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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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leichter, dass Carver jetzt in irgendeinem Raum saß und darauf wartete, dass Vincent Paul hereinkam und das Urteil verkündete. Deshalb war er nicht hergekommen.
    Die Horrorszenen, die er auf den Videobändern gesehen hatte, tanzten ihm wie Derwische durch den Kopf.
    Bevor er die drei Jugendlichen erschossen hatte, von denen Manuela zu Tode gequält worden war, hatte er eine endlose Leere im Magen gespürt, ein Gefühl völliger Sinnlosigkeit zwischen mehreren Lagen der Verzweiflung – als wäre sein ganzes Tun ohnehin vergeblich, als würde alles nur immer schlimmer und schlimmer werden, bis die übelsten Verbrechen von heute am nächsten Tag nur noch als harmlose Spielerei galten. Dann war ihm wieder eingefallen, was er da tat, warum er den Fall übernommen und warum er ihm fast zwei Jahre seines Lebens gewidmet hatte: Manuela hatte ihn angelächelt. Nur ein einziges Mal. Sie waren am Strand gewesen, Sandra, Manuela und er. Er hatte den Sonnenschirm und die Liegestühle aufgestellt. Ein Pärchen, er weiß, sie schwarz, war Händchen haltend vorbeigekommen, und die Frau hatte gesagt, wie süß ihre Tochter sei. Sie war schwanger gewesen. Max hatte Sandra und Manuela angeschaut, die nebeneinander auf einer Liege saßen, und in diesem Moment hatte er sich zum ersten Mal Kinder gewünscht. Vielleicht hatte Manuela seine Gedanken gelesen, denn sie hatte seinen Blick erwidert, hatte ihm direkt in die Augen gesehen und gelächelt.
    An sie, und nur an sie hatte er gedacht, als er ihre Mörder erschoss. Der Letzte von ihnen – Cyrus Newbury – war nicht schweigend aus der Welt gegangen. Er hatte gejammert und geflennt und um sein Leben gebettelt, hatte Gebete und Kirchenlieder rezitiert, die er nur halb auswendig konnte. Max hatte ihn betteln lassen, bis er müde war, bis er die Stimme verloren hatte. Dann hatte er ihn abgeknallt.
    Der Rum hatte eine beruhigende Wirkung. Er erstickte seinen Kummer, ließ ihn von dannen schweben zu einem Ort, an dem für eine Weile nichts mehr wirklich wichtig war. Guter Stoff, süßes Schmerzmittel.
    Zwei Nutten mit glatten, schwarzen Perücken pirschten sich an ihn heran und nahmen ihn mit breitem Lächeln in ihre Mitte. Zwei fast identische Zwillinge. Max schüttelte den Kopf und schaute weg. Eine von beiden flüsterte ihm etwas i ns Ohr. Er verstand es nicht, die Musik war so laut, dass er nur die Zischlaute hören konnte. Als er mit den Schultern zuckte und ein »Ich verstehe kein Wort«-Gesicht zog, lacht e sie und zeigte auf die Tanzfläche. Max schaute in die tanzende Menge – Jeans, Turnschuhe, T-Shirts, Strandhemden, Westen –, aber ihm war nicht klar, was es da zu sehen geben sollte. Dann leuchtete ein Kamerablitz auf. Einige Tänzer drehten sich überrascht um und hielten nach dem Fotografen Ausschau, dann widmeten sie sich wieder ihren Tanzschritten.
    Max schaute sich von seinem Platz aus nach dem Fotografen um, aber er sah ihn nicht. Die beiden Mädchen gingen weg. Er trat auf die Tanzfläche und schob sich durch die Menge zu der Stelle, von der der Blitz gekommen war. Er fragte die Tänzer in der Nähe, ob sie den Fotografen gesehen hätten. Nein, sagten sie, sie hatten, genau wie er, nur den Blitz gesehen.
    Max ging nach drinnen in die Bar, um die beiden Mädchen zu suchen. Sie unterhielten sich mit zwei Marines. Max ging auf sie zu und wollte sie gerade nach dem Blitz fragen, als er auf den zweiten Blick feststellte, dass es nicht die beiden von eben waren. Er murmelte eine Entschuldigung und schaute sich weiter in der Bar um, aber sie waren nicht mehr zu sehen. Er fragte den Barmann, aber der zuckte nur mit den Achseln. Er sah in den Waschräumen nach: niemand. Er ging nach draußen und schaute nach rechts und links, aber die Straße war verlassen.
    Drinnen genehmigte er sich noch ein paar Rum. Er kam mit einem Sergeant Alejandro Diaz aus Miami ins Gespräch. Diaz war überzeugt, dass Max von der CIA sei. Max spielte eine Weile mit, indem er den Verdacht des Sergeanten weder bestätigte noch dementierte. Sie redeten über Miami und wie sehr sie die Stadt vermissten. Diaz eröffnete ihm, dass viele der Läden, von denen Max erzählte – Clubs, Restaurants, Plattenläden, Discos –, längst dichtgemacht hatten. Er empfahl ihm einen neuen Club nur für Mitglieder namens TWLM – Three Writers Losing Money – , dessen Tänzerinnen angeblich allesamt einen Uniabschluss hatten. Er gab Max eine Karte mit dem Namen und dem Logo des Clubs – ein Alligator mit breitem

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