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Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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Dann war das Foto sehr viel älter als das Gemälde, das vor etwa acht Jahren nach dem Bild entstanden war. Und die Wahrscheinlichkeit, irgendetwas darüber zu erfahren, wurde noch geringer.
    »Wissen Sie, wo ich diesen Mr. Newcombe finde?«, fragte ich, obwohl ich wusste, dass die ganze Angelegenheit eine Schnapsidee gewesen war. »Hat er ein anderes Fotostudio eröffnet?«
    »Tut mir leid, Sir«, antwortete Mr. Wilson bedauernd.
    »Newcombe?«, mischte sich ein weiterer Angestellter ein, der mit großformatigen Fotoabzügen aus einem mit schweren Vorhängen verschlossenen Raum kam. Vermutlich handelte es sich um die Dunkelkammer.
    »Dieser Gentleman sucht Mr. Newcombe«, erklärte Mr. Wilson.
    »Wegen dem Mädchen?«, fragte der andere und fuhr sich mit den Fingern über den dunkelblauen Kittel.
    »Welches Mädchen?«, fragte der Lehrling.
    »Die gestern hier war«, sagte der Mann, legte die Abzüge auf den Verkaufstisch und setzte hinzu: »Die hat auch nach diesem Newcombe gefragt.«
    »Können Sie mir sagen, warum?«, wandte ich mich an ihn.
    »Sie hatte ein altes Foto dabei und wollte mehr darüber erfahren«, antwortete er achselzuckend. »Ob man herausbekommen kann, wer das Foto bezahlt hat. Ob es eine Lieferanschrift gab. Solche Sachen.«
    »Konnten Sie ihr helfen?«
    »Das Archiv des alten Newcombe wurde von uns übernommen, glaube ich. Aber wo die Negative oder die Geschäftsbücher sind, das weiß ich nicht.«
    »Die Negative sind im Keller«, sagte Mr. Wilson. »Und die Akten sind im Lager hinter dem Büro.« Er deutete auf das Zimmer, aus dem er gekommen war.
    »Hat das Mädchen das Foto hiergelassen?«
    Der Mann mit dem Kittel schüttelte den Kopf, hob dann aber die Hand und sagte: »Das war auch nicht nötig. Die Negative sind ja nummeriert, und die Nummern sind auf den Abzügen angegeben. Warten Sie!« Er kramte in einer Kiste, die auf dem Tisch neben der Kasse stand und bis oben mit Zetteln und Quittungen gefüllt war. »Ich hab ihr gesagt, sie soll mir die Negativnummer und ihre Anschrift hinterlassen. Für alle Fälle. Sie wollte wiederkommen, hat sie gesagt.« Wieder vertiefte er sich in der Kiste und fischte schließlich ein Papier heraus. »Da ist es ja!«
    »Zeigen Sie!«, rief ich aufgeregt.
    »Was wollen Sie eigentlich von dem Mädchen?«, erkundigte sich Mr. Wilson und nahm seinem Kollegen das Papierchen aus der Hand.
    Ja, was wollte ich von dem Mädchen? Sie fragen, was sie mit der Familie Ingram zu schaffen hatte. Ob sie meinen Vater kannte. Ob ihre Mutter meinen Vater kannte. Ich sagte: »Sie ist eine Verwandte.«
    »Sie sah nicht aus wie die Verwandte eines Gentlemans«, sagte der Mann im Kittel. »Eher wie eine Dienstmagd.«
    »Eine arme Verwandte«, verbesserte ich mich und versuchte, verbindlich zu lächeln. »Und genau deshalb möchte ich ihr helfen.« Da die Blicke der Männer skeptisch blieben, fügte ich hinzu: »Auf dem Bild ist ihre Mutter abgelichtet.«
    Mr. Wilson schaute seinen Kollegen an. Der nickte und bestätigte: »Das hat das Mädchen auch gesagt.«
    Das bewies zwar eigentlich nichts. Dennoch schien der alte Mr. Wilson beruhigt zu sein und schob mir das Papier über den Tisch. Ich las:
    »Nr. 5689
    Celia Brooks
    z.Zt. bei Maureen Watson
    16 White Horse Lane, zweiter Hinterhof.«
    »Wo finde ich die White Horse Lane?«, fragte ich.
    »In Stepney«, antwortete Mr. Wilson. »Kurz vorm Kanal. Geht nach Süden von der Mile End Road ab.«
    Die anderen schauten ihn überrascht an.
    »Ich hab mal in der Gegend gewohnt«, sagte er, und es klang beinahe wie eine Entschuldigung.
    »Im East End?«, wunderte sich der Lehrling.
    »Ist lange her«, sagte Mr. Wilson und zupfte an seinen Ärmelschonern.
    »Könnten Sie für mich einen Abzug des Negativs mit der Nr. 5689 machen?«, fragte ich. »Und in den Büchern nachschauen, wer das Foto wann in Auftrag gegeben hat oder wohin die Bilder geliefert wurden?«
    »Das kommt darauf an, in welchem Zustand sich das Negativ befindet«, sagte der Mitarbeiter, der die Kamera in der Hand gehalten und die ganze Zeit keinen Ton von sich gegeben hatte. »Und um was für eine Fotoplatte es sich handelt. Damals wurde zum Teil noch mit nassen Platten gearbeitet, und die Haltbarkeit war nicht mit heutigen Trockenplatten vergleichbar. Seit einiger Zeit gibt es sogar Negative aus Zell…«
    »Tun Sie, was in Ihrer Macht steht«, unterbrach ich ihn und legte drei Crown-Münzen auf den Tisch. »Das ist vorab für Ihre Bemühungen. Ich komme

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