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Vor aller Augen

Titel: Vor aller Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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Büro im Lakeside Square Building aufsuchen sollte. Das Gebäude war zwanzig Etagen hoch, mit viel reflektierendem Glas. Als ich im texanischen Sonnenschein zum Himmel emporschaute, wurde ich praktisch geblendet. Ich betrat das Gebäude kurz nach zehn Uhr morgens. Liptons Büro befand sich im achtzehnten Stock. Als ich aus dem Aufzug trat, begrüßte mich eine Stimme vom Band mit: »Howdy!«
    Ich ging in einen riesigen Empfangsraum mit weinfarbenem Teppichboden, beigen Wänden und dunkelbraunen
Ledersofas und Sesseln. An den Wänden hingen gerahmte Fotos von Roger Staubach, Nolan Ryan und Tom Landry.
    Eine sehr nett aussehende junge Frau in dunkelblauem Hosenanzug bat mich zu warten. Selbstsicher saß sie hinter einem schmalen Schreibtisch aus Walnussholz. Sie sah wie zweiundzwanzig, höchstens dreiundzwanzig aus, frisch aus der Charme-Schule. Sie sprach und benahm sich ebenso korrekt, wie sie aussah.
    Â»Ich warte, aber sagen Sie Mr. Lipton bitte, dass ich vom FBI komme. Es ist wichtig, dass ich mit ihm spreche«, erklärte ich.
    Die Empfangsdame lächelte so lieblich, als hätte sie das alles schon früher gehört, und beantwortete weiter Telefonanrufe, die sie über Headset entgegennahm. Ich setzte mich und wartete geduldig. Ich wartete fünfzehn Minuten. Dann stand ich wieder auf und schlenderte zu ihrem Schreibtisch.
    Â»Haben Sie Mr. Lipton gesagt, dass ich hier bin?«, fragte ich höflich. »Und dass ich vom FBI bin?«
    Â»Habe ich, Sir«, antwortete sie mit sirupartiger Stimme, die mir langsam auf die Nerven ging.
    Â»Ich muss ihn sofort sprechen«, erklärte ich und wartete. Sie rief noch mal bei Liptons Assistentin an.
    Sie sprachen kurz, dann blickte sie wieder mich an. »Können Sie sich ausweisen, Sir?«, fragte sie. Jetzt runzelte sie die Stirn.
    Â»Selbstverständlich.« Ich zeigte ihr meine neue glänzende FBI-Marke. Sie beäugte sie misstrauisch, so als würde sie einen falschen Fünfzigdollarschein mustern.
    Â»Würden Sie bitte wieder dort drüben Platz nehmen?«, sagte sie höflich, aber jetzt schien sie ein wenig nervös zu sein. Ich hätte gern gewusst, was Lawrence Liptons Assistentin
ihr gesagt und welche Verhaltensregeln sie erhalten hatte.
    Â»Sie scheinen nicht zu begreifen, oder vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt«, sagte ich. »Ich bin nicht hier, um mit Ihnen herumzualbern, und ich bin nicht hier, um zu warten.«
    Die Empfangsdame nickte. »Mr. Lipton ist in einer Besprechung. Mehr weiß ich nicht, Sir.«
    Ich nickte ebenfalls. »Sagen Sie der Assistentin, sie soll ihn sofort aus dieser Besprechung herausholen. Sie soll Mr. Lipton erklären, dass ich ihn aber noch nicht verhaften will.«
    Ich schlenderte zurück zu den Sofas, machte mir jedoch nicht die Mühe, mich zu setzen. Ich stand da und schaute hinaus auf den prächtigen Rasen in Technicolorgrün, der sich bis an den Rand des LBJ Freeway erstreckte. Innerlich kochte ich.
    Ich hatte mich gerade wie ein typischer Cop verhalten. Ich fragte mich, ob Burns das billigen würde, aber es spielte keine Rolle. Er hatte mir viel Spielraum gegeben, und ich hatte eine Entscheidung gefällt, die ich nicht ändern würde, nur weil ich jetzt ein FBI-Agent war. Ich war in Dallas, um einen Kidnapper zur Strecke zu bringen. Ich war hier, um herauszufinden, ob Mrs. Elizabeth Connolly und andere noch lebten und vielleicht irgendwo als Sklaven gefangen gehalten wurden. Ich erledigte wieder meine gewohnte Arbeit. Ich hörte, wie hinter mir eine Tür geöffnet wurde, und drehte mich um. Ein schwergewichtiger Mann mit grau meliertem Haar stand da und blickte mich empört an.
    Â»Ich bin Lawrence Lipton«, sagte er. »Worum zum Teufel geht es?«

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    Â»Worum zum Teufel geht es?«, wiederholte Lipton lautstark und arrogant. Er sprach zu mir, als wäre ich ein Staubsaugervertreter. »Ich nehme doch an, man hat Ihnen gesagt, dass ich in einer wichtigen Besprechung bin. Was will das FBI von mir? Und warum kann es nicht warten? Warum haben Sie nicht die Höflichkeit, um einen Termin zu bitten?«
    Er hatte etwas an sich, das mir irgendwie sonderbar vorkam. Er bemühte sich, den knallharten Typen zu spielen, aber ich glaubte nicht, dass er das war. Er war es nur gewohnt, andere Geschäftsleute zu schlagen. Er trug ein zerknittertes blaues Hemd, eine konservative Krawatte und Mokassins und

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