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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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lassen Sie ihn los.«
    »Er wollte mich umbringen!«, schrie Max.
    » Lassen Sie ihn los !«, brüllte der Kerl, und mehrere Kinder zuckten zusammen und ließen ihre Steine fallen.
    Max gehorchte.
    Der Mann brüllte irgendetwas auf Kreolisch, und ein gleißend weißer Scheinwerfer ging an. Max schaute weg, hob die Hände vor die Augen. Er sah den Jungen auf dem Boden liegen, sein Anzug war blutverschmiert.
    Jetzt konnte Max alles klar und deutlich sehen. In drei Reihen standen die Kinder um ihn herum. Alle spindeldürr, sie trugen dreckige Fetzen am Körper, viele nur Shorts. Sie hatten sich vom Licht weggedreht und hielten sich die Hände vor die Augen.
    Wieder brüllte der Mann etwas auf Kreolisch.
    Die Jungen ließen ihre Steine fallen. Sie rollten in einem kollektiven Donnern abwärts über die Straße, manche holperten Max über die nackten Füße.
    Max blinzelte ins Licht. Die Stimme kam von oberhalb der Reihe von Scheinwerfern.
    Wieder brüllte die Stimme los, und die Kinder nahmen die Beine in die Hand, eine Horde winziger, zumeist nackter Füße, sie sprinteten die Straße hinab, so schnell sie konnten. Max sah sie über den Marktplatz von Pétionville rennen. Es waren über hundert. Sie hätten ihm locker den Garaus machen können.
    Er hörte das Geräusch eines großen Motors, der angelassen wurde, und sah hinter den Scheinwerfern zwei Abgaswolken aufsteigen. Der Wagen sah aus wie ein Militärjeep. Er hatte ihn nicht kommen hören.
    Der Mann hatte mit stramm englischem Akzent gesprochen – keine Spur Französisch oder Amerikanisch darin.
    Max spürte, wie der Mann auf ihn hinunterschaute, er war mindestens einen Kopf größer als er. Und er spürte seine Präsenz, die mächtig, erdrückend und geradezu magnetisch war und auch einen Palast hätte füllen können.
    Er kam auf Max zu.
    Max schaute hoch, aber er konnte das Gesicht des anderen nicht sehen.
    Der Mann beugte sich vor, packte den Jungen beim Jackett und hob ihn locker vom Boden hoch, als würde er etwas aufheben, das er versehentlich hatte fallen lassen. Max sah nur den nackten Unterarm – dicke Adern und noch dickere Muskeln, größer als Joes Bizeps – und seine Faust, die ungeschlacht und schwer und grob war wie ein Vorschlaghammer. Max hätte schwören können, dass der Mann sechs Finger hatte. Er hatte fünf Knöchel gezählt, nicht vier, als der Kerl das Jackett des Jungen zu einem Tragegriff zusammengeknüllt hatte.
    Der Mann war ein Riese.
    Und, vermutete Max, der Mann war Vincent Paul.
    Die Scheinwerfer erloschen, und das Abblendlicht ging an, das Max genauso blendete. Der Motor heulte auf.
    Max’ Augen gewöhnten sich gerade noch rechtzeitig ans Licht, um zu sehen, wie der Jeep zügig rückwärts die Straße hinunterfuhr. Am Kreisverkehr bog er links ab und fuhr davon. Max versuchte, die Insassen zu erkennen, aber es war niemand zu sehen. Von dort, wo er stand, sah es aus, als wäre der Jeep leer, als würde er von Geistern gefahren.

14
    Nachdem alle verschwunden waren, torkelte Max auf der komplizierten Suche nach seinem Heimweg durch die jetzt verlassenen Straßen. Die Trunkenheit kam und ging in Wellen, Momente der Klarheit wurden von dumpfem Schwindel abgelöst.
    Durch ein Ausschlussverfahren, das darin bestand, zur Bar zurückzugehen und dann alle vier Straßen abzulaufen, die zwischen Bar und Marktplatz nach rechts abzweigten, gelang es ihm schließlich, den Impasse Carver zu finden.
    Es war die Straße, der er am nächsten gewesen war, als er von den Jungen umzingelt wurde.

    Endlich zu Hause, ging Max als Erstes ins Schlafzimmer, holte seine Brieftasche heraus, löste das Holster mit der Waffe und ließ es aufs Bett fallen. Er zog den ehemals beigen, jetzt braunen Anzug aus, der am Rücken, unter den Armen und am Hintern komplett durchgeschwitzt war. Das gute Stück war ruiniert. Die Hose stank. Das linke Bein war bis hoch zum Knie schwarz und steif vor Dreck.
    Es war heiß und schwül im Haus. Er stellte den Ventilator an, um die tote Luft vielleicht in eine kühle Brise zu verwandeln. Ihm zitterten die Hände, Angst und Wut strömten durch seine Adern, sein Herz raste und pumpte ihm Adrenalin durchs Blut. Die Straßenkinder gingen ihm nicht aus dem Kopf. Ein Teil von ihm wollte sofort wieder hinaus und ihre zerlumpten Hintern in den Live-Aid-Hilfspaket-Klamotten in den Voodoo-Himmel befördern, ein anderer Teil wollte nichts lieber, als mit der nächsten Armada der Bootsflüchtlinge weg aus diesem gottverlassenen Land. Und

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