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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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– Koffern durch die Tür. Codada unterbrach sich in seiner Abschiedsrede, um sie zu begrüßen, einen von ihnen umarmte er herzlich.
    Max und Chantale gingen zurück zum Wagen.
    »Und, was denken Sie?«, fragte Chantale.
    »Gustav ist ein großzügiger Mensch«, sagte Max.
    »Wieso?«
    »Er beschäftigt viele Leute, die nichts zu tun haben«, sagte er. Er war versucht, Codada mit in die gleiche Schublade zu stecken, aber er hielt sich zurück. Es war nie ratsam, allein nach dem äußeren Eindruck und dem eigenen Instinkt zu urteilen, auch wenn die ihn noch nie im Stich gelassen hatten.
    »Gustav kennt die Mentalität der Haitianer: Wenn du heute etwas für jemanden tust, gewinnst du einen Freund fürs Leben«, sagte Chantale.
    »Das gilt wahrscheinlich auch in die andere Richtung.«
    »Ja, stimmt. Wir tun alles, um einem Freund zu helfen, und noch viel mehr, um einen Feind ins Grab zu bringen.«

18
    Ihre nächste Station war der Boulevard des Veuves, wo Charlie entführt worden war.
    Sie parkten den Wagen und stiegen aus. Die Hitze überfiel Max wie ein feines Netz glühender Lava und brannte ihm auf der Haut. Sofort brach ihm der Schweiß aus, rann ihm über den Rücken und durchnässte ihm das Hemd. Vor der Bank hatte ein leichter Wind geweht, der direkt vom Meer kam, und die Hitze gemildert. Aber hier war es windstill und knochentrocken, und die Luft flimmerte, sodass er kaum klar sehen konnte.
    Die Gehsteige waren stark erhöht, die gefährlich glatten Steinplatten von jahrzehntelanger Vernachlässigung und zahllosen Füßen spiegelblank geschliffen. Sehr langsam schoben sie sich durch die Menschenmassen – auf dem Gehweg wurde ge- und verkauft und gefeilscht, dazwischen standen die Leute in Gruppen zusammen und plauderten. Max hörte seine Gummisohlen auf den heißen Steinen quietschen. Alle gafften sie an und schauten ihnen nach – besonders Max, dem hier allgemeine Belustigung und Verwunderung entgegenschlugen, nicht das Misstrauen und die Feindseligkeit, die er bei seinen Besuchen in den Ghettos zu Hause kennengelernt hatte. Dennoch hatte er nicht vergessen, was erst wenige Stunden zuvor geschehen war, und mied jeden Blickkontakt. Irgendwann gingen Chantale und er auf der Straße weiter, die nur unwesentlich weniger verstopft war.
    Würde nicht ohnehin schon die ganze Stadt auf dem allerletzten Loch pfeifen, hätte Max dieses hier für ein schlimmes Viertel gehalten. Vor langer Zeit einmal war der Boulevard des Veuves mit kleinen, sechseckigen Steinen gepflastert gewesen. Alle bis auf die allerletzten, die sich noch an die Kante des Gehsteigs klammerten, waren verschwunden. Alle zwei Meter kam ein Gully ohne Deckel, im Grunde nicht mehr als ein offenes quadratisches Loch im Rinnstein, und alle vier oder fünf Meter war die Straße abgesackt, sodass stinkende, fliegenverseuchte Krater entstanden waren. Sie dienten als Müllgruben und öffentliche Toiletten, wo Männer, Frauen und Kinder in aller Öffentlichkeit ihr Geschäft verrichteten, ohne sich im Mindesten vom vorbeifließenden Verkehr stören zu lassen. Es stank nach Scheiße, fauligem Wasser, verdorbenem Obst, Gemüse und Kadavern.
    Überall, in und auf allem, war Staub, der von den Bergen heruntergeweht wurde, die die Hauptstadt umgaben. Früher einmal waren die Berge dicht bewaldet gewesen, aber eine Generation nach der anderen hatte die Bäume gefällt, um sie zu verfeuern oder Häuser und Karren daraus zu bauen. Die Sonne hatte die nackte, einst fruchtbare Erde ausgedörrt, und nun blies der Wind sie den Haitianern ins Gesicht. Er konnte den Staub auf der Zunge schmecken, und er wusste genau: Würde er die Augen schließen und sich auf die Umgebung einlassen, würde er ganz genau wissen, wie es sich anfühlte, in dieser elenden, gottverlassenen Stadt lebendig begraben zu sein.
    Von allen Wänden starrte ihnen Charlies Gesicht entgegen. Die schlichten Schwarzweißposter, die mit einer Belohnung für sachdienliche Hinweise lockten, standen im Wettstreit mit größeren, bunteren Plakaten, die für Konzerte haitianischer Sänger in Miami, Martinique, Guadeloupe oder New York warben.
    Er riss eines von Charlies Postern von der Wand, um es herumzuzeigen. Dabei bemerkte er auf dem linken Rand ein kleines, handgemaltes Symbol in Schwarz: ein Kreuz mit zwei Beinen, in der Mitte leicht gebogen, die Spitze abgerundet, der Querbalken rechts um zwei Drittel kürzer als links. Ihm fiel auf, dass alle Poster das Zeichen trugen.
    Er zeigte es

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