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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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haben.« Er würgte das Wort heraus wie einen Knäuel Haare. »Ich war dagegen, dumm und faul, wie die Leute hier sind, aber mein Junior hier hat darauf bestanden. Also haben wir es versucht. Es war ein totaler Reinfall. Der Mann hat ganze zwei Wochen überdauert. Er wurde in Port-au-Prince in seinem Jeep gefunden. Die Reifen und der Motor fehlten, und noch einiges mehr. Emmanuel saß auf dem Fahrersitz. Sie hatten ihm Penis und Hoden sauber abgeschnitten – genauer gesagt, ganz so sauber war es nicht: Sie hatten eine Schere benutzt.«
    Max spürte, wie sich die Angst in seinem Magen zusammenballte und Richtung Hoden sickerte.
    Beim Sprechen starrte Gustav Allain an. Allain erwiderte seinen Blick, die Fäuste noch immer geballt, aber Max sah jetzt, dass er sie nicht einsetzen würde. Sein Vater hatte das die ganze Zeit gewusst.
    »Michelange war an seinen eigenen Genitalien erstickt«, sagte Gustav. »Der Penis steckte ihm in der Kehle, die Hoden in den Wangen, so …«
    Gustav machte es vor, indem er sich die Zeigefinger in den Mund steckte und die Wangen nach außen drückte. Es sah grotesk aus, aber auch zum Schreien komisch. Dann streckte er seinem Sohn die Zunge raus und ließ sie hin und her zucken. Seine Ähnlichkeit mit einem Monster war jetzt geradezu unheimlich.
    »Na ja, davor muss Chantale ja wohl keine Angst haben«, sagte Max.
    Gustav brüllte los vor Lachen und schlug mit der Hand auf den Tisch.
    » Na endlich !«, johlte er. » Endlich einer mit Mumm !«
    » Du Dreckschwein !«, schrie Allain. Max glaubte, es habe ihm gegolten, aber der Sohn starrte noch immer den Vater an. Dann stürmte er aus dem Zimmer.
    Wieder senkte sich eine unangenehme Stille über den Raum, ein Vakuum im Vakuum. Max schaute auf seinen halb vollen Teller hinab und wünschte sich weit, weit weg.
    Gustav setzte sich und rief die Dienstmädchen. Sie kamen herein und machten um ihn herum sauber, dann räumten sie den Tisch ab.
    Auf dem Weg zurück aus der Küche brachte eines der Dienstmädchen das silberne Zigarettenetui, Feuerzeug und Aschenbecher aus dem Wohnzimmer. Gustav sagte etwas, aber so leise, dass sie sich vorbeugen musste, um ihn zu verstehen. Er legte ihr die Hand auf die Schulter, während er mit ihr sprach.
    Sie verließ den Raum, und Carver nahm eine filterlose Zigarette aus dem Etui und steckte sie an.
    »Vor meinem ersten Schlaganfall habe ich vierzig am Tag geraucht«, sagte Gustav. »Jetzt nur noch die eine – hält die Erinnerung wach. Und Sie?«
    »Ich habe aufgehört.«
    Gustav nickte lächelnd.
    Manche Menschen sind geborene Raucher, und Carver gehörte dazu. Er liebte seine Zigaretten, inhalierte tief und behielt den Rauch lange in den Lungen, um jeden Zug ganz auszukosten, bevor er langsam wieder ausatmete.
    »Tut mir leid, dass Sie das alles miterleben mussten. In allen Familien wird gestritten. Das ist manchmal hart, aber gesund. Haben Sie Familie, Mr. Mingus?«
    »Nein. Meine Mutter ist tot, und ich habe keine Ahnung, wo mein Vater lebt. Wahrscheinlich ist er auch schon tot. Bestimmt habe ich Cousins und Neffen und alles, aber ich kenne sie nicht.«
    »Und die Familie ihrer verstorbenen Frau? Haben Sie Kontakt zu denen?«
    »Gelegentlich«, sagte Max.
    Gustav nickte.
    »Allain war so aufgebracht, weil Emmanuel und er schon von Kindesbeinen an Freunde waren. Ich habe Emmanuel die Schule und das College finanziert. Seine Mutter war Allains Kindermädchen. Er hat sie mehr geliebt als seine eigene Mutter«, sagte Carver. »Wir hier in Haiti haben eine Dienstbotenkultur. Wir nennen unsere Dienstboten Restavecs . Das ist Kreolisch für ›bei jemandem bleiben‹, vom französischen rester , bleiben, und avec , bei oder mit. Sehen Sie, die Dienstboten hier bekommen keinen Lohn. Sie leben bei uns, ›bleiben‹ bei uns. Wir geben ihnen was zum Anziehen und Essen und ein vernünftiges Dach über dem Kopf. Im Gegenzug kochen und putzen sie und machen die Haus- und Gartenarbeit. Das ist feudal, ich weiß.« Lächelnd zeigte Carver seine karamellfarbenen Zähne. »Aber sehen Sie sich um in diesem Land. Achtundneunzig Prozent der Bevölkerung benutzen noch immer zwei Stöcke zum Feuermachen. Habe ich Sie schockiert?«
    »Nein«, sagte Max. »Im Gefängnis war es ganz ähnlich. Eine Nuttenkultur. Da konnte man sehen, wie Menschen für eine Packung Kippen ge- und verkauft wurden. Für einen Kassettenrekorder konnte man sich bis ans Ende seiner Tage einen blasen lassen.«
    Gustav feixte.
    »Ganz so barbarisch ist es

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