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Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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der Zeit, als er kein Abstinenzler und einer unserer besten Kunden war. Freut mich sehr, Ma’am.«
    »Rodney Webster?«, war alles, was Celia herausbrachte.
    »So hieß mein Vater«, antwortete der Wirt und hob verwundert die Augenbrauen. »Er ist vor zwei Jahren gestorben. Ich hab zwar den gleichen Vornamen, bevorzuge aber die Kurzform. Klingt nicht so hochtrabend. Wieso fragst du? Kanntest du meinen Vater?«
    »Ihre Mutter hat hier im George gearbeitet«, sprang Adam ein, weil Celia keinen Ton herausbrachte und den jungen Mann anstarrte, als wäre er eine Schlange und sie das sprichwörtliche Kaninchen.
    »Tatsächlich?«, fragte Webster und hakte seine Daumen in die Ärmelausschnitte seiner Weste. »Wann war das?«
    Celia zuckte mit den Schultern und stammelte: »Früher.«
    Webster schüttelte belustigt den Kopf. »So, so, früher«, äffte er Celia nach, wandte sich plötzlich um und hielt ihnen die Tür zur Schänke auf. »Na, dann kommt rein. Ihr seid spät dran. Ich wollte die Reste schon den Schweinen geben.«
    Celia ärgerte sich über sich selbst und ihr unsicheres Auftreten. Doch sie konnte nicht anders, dieser Rod Webster schüchterte sie ein. Dabei war er nicht gerade das, was man einen beeindruckenden oder gar Furcht einflößenden Mann nennen konnte. Er war alles andere als hübsch und auch nicht besonders kräftig oder groß, ein dürrer Kerl mit fusseligem Backenbart und großen Ohren, die annähernd rechtwinklig vom Kopf abstanden. Seine Bewegungen wirkten ein wenig linkisch, und mit seinem Strubbelkopf und der fleckigen Kleidung, die an den Ellbogen und Knien abgewetzt war, erinnerte er fast an einen harmlosen Lausejungen. Dennoch strahlte der junge Mann, der kaum älter als zwei- oder dreiundzwanzig Jahre sein konnte, etwas Durchtriebenes oder Hinterhältiges aus, das Celia sofort auf Abstand gehen ließ. Er wirkte wie ein listiger Schelm, wenn man es vorteilhaft ausdrücken wollte, oder wie ein gemeiner Strolch, wenn man die Sache etwas drastischer beim Namen nennen wollte.
    »Passt auf eure Köpfe auf!«, sagte Webster und deutete zu den schwarz angelaufenen Stützbalken an der Decke, die tatsächlich sehr niedrig hingen und den düsteren Schankraum, den sie nun betraten, in unregelmäßigen Abständen durchzogen. Nur wenige Gäste saßen an den Tischen, die von unterschiedlichster Form und Größe waren und den Eindruck bestärkten, den Celia von dem Gasthaus hatte. Das George Inn mochte traditionsreich sein und eine sehr lange Geschichte besitzen, im Moment wirkte es vor allem ein wenig verwahrlost und zurechtgezimmert. Die kleinen Butzenscheiben in den Fenstern zum Hof waren von unterschiedlicher Farbe und Beschaffenheit, was aber erst auf den zweiten Blick zu sehen war, weil man sie seit Ewigkeiten nicht geputzt hatte. Auch im Inneren der Schänke dominierte die Flickschusterei. Manches in dem Raum war vermutlich so alt wie das Haus selbst, doch vieles war in den Jahrhunderten ausgetauscht oder ausgebessert worden, ohne immer darauf zu achten, ob die Reparatur oder der Ersatz zum ursprünglichen Zustand passten. Das George Inn hatte seinen Besitzern offenbar niemals große Reichtümer beschert, dachte Celia bei sich, als sie sich neugierig umblickte.
    »Die Suppe steht in der Küche«, wandte sich Webster an Adam und wies zu einer Schwingtür am hinteren Ende des Schankraums. »Kennst dich ja aus.«
    Einige böse oder belustigte Kommentare der Kneipengäste begleiteten Adam auf dem Weg zur Küche. Doch er lächelte nur, tippte sich an die Mütze und rief ihnen zu: »Gott sei mit euch, Brüder!«
    Celia wollte Adam folgen, doch Webster stellte sich ihr in den Weg und fragte: »Wieso so ängstlich? Ich beiße nicht.«
    Sagte die Katze zur Maus, dachte Celia und wich einen Schritt zurück.
    Webster kramte eine angerauchte Pfeife aus der Seitentasche seiner Weste, entzündete sie an einer Kerze und fragte: »Wie heißt deine Mutter? Vielleicht kenne ich sie ja.«
    »Sie ist tot«, antwortete Celia und schaute Hilfe suchend zur Küchentür.
    »Das tut mir leid«, behauptete Webster, ohne dass sich jedoch das Schelmengrinsen in seinem Gesicht veränderte. »Und wie hieß sie?«
    »Mary«, sagte Celia. »Mary Tremain.«
    »Mary heißen viele«, sagte Webster achselzuckend und paffte an seiner Pfeife.
    »Der Topf auf dem Ofen?«, fragte Adam aus der Küche.
    »Genau der«, antwortete Webster, ohne den Blick von Celia abzuwenden oder den Weg freizugeben. Er fasste sie mit Daumen und Zeigefinger am

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