Vor Agentinnen wird gewarnt
mich nicht." Er streckte die untergeschlagenen Beine auf dem Bett aus und stellte den Laptop beiseite. "In einem Kleiderschrank könnte ich am besten arbeiten."
"Lügner."
"Jeder kreative Mensch hat seine Schrullen. Bei mir ist es der Platz. Je weniger ich habe, desto besser."
Ohne Aufforderung trat sie ein, ging scheinbar ziellos herum, strich mit dem Zeigefinger über die Kommode, als suchte sie Staub, und blickte aus dem Fenster und zum Schrank, dessen Tür einen Spalt offen stand.
Für einen ungeschulten Beobachter musste es so aussehen, als wäre sie nur neugierig. Ki war jedoch überzeugt, dass sie mit geschlossenen Augen jedes Kleidungsstück beschreiben konnte, das im Schrank hing. Und er hätte gewettet, dass sie auf den Penny genau wusste, wie viel Wechselgeld auf der Kommode lag. Verdammt, wahrscheinlich konnte sie wie Superman sogar die Farbe der Unterwäsche sagen, die er trug. Das heißt, sofern er welche getragen hätte.
Sie verschränkte die Hände hinter dem Rücken und lehnte sich gegen die Kommode. "Sie sind Schriftsteller, soviel ich weiß. Was schreiben Sie?"
Es trifft jeden Autor, wenn jemand ihn nicht kennt. Ki bildete keine Ausnahme. "Sie lesen keine Bücher?"
"Ich mag gute Horror-Romane und Psycho-Thriller."
"Ich schreibe True-Crime-Geschichten", erklärte er knapp.
"Geschichten, die sich wirklich zugetragen haben."
"Über wen haben Sie geschrieben?"
"Zum Beispiel die Story der Caroline Matthew." Sie hatte ihren Chef ermordet, weil er ihr eine Gehaltserhöhung verweigerte. Danach hatte sie jeden in ihrem Büro umgebracht, weil sie überzeugt war, es mit einer Verschwörung zu tun zu haben. "Und ich habe über Justin Stanley geschrieben."
"War er nicht der Einsiedler, der in einer Höhle hoch droben in den Rockies lebte? Er entführte von Campingplätzen halbwüchsige Mädchen, damit sie ihm in seiner Höhle Gesellschaft leisteten, bis er sie leid war. Fand die Polizei alle Leichen?"
Er schüttelte den Kopf. "Nicht da oben in den Bergen. Zu viele Verstecke."
"Bevorzugen Sie die sensationellen oder die subtileren Verbrechen?"
Er bewunderte sie, wie sie dastand, ohne einen Muskel zu bewegen.
"Gibt es so etwas wie ein subtiles Verbrechen?"
Bei dem leichten Schulterzucken rutschte der Ausschnitt des Sweaters um ein paar Zentimeter. "Ich habe Gift immer subtil gefunden. Wenn man etwas davon versteht, ist es nur schwer nachzuweisen. Und es gibt viele seltene Gifte ohne Gegenmittel."
Er dachte an das köstliche Frühstück, das er verzehrt hatte. Dann an die zweite Kanne Kaffee, die sie gemacht hatte. Und danach an die zweite Tasse, die er soeben davon getrunken hatte.
"Sie sind gut", stellte er bewundernd fest. "Sehr gut."
"Das muss ich sein", erwiderte sie, ohne eingebildet zu sein.
"Warum?"
Sie blickte aus dem Fenster. "Die Kinder verwandeln sich bald in Eiszapfen", stellte sie fest und ging zur Tür.
Keine normale Frau bewegte sich mit soviel Anmut. Und sie hatte noch etwas an sich, das Ki nicht erklären konnte. "Was gibt es zum Mittagessen?" rief er ihr nach, nur um etwas zu sagen.
"Was immer die Kinder und die Hunde mögen."
"Spielt es keine Rolle, was ich mag?"
"Ich bin überzeugt, dass Sie alles akzeptieren, was Sie nicht selbst kochen müssen!" rief sie zurück.
"Im Moment würde ich Hilfe von dir akzeptieren", sagte er leise und stellte den Laptop auf seinen Schoß, in dem beträchtliche Spannung eingesetzt hatte.
"Bogie, was hast du denn da? Gehört das nicht Cocoa?" erklang Syds Stimme aus der Küche. Winseln beantwortete ihre Frage. "Na schön, aber wenn Cocoa dir die Hölle heiß macht, weil du ihm sein Spielzeug weggenommen hast, werde ich nicht eingreifen. Komm, wir ziehen dir ein Mäntelchen an, damit du nach draußen kannst."
Ki konnte nicht widerstehen, aus dem Fenster zu sehen. Syd trug einen Parka und Boots. Cocoa jagte hinter Jamie her, der seinerseits seine Schwester jagte, die in gespieltem Entsetzen kreischte.
"Die Lungen dieses Kindes werden noch vor Monatsende versagen", stellte er leise fest und lachte auf, als er den braunen Hund neben Syd entdeckte.
Bogie trug etwas, das wie ein schwarzer Trainingsanzug aussah, aus dem sein leicht schiefes Schwänzchen ragte, und tanzte neben seinem Frauchen her. Als er sich umdrehte, entdeckte Ki die rote Schrift auf seiner Brust: "Das Leben ist kurz - beiß zu".
"Ich frage mich, ob sich das auf dich oder dein Frauchen bezieht."
Ki hatte keine Ahnung, wie lang er schon am Fenster gestanden und den drei
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