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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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Bud oder Cola aus der Flasche. Als Max an ihnen vorbeiging, musterten sie ihn unverhohlen von oben bis unten. In seinem Anzug und den glänzend schwarzen Schuhen fiel er auf, er war viel zu gut angezogen für diesen Raum voller Jeans, Shorts, T-Shirts und Turnschuhen.
    Er ging zur Theke. Es gab keine Hocker, man musste stehen oder sich anlehnen. An der Wand hinter der Theke stand genau eine Flasche: normaler Barbancourt-Rum, ungeöffnet, das gelbe Papiersiegel noch intakt. Bier und Cola kamen aus dem Kühlschrank.
    Der Barmann reagierte überrascht, als Max Rum bestellte. Er holte die Flasche aus dem Regal, öffnete sie und goss etwas mehr als einen Doppelten in einen durchsichtigen Plastikbecher. Er wollte gerade eine Hand voll Eis hineinwerfen, als sich Max an die Warnungen erinnerte, bloß kein Leitungswasser zu trinken, und dankend den Kopf schüttelte. Er zahlte in Dollar. Zwei Dollar, kein Wechselgeld.
    Die Musik kam aus einem Hof zur Linken, durch eine Türöffnung ohne Tür. Ein amüsiert aussehender haitianischer DJ stand hinter einem Tisch mit einem CD-Spieler und jagte irgendein grauenerregendes elektronisches Zeug durch die Lautsprecher, zu dem eine androgyne Stimme mit germanischem Akzent »Love« auf »dove« reimte, während vor ihm ein paar Dutzend Friedenshüter tanzten wie Epileptiker auf einer Eisbahn.
    Max spürte, dass er beobachtet wurde. Er drehte den Kopf und folgte dem Gefühl mit den Augen in eine dunkle Ecke neben der Bar. Dort saßen zwei haitianische Frauen, lächelten ihn an und winkten ihn zu sich. Prostituierte. Auf der ganzen Welt sahen sie gleich aus. Er spürte ein Reißen in den Lenden, ein Ziehen in den Hoden. Es waren schon immer schwarze und braune Frauen gewesen, die ihm gefielen, ihn anzogen, bei denen er stehen blieb und noch einen zweiten Blick riskierte.
    Eine der Nutten kam auf ihn zu, in ihrem zu engen schwarzen Kleid und den hochhackigen silbernen Pumps war sie etwas unsicher auf den Beinen. Er begriff, dass er sie angestarrt hatte, ohne sie zu sehen, während er sich im Geiste seinen Erinnerungen und Fantasien hingegeben hatte. Sie hatten seine Sehnsucht sofort gespürt, seine aufgestaute Lust gerochen. Max sah der Frau in die Augen, und sie blieb wie angewurzelt stehen, ihr Lächeln machte einem Ausdruck der Besorgnis Platz. Er schüttelte den Kopf und schaute weg, zurück zum DJ und zur Tanzfläche.
    Er nahm einen Schluck Rum, der überraschend gut war: süß und mild auf der Zunge, sanft zur Kehle. Statt des ungebremsten Hakens in den Magen, den er erwartet hatte, verschaffte er ihm ein wohliges Gefühl. Der erste Alkohol seit über zehn Jahren. Die Umarmung war warm und freundschaftlich.
    Eine Sucht blieb einem ein Leben lang erhalten. Man konnte bis ans Ende seiner Tage trocken bleiben, aber der Drang, wieder anzufangen, war immer da, wie ein Schatten, der neben einem herläuft und jederzeit bereit ist, einen aufzufangen, sollte man ins Straucheln geraten. Am besten hörte man auf, solange der Rausch einen noch höher brachte als der Kater wieder runter und der Spaß noch größer war als der Schmerz. So konnte man sich die guten Erinnerungen bewahren und musste nichts bereuen, wie bei Leuten, die man im Urlaub kennenlernt und nie wiedersehen wird.
    Max war kein Alkoholiker gewesen, aber nicht mehr weit davon entfernt. Am Ende einer jeden Schicht war er etwas trinken gegangen, egal, wie spät es war. Um sieben oder acht Uhr morgens hatten Joe und er sich die erste offene Bar gesucht und mit Leuten zusammengesessen, die sich auf dem Weg zur Arbeit noch schnell einen genehmigten oder sich nach einer durchzechten Nacht aufs Frühstück vorbereiteten. Immer nur der eine Drink am Morgen – irischer Whiskey, pur, ohne Eis.
    Er hatte viel getrunken, wenn er ausgegangen war, aber nie so viel, dass er die Kontrolle verloren hätte. Es hatte ihm geholfen zu vergessen, dass er Bulle war, hatte ihm die verräterische Aura ramponierter Rechtschaffenheit und den Blick des Außenseiters genommen, die Bullen so an sich haben. Der Alkohol hatte ihn durch schwierige zwischenmenschliche Situationen manövriert, passte wunderbar zum Essen und zu einsamen Nächten. Und er hatte ihm geholfen, Frauen ins Bett zu kriegen. Sehr sogar.
    Bei seinen Lastern hatte Max nie halbe Sachen gemacht. Er hatte eine Schachtel Marlboro pro Tag geraucht, noch mehr, wenn er trank, und noch mehr, wenn er kurz davor war, einen Fall zu knacken. Mit Joe hatte er außerdem reichlich Joints geraucht, bestes

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