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Voodoo

Voodoo

Titel: Voodoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stone
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viel größer ist, weil er zu den reineren Geistern gehört – manche nennen sie die Ewig Reinen, die das Böse niemals kennenlernen werden. Andere Geister haben Vertrauen zu ihnen. Sie können viele Türen öffnen. Nicht viele Menschen haben einen solchen Geist zum Beschützer. Und diese wenigen sind meist Menschen wie ich, die über die Gegenwart hinausschauen können.«
    »Es ist also möglich, … einen Geist zu stehlen? «
    »Ja, natürlich. Aber es ist nicht einfach, nicht jeder kann es. Es ist etwas sehr Spezielles.«
    »Können Sie es?«
    »Ja.«
    »Haben Sie es schon mal getan?«
    »Man muss das Böse kennen, um Gutes tun zu können. Sie, Max, wissen, was ich meine, besser als viele andere. Was ich tue, hat auch eine böse Seite … es ist die Umkehr meines Handelns, eine Form der Schwarzen Magie, wo Seelen versklavt und gezwungen werden, als Schützer des Bösen zu dienen. Kinder spielen da eine große Rolle. Hier in Haiti sind sie ein begehrtes Gut, eine Währung.«
    Genau in dem Moment, als Chantale diesen letzten Satz übersetzt hatte, kam das Dienstmädchen ins Zimmer.
    »Es ist Zeit«, sagte Dufour.
    Sie verabschiedeten sich. Das Dienstmädchen nahm Chantale bei der Hand, und Chantale nahm Max bei der Hand, und im Gänsemarsch gingen sie aus dem Zimmer. Im Türrahmen drehte sich Max noch einmal um. Er hätte schwören können, die Umrisse nicht einer, sondern zweier Personen an der Stelle zu sehen, wo Dufour gesessen hatte. Aber sicher war er sich nicht.

24
    Sie fuhren zurück zur Bank. Max saß am Steuer, um sich an die desaströsen Straßen von Port-au-Prince zu gewöhnen. Er wollte Chantale absetzen und zum Haus zurückfahren. Ihm dröhnte der Kopf. Er war fertig für heute. Er konnte nicht mehr klar denken. Er hatte keine Gelegenheit gehabt, die Informationen zu verarbeiten, die er im Laufe des Tages aufgenommen hatte, und sein Hirn war kurz vor dem Platzen. Er musste all die Daten sortieren, Nützliches und Unnützes voneinander trennen, nach roten Fäden und Verbindungen suchen, nach vielversprechenden Spuren und nach allem, was nicht ins Bild zu passen schien.
    Seit sie aus Dufours Haus gekommen waren, hatte Chantale kaum ein Wort von sich gegeben.
    »Vielen Dank für Ihre Hilfe heute, Chantale«, sagte Max und sah sie an. Sie war kreidebleich. Ihr Gesicht glänzte unter einer dünnen Schicht Schweiß, der auf ihrer Oberlippe kleine Tropfen bildete. Ihre Hals- und Kiefermuskeln waren angespannt.
    »Alles in Ordnung?«
    »Nein«, krächzte sie. »Halten Sie an.«
    Auf der belebten Straße fuhr Max rechts ran. Chantale sprang aus dem Wagen, lief ein paar Schritte und übergab sich in den Rinnstein, was einem Mann, der nicht weit von ihr an die Hauswand pinkelte, einen schockierten Ausruf des Ekels entlockte.
    Max stützte sie, als sie sich ein zweites Mal übergeben musste.
    Als sie fertig war, lehnte er sie an den Wagen und ermahnte sie, tief durchzuatmen. Er holte die Wasserflasche aus dem Auto, tränkte sein Taschentuch und rieb ihr die Stirn damit ab. Mit dem Notizbuch fächerte er ihr kühle Luft zu.
    »Geht schon wieder«, sagte sie, nachdem die Farbe in ihr Gesicht zurückgekehrt war.
    »Das war zu viel für Sie, wie? Da in dem Haus?«
    »Ich war echt nervös.«
    »Hat man Ihnen nicht angemerkt.«
    »War ich aber, glauben Sie mir.«
    »Sie haben sich sehr gut geschlagen«, sagte Max. »So gut, dass ich Ihnen für morgen frei gebe.«
    »Sie wollen nach Cité Soleil, richtig?«
    »Durchschaut.«
    Sie stiegen wieder in den Wagen, und sie zeichnete ihm eine Karte. Sie gab ihm den Tipp, sich eine Chirurgenmaske und Handschuhe zu besorgen – die es in den beiden größeren Supermärkten zu kaufen gab – und seine Schuhe hinterher wegzuwerfen, sollte er aus dem Wagen steigen und zu Fuß herumlaufen wollen. Der Boden bestehe buchstäblich aus Fäkalien – Fäkalien von Tieren und hauptsächlich von Menschen. Alles, was im Slum lebte und atmete, trage ein ganzes Lexikon an Krankheiten an sich, in sich und mit sich herum.
    »Seien Sie bloß vorsichtig. Nehmen Sie Ihre Waffe mit. Und halten Sie nicht an, wenn es nicht unbedingt sein muss.«
    »Genau das haben die Leute früher über Liberty City gesagt.«
    »Cité Soleil ist kein Scherz, Max. Es ist ein ganz, ganz übler Ort.«
    Er fuhr sie zur Banque Populaire und sah ihr und ihrem Hintern nach, bis sie durch die Eingangstür entschwunden war. Sie drehte sich nicht nach ihm um. Max wusste nicht genau, ob das noch etwas bedeutete.

25
    Vom Haus

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