Voodoo Holmes - Holmes auf Haiti. Novelle

Kopf hin und her.
    „ Die Herrschaften interessieren sich dafür. Freunde von Dr. Watson. Also gut, ich wünsche Ihnen viel Spaß damit“, sagte Sir Brian abschließend, „oder was immer man damit haben kann. Also jedenfalls alles Gute.“
     
    Die Treppe in das zweite Untergeschoss war dunkel, und unten war die Luft schwarz, bevor Craddock mit seiner Gaslaterne in die Gänge vordrang, in denen es modrig roch. Es mochte hier ein Belüftungssystem geben, aber man sah nichts davon und vor allem merkte man nichts davon. Es war feucht und zum Teil tropfte es von der Decke. Die einzelnen Depots waren mit Stahltüren geschlossen, und Craddock hatte einen Schlüsselbund mit großen Schlüsseln, in denen römische Numeralien eingestanzt waren. Eine davon war XXIII.
    „ Also“, sagte er, während er den Schlüssel im Schloss drehte und die Tür aufging. Da kam schon die erste Überraschung. Es war in dem großen Saal, in den man nun kam, nicht dunkel. Es war ein geräumiger Saal mit hoher Decke, aber ohne Fenster. „Woher kommt das Licht?“ fragte Holmes.
    Craddock lachte im meckernden Tonfall der Greise. „Ja, das ist einer der Gründe, warum wir sie die Rätselköpfe nennen“, sagte er, „es muss etwas im Gestein sein, man ist sich nicht sicher was. Die einen sagen, es sind Algen, Leuchtalgen, Sie wissen schon, wie man sie von Sandstränden kennt, wenn man barfuß nachts darauf spazieren geht. Sie müssten das kennen, Madame“, sagte er mit einem Blick auf die Stiefel der großen Mutter. Sie nickte und sagte nichts und starrte nur auf die großen Skulpturen, die in dem Saal standen. Sie hatten jede die Form eines Schädels und waren riesig. Jede davon mochte zwanzig Meter hoch sein, was dem Saal einen grandiosen Aspekt verlieh. Man war hier wie in einer Kirche.
    „ Die anderen sagen, es ist schlicht und einfach Phosphor. Der Lichtbringer, wie ihn die Griechen nannten. Wie Christophorus im anderen Zusammenhang. Phosphorus bringt das Licht und Christophorus den Erlöser. Phosphor leuchtet im Dunkel.“
    „ Und es brennt“, sagte Holmes. „Können die Steine brennen?“
    „ Möglich. Das hat noch niemand ausprobiert. Aber ich warne Sie davor, Mr. äh Holmes, die Rätselköpfe sind Eigentum Ihrer Majestät, also Vorsicht.“
    „ Ich verstehe.“
    „ Ja, gut. Also. Lasse ich Sie hier jetzt ein paar Stunden allein? Ich weiß nicht, ob Sie furchtsam sind.“
    „ Ich bin es, wenn Sie uns hier einsperren“, sagte Holmes.
    „ Davon kann keine Rede sein. Ich sperre vielleicht die Tür ab und gehe weg, aber das ist nur zu Ihrer Sicherheit, Mr. äh Holmes.“
    „ Na dann...“ meinte der im ironischen Tonfall, der aber an Craddock spurlos vorüber ging.
    „ Also dann. Gut. Es ist jetzt 11:47. Was halten Sie davon, wenn ich um 14:05 wiederkomme?“
    „ Warum fünf Minuten nach zwei?“
    „ Ja.“ Craddock schien zu überlegen. „14:03 könnte sich ausgehen“, sagte er, „das Museum öffnet wieder um 14.00 und dann brauche ich noch drei Minuten, bis ich hier herunten bin. Oder vier Minuten.“
    „ Sie gehen jetzt in die Mittagspause“, subsummierte Holmes.
    „ Ja. Wenn nichts weiter für mich hier zu tun ist, Sir? Right.“
     
    Als der Museumsdiener gegangen war, standen die große Mutter und Holmes in der muffigen Stille hundert Meter unter der Erde und schauten einander im phosphoreszierenden Zwielicht der Rätselköpfe etwas ratlos an.
    „ Was denken Sie?“ fragte die große Mutter.
    Sie starrten in die Höhle des offenen Mundes des ersten Kopfes. Die Höhlung war rau und groß genug für Holmes, um hinein zu steigen. Er tat das auch, obwohl sie zuerst einen warnenden Ton ausstieß. Als er dann in der Umhüllung der steinernen Mundhöhle hockte, meinte sie: „Das fühlt sich gut an.“
    „ Was?“
    „ Wenn Sie da drin sind. Ich kann es nicht näher erklären. Mit ihren grauen Kleidern schauen Sie aus wie eine belegte Zunge, Monsieur Holmes.“
    „ Soll ich mich nackig machen?“
    „ Bloß nicht.“
    „ Ich bin ein erotisches Symbol“, sagte Holmes, und sprang aus dem Kopf heraus.
    Sie gingen weiter zum nächsten Kopf, der ähnlich aussah wie der erste und auch einen offenen Mund hatte. „Die Falten um den Mund“, sagte Holmes, „sehen so aus wie bei jemandem, der die Zunge herausstreckt. Finden Sie nicht?“
    „ Ja.“
    „ Und es ist innen rau und flach, als hätte man die Zunge abgebrochen. Ich stimme mit Sir Brian überein. Es sind Zungenzeiger. Aber wem strecken sie die Zunge heraus? Der