Vor aller Augen
Glück âºin der Prärieâ¹ zu machen. Offenbar fand er es unter der Prärie, in den Ãlfeldern im westlichen Texas.« Nielsen hielt inne und warf einen Blick in die Runde. Er musterte jedes Gesicht einzeln. »Es gibt eine interessante Entwicklung«, fuhr er fort. »In seinem Besitz befindet sich in Dallas auch eine Firma, die sich Safe Environs nennt.
Safe Environs ist eine private Sicherheitsfirma. Und Lawrence Lipton hat sich vor kurzem selbst bewaffnete Leibwächter zugelegt. Ich frage mich, weshalb? Macht er sich wegen uns Sorgen oder hat er vor jemand anderem Angst? Vielleicht vorm groÃen bösen Wolf?«
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Wäre es nicht so unglaublich furchteinflöÃend, würde einem der Verstand versagen. Lizzie Connolly weilte immer noch unter den Lebenden. Sie schaffte es, positiv zu denken, indem sie sich woandershin versetzte â irgendwohin, weg von diesem grauenvollen Wandschrank. Weg von diesem Irren, der zwei-, drei-, manchmal fünfmal pro Tag auftauchte .
Hauptsächlich verlor sie sich in Erinnerungen. Es hatte mal eine Zeit gegeben â es schien unendlich lange zurückzuliegen -, da hatte sie ihre Mädchen Merry-Berry und Bobbie-Doll genannt oder ihnen andere Kosenamen gegeben. Gemeinsam hatten sie »High Hopes« gesungen und Lieder aus Mary Poppins.
Sie hatten endlose Positive-Energie-Gedanken â Lizzie nannte sie »Glücksgedanken« -, die sie sich gegenseitig mitteilten und natürlich auch Brendan.
Woran konnte sie sich sonst noch erinnern? Ach ja, im Laufe der Jahre hatten sie so viele Haustiere gehabt, dass sie schlieÃlich jedem eine Nummer gegeben hatten.
Chester, ein schwarzer Labrador, war Nummer 16. Der Labrador bellte ständig, Tag und Nacht, bis Lizzie ihm eine
Flasche TabascosoÃe nur zeigte . Beim Anblick dieser Geheimwaffe hörte er sofort auf.
Dukie, Nummer 15, war ein orangefarbener Papagei, der nach Lizzies Meinung früher in einem anderen Leben eine alte jüdische Dame gewesen war, die sich ständig beklagte: »O nein, nein, nein, nein.«
Maximus Kiltimus war Nummer 11, Stubbles Nummer 31, Kitten Little Nummer 35.
Erinnerungen waren alles, was Lizzie Connolly geblieben war â denn eine Gegenwart konnte es für sie nicht geben.
Sie konnte nicht hier in diesem Horrorhaus sein.
Sie musste irgendwo anders sein.
So musste es sein!
Musste sein!
Musste sein!
Denn jetzt war er in ihr.
Der Wolf war in ihr, in der realen Welt; stöhnend und grunzend stieà er zu wie ein Tier und vergewaltigte sie minutenlang â ihr kam es so vor, als wären es Stunden.
Aber am Ende würde doch Lizzie lachen, nicht wahr?
Sie war nicht hier.
Sie war irgendwo in ihren Erinnerungen .
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Endlich war er gegangen, dieser grässliche, unmenschliche Wolf. Dieses Scheusal! Diese Bestie! Er hatte ihr erlaubt, ins Badezimmer zu gehen, und hatte ihr etwas zu essen gegeben. Dann war er verschwunden. O Gott, diese Arroganz, sie hier in seinem Haus gefangen zu halten! Wann wird er mich töten? Ich verliere den Verstand!
Sie blickte durch tränennasse Augen in die Dunkelheit. Wieder war sie gefesselt und geknebelt. In gewisser Weise war das eine gute Nachricht. Es bedeutete, dass er sie immer noch begehrte, richtig?
Guter Gott, ich lebe, weil eine so grässliche Bestie mich begehrt! Bitte, hilf mir, lieber Gott. Bitte, bitte, hilf mir.
Sie dachte an ihre kleinen Mädchen und dann an Flucht. Reine Fantasie, das war ihr klar, daher musste sie in ihr Inneres fliehen.
Inzwischen kannte sie diesen Wandschrank in- und auswendig, sogar in totaler Dunkelheit. Es war, als könnte sie alles sehen, als verfüge sie über ein Nachtsichtgerät. Am meisten war sie sich ihres Körpers bewusst. Er war hier gefangen und ihr Verstand ebenso.
Lizzie lieà ihre Hände wandern, so weit es ihr möglich war. Im Wandschrank befand sich Kleidung, Männersachen â seine . Ihr am nächsten hing eine Jacke mit runden glatten Knöpfen â möglicherweise ein Blazer. Leichter Stoff, was sie in ihrer Auffassung bestärkte, dass sie sich in einer Stadt mit warmem Klima befand.
Das nächste Kleidungsstück war eine Weste. Ein kleiner harter Ball steckte in einer Tasche. Vielleicht ein Golfball.
Was konnte sie mit einem Golfball anfangen? Konnte er eine Waffe sein?
Ein ReiÃverschluss an der Tasche. Was konnte sie mit einem ReiÃverschluss tun? Liebend gern hätte sie seinen
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