Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
Vom Netzwerk:
Nielsen gesprochen. Er hat mir erklärt, dass es seine Entscheidung gewesen sei.«
    Ich nickte, sagte dann aber: »Vielleicht hätten Sie zuerst mit mir sprechen sollen.«
    Pollacks Augen verengten sich, aber sie sagte nichts mehr über Boston. »Da ist noch etwas«, erklärte sie schließlich. »Wir hatten Glück. Die meisten von uns waren die ganze Nacht hier. Die Geldüberweisung, die wir zum Wolfsbau gemacht haben«, sagte sie. »Wir haben einen unserer Kontakte in der Finanzwelt benutzt, einen Banker von der Morgan Chase’s International Correspondent Unit. Wir konnten es so einrichten, dass das Geld von den Caymans kam. Danach haben wir buchstäblich jede Transaktion an amerikanische Banken mit Korrespondenzverbindungen überwacht. Laut unseres Beraters, Robert Hatfield, wurde es dann ziemlich knifflig. Die telegrafische Transaktion sauste von Bank zu Bank – New York, dann Boston, Detroit, Toronto, Chicago und noch einige andere Städte. Aber wir wissen jetzt, wo das Geld letztendlich gelandet ist.«
    Â»Wo?«, fragte ich.
    Â»Dallas. Das Geld ging nach Dallas. Und wir haben einen Namen – einen Empfänger für die Summe. Wir hoffen, dass es der Wolf ist. Auf alle Fälle wissen wir jetzt, wo er lebt, Alex. Und Sie fliegen nach Dallas.«

89
    Die frühesten Entführungsfälle, auf die wir gestoßen waren, hatten in Texas stattgefunden. Dutzende von Agenten und Analytikern machten sich ans Werk, sie gründlich zu studieren. Alles bei diesem Fall fand jetzt in viel größerem Maßstab statt. Die Anzahl der Observierungsteams bei den Häusern und Arbeitsplätzen der Verdächtigen war wirklich beeindruckend. Ich bezweifelte, dass sich die Polizei irgendwo im Land – mit Ausnahme vielleicht von New York und Los Angeles – derartigen Aufwand leisten konnte.
    Wie üblich hatte das FBI gründliche Arbeit geleistet und alles, was möglich war, über den Mann herausgefunden, der von uns Geld über die Bank auf den Caymans erhalten hatte. Lawrence Lipton lebte in Old Highland Park, einer wohlhabenden Gegend nördlich des Zentrums von Dallas. Die Straßen schlängelten sich entlang kleiner Bäche unter einem Baldachin aus Magnolien, Eichen und Pekanbäumen. Die Gärten der Häuser waren für teures Geld angelegt worden, und der Hauptverkehr während des Tages bestand aus Lieferanten, Kindermädchen, Reinigungsdiensten und Gärtnern.
    Unsere bisherigen Erkenntnisse über Lipton waren widersprüchlich. Er hatte St. Mark’s besucht, eine angesehene Privatschule in Dallas, später die University of Texas in Austin. Seine Familie und die seiner Frau waren im Ölgeschäft tätig, aber Lawrence hatte seine Aktivitäten erweitert und besaß jetzt eine texanische Winzerei, eine Anlageberatungsgruppe und eine erfolgreiche Computer-Software-Firma. Die Computerverbindung stach mir – und auch Monnie Donnelly – ins Auge.

    Lipton schien allerdings ein absolut unbescholtener Bürger zu sein. Er saß im Aufsichtsrat des Kunstmuseums von Dallas, er war Treuhänder für das Baylor Hospital und Diakon in der First-United-Methodist-Kirche.
    Konnte er der Wolf sein? Mir schien das nicht möglich zu sein.
    An meinem zweiten Morgen in Dalles fand eine Besprechung in der dortigen Dienststelle statt. Senior Agent Nielsen behielt das Kommando, aber allen war klar, dass Ron Burns die maßgeblichen Anweisungen von Washington aus erteilte. Ich glaube, keiner von uns wäre überrascht gewesen, wenn Burns bei dieser Besprechung plötzlich persönlich aufgetaucht wäre.
    Um acht Uhr morgens stand Roger Nielsen vor einem Raum voller Agenten und las von einem Klemmbrett ab. »In Washington war man während der vergangenen Nacht sehr fleißig«, sagte er und schien weder überrascht noch beeindruckt. Offenbar war es ein Standardverfahren bei Fällen, die in den Medien große Aufmerksamkeit erregten. »Ich möchte Sie alle mit den neuesten Erkenntnissen über Lawrence Lipton vertraut machen. Die wichtigste Entwicklung scheint zu sein, dass ihm keinerlei Verbindung zum KGB oder zu russischen Verbrecherorganisationen nachgewiesen werden kann. Er ist kein Russe. Vielleicht kommt später noch etwas heraus, oder er versteht es schlichtweg hervorragend, seine Vergangenheit zu verschleiern. In den fünfziger Jahren zog sein Vater aus Kentucky nach Texas, um sein

Weitere Kostenlose Bücher