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Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle

Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle

Titel: Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berndt Rieger
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den Kopf wendete und von ihr fort glitt, dabei aber nicht den Weg ins Wasser suchte, sondern über die Bohlen strebte, die hier bis zum nächsten Baumstamm über Pfählen zusammengebunden waren. Dann wand sie sich über den umgesunkenen Baumstamm weiter, der diesem folgte, und schob sich durch Dickicht, tauchte durch das Wasser, um am folgenden Ende wieder hoch zu steigen, fast so, als führte sie die große Mutter auf einen Weg. Diese kannte den Sumpf und wusste mit einem Blick, dass sie tatsächlich auf einen Pfad geführt wurde. Sie war hier schon gegangen, wenn sie zum Meer wollte. Doch dann bog die Schlange nach rechts ab, wohin man sich wandte, wenn man in das Gebirge wollte. Trotzdem wusste die große Mutter, wohin die Reise ging, denn sie kannte den Sumpf und das Land wie ihre Westentasche. Sie wusste, dass nach einer Stunde der Sumpf an dieser Stelle in Stein übergehen würde. Als sie dort auf festem Boden angekommen war, verschwand die Schlange, und es dauerte eine Weile, bis die große Mutter das Leuchten der Augen eines Hundes im Zwielicht erblickt hatte. Er schien dort gewartet zu haben. Kaum aber hatte sie ihn wahrgenommen, drehte er sich um und verschwand wieder den Blicken. Sie musste laufen, um ihm nachzukommen. Doch wie schon zuvor kannte sich die große Mutter in der Gegend aus, und sie wusste, wohin der Hund strebte. Es war ein verwildertes Tier, das vielleicht von einem Schiffswrack an Land entkommen war und schon seit Jahren in der Wildnis überlebte. Wie das Hunde so eigen ist, hatte er sich im Laufe der Zeit mit anderen Hunden zusammen getan. Die große Mutter konnte es spüren, dass mal rechts, mal links, mal vorne und zuletzt auch hinten sich andere Hunde zu ihnen gesellten, auf weichen Tatzen und lautlos und auf Abstand bedacht, aber doch präsent für die scharfen Ohren einer Frau, wie es die große Mutter war, die viele Jahre in der Wildnis verbracht hatte. Sie wusste, wohin sie die Hunde bringen würden, aber sie wusste nicht, warum sie es taten. Sie war in dieser Gegend schon länger nicht mehr gewesen, merkte aber jetzt, obwohl es immer stärker zu regnen begonnen hatte, überall die Spuren der Anwesenheit eines anderen Menschen. Die Hunde jagten für diesen Menschen, soviel war klar. Und heute hatten sie diesem Menschen die große Mutter gebracht. Sie gaben ihr das Geleit. Doch was würden sie tun, wenn sie sich dagegen wehrte, wenn sie gar umzukehren drohte? Die große Mutter versuchte es gar nicht erst. Sie war zur Schafherde geworden, musste gehorchen, weil sie diesem anderen Menschen längst gehörte. Warum aber hatte die Schlange ihr den Weg gewiesen? War es Zufall gewesen, dass die Schlange auf ihrer Flucht den Weg beschritt, der zu den Hunden führte? Die große Mutter eilte dahin, getrieben mehr von etwas in ihrem Inneren, was mit dem Traum zu tun hatte, heftig atmend mit dem Mund, in dem durch die ausufernde Zunge so wenig Platz für den Atem geblieben war, nun da durch den Regen der Schleim in der Nase rann, und sie zusehends verstopfte.
     
    Man spürte die Seeluft, trotz des heftigen Regens. Man spürte, dass man hier in die Weite kam. Die Bäume wichen zurück. Da unten in der Bucht, die weit entfernt von allem war, was mit den Menschen zusammenhing, lag ein Schiffswrack. Nein, es war kein Wrack, wie sie bei genauerem Hinsehen feststellte, es war ein Boot. Ein intaktes Boot, das in der Bucht ankerte. Die Bucht wurde hier von der offenen See, die vom Wind durchfurcht wurde und in hohen Wellen ging, geschützt, sodass das Boot nur leicht schaukelte. An schönen Tagen, würde es hier idyllisch sein. Heute aber, gepeitscht vom Regen, war die Bucht unbehaust wie alles, was man hier sonst sah. Die große Mutter war durchnässt und fror und spürte fast so etwas wie Dankbarkeit dafür, dass die Hunde um sie herum nun den Abhang hinab in die Bucht sprangen, fast so, als würden sie dort von einem schützenden Heim und einem trockenen Zimmer am Ofen erwartet. Doch kaum war ihnen die große Mutter nach gelaufen – wofür auch das Schnappen des einen oder anderen Hundes nach ihren vollen Waden verantwortlich war – sah sie sich einmal noch umgeben von einer Meute von Hunden der verschiedensten Rassen, die jaulten und keuchten und sie umsprangen – und dann liefen sie wie auf ein stummes Kommando davon und die große Mutter fand sich im Halbdunkel des Regens am Ufer allein. Erst war sie noch von den leuchtenden Augen der Bestien umgeben gewesen und hatte sich gefürchtet, denn in

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