die innerlich erzitterte und ihre Stimme nicht modulieren konnte.
„ Es war nicht ausgemacht, dass er dazu kommt.“
„ Wir haben nichts miteinander ausgemacht.“
„ Lüg nicht, du Hexe. Du weißt, dass wir es nur allein tun können.“
„ Was tun?“
Da lachte der Hund. Ja, es war wohl einer, oder ein Wolf, der heiser bellend lachte. Und dann verschwand er von selbst, ohne dass sie wie sonst einen Pantoffel nach dem Spuk geworfen hätte.
Die Gräfin hüstelte wieder. Hatte sie sich eine Erkältung eingefangen? Nein, es war so, als würde das Hüsteln etwas hervorrufen, als würde es in ihr hüsteln. Überraschend erhob sich nun von dem Geräusch Voodoo Holmes von seinem Sessel, zündete eine Kerze an und fragte: „Was ist mit Ihnen?“
„ Wie? Haben Sie ihn gesehen?“
„ Wen meinen Sie, Agnes?“
„ Den Hund.“
„ Nein, bedaure. Wo war er?“
„ Dort.“ Sie zeigte an die Stelle, und Holmes erhob sich, um mit der Kerze dort auf den Boden zu leuchten.
„ Was hat er gemacht?“
„ Er hat mit mir gesprochen.“
„ Wirklich?“
„ Er sagte, ich solle nicht lügen. Es wäre etwas, was wir nur allein tun könnten.“
„ Er hat mit Ihnen gesprochen“, stellte Holmes fest.
„ Ich glaube, dass wir ...“, sagte Voodoo gerade, da stieß er einen erschreckten Laut aus. Unmittelbar neben und halb hinter ihm schwebte eine Person. Man konnte es gut sehen, denn das Kerzenlicht warf einen klaren Schein in den Raum. Es handelte sich um eine Frau in einem langen, schwarzen Kleid und langen schwarzen Haaren, die weiter nicht besonders bedeutend gewesen wäre, wenn sie eben nicht geschwebt hätte. Man sah ihr Kleid und
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