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Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Vor dem Abgrund: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Finnek
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Kinn und meinte: »Du kommst mir irgendwie bekannt vor. Warst du schon mal hier?«
    »Bin das erste Mal und erst seit Kurzem in London.«
    »Ich könnte schwören, dass ich dich von irgendwoher kenne.«
    Celia schüttelte heftig den Kopf, auch um Websters nach Tabak stinkende Finger von ihrem Kinn abzuschütteln.
    »Sonst noch was?«, kam Adams Stimme aus dem Nachbarraum.
    »Da ist noch Porridge auf der Anrichte neben dem Herd«, rief Webster, während seine Finger von Celias Kinn zur Schulter wanderten und dort wie beiläufig mit ihren Haaren spielten.
    »Kommst du mal, Celia?«, bat Adam. »Allein schaff ich es nicht.«
    Celia straffte sich erleichtert, schlüpfte an Webster vorbei und lief zur Küchentür, vor der sie um ein Haar mit Adam zusammenprallte, der in diesem Augenblick mit einem großen Emailletopf durch die Schwingtür trat.
    »Nimmst du bitte das Porridge?«, fragte Adam, der Mühe hatte, die Balance zu halten. Er schaute überrascht und auch ein wenig misstrauisch zwischen Celia und Webster hin und her und wies dann mit einer Kopfbewegung in die Küche, aus der ein säuerlicher und wenig appetitlicher Geruch in den Schankraum drang.
    Celia schnappte sich die Schüssel mit Haferbrei und beeilte sich, Adam durch den Schankraum nach draußen zu folgen. Wieder begleiteten ihn die höhnischen Kommentare der Gäste. Ein Schankmädchen zwinkerte ihm zu und rief: »Na, das nenn ich mal ’nen richtigen Soldaten. In welchem Krieg hast du denn gekämpft?«
    Webster erwartete Adam und Celia bereits am Ausgang und hielt ihnen erneut die Tür auf.
    »Danke, Rod«, sagte Adam und ging hinaus.
    »Gern geschehen«, erwiderte Webster und ließ es sich nicht nehmen, Celia beim Hinausgehen mit der Hand über den Nacken und den Rücken zu streichen. »Bis bald, hübsche Celia!«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    Am liebsten hätte sie ihm den Haferbrei ins Gesicht geschüttet, doch stattdessen ging sie schnurstracks und stocksteif zum Pferdewagen und verstaute das Porridge auf der Ladefläche. Dann stieg sie auf den Kutschbock und starrte angestrengt auf ihre Füße. Auf keinen Fall wollte sie Rod Webster anschauen, der immer noch in der Tür stand und darauf zu warten schien, dass sich ihre Blicke begegneten. Es kam Celia wie ein seltsames Spiel vor, wie ein kindisches Kräftemessen. Und das würde sie unter keinen Umständen verlieren!
    »Ist was mit dir?«, fragte Adam neben ihr. Seine Frage hatte einen seltsamen Unterton und klang nicht so freundlich, wie er sonst mit Celia sprach.
    »Lass uns fahren!«, bat sie, ohne den Blick zu heben. »Mir ist nicht wohl.«
    »Aha!« Es klang nicht sehr mitfühlend.
    »Natürlich! Wie dumm von mir!«, entfuhr es Webster in diesem Augenblick. »Jetzt hab ich’s!« Er wedelte mit den Armen und rief: »Halt! Wartet noch!«
    Adam, der bereits den Wagen gewendet hatte, hielt inne und fragte: »Was hast du, Rod? Wo willst du hin?«
    Doch Webster war bereits im Haus verschwunden. Nur wenige Sekunden später erschien er wieder im Hof, schwenkte irgendetwas mit der Hand und rief triumphierend: »Hab ich doch gewusst, dass ich dein Gesicht kenne!« Er lief zum Wagen, reichte Celia ein gerahmtes Bild und fragte: »Ist das deine Mutter?«
    Celia schaute erschrocken auf, nahm das Bild, und als sie es betrachtete, stockte ihr der Atem und raste ihr Herz. Bei dem Bild handelte es sich um ein vergilbtes fotografisches Porträt. Es zeigte eine sehr junge Frau im weißen Kleid, mit einer ebenfalls weißen Haube auf dem Kopf und einem Sonnenschirm in der Hand. Das Bild war in einem Studio aufgenommen, wie man an dem bemalten Leinwandhintergrund und dem unnatürlich schattenlosen Lichteinfall erkennen konnte. Die Fotografie war auf einen rot geränderten Karton geklebt, es handelte sich um eine sogenannte Kabinettkarte, war also sehr viel größer als die handtellergroßen Visitenkartenfotos, die man in Alben sammelte. Was Celia aber vor allem verblüffte, war das Gesicht der Frau. Es war beinahe so, als schaute Celia in einen Spiegel. Die höchstens zwanzigjährige Frau auf dem Foto hätte ihre Zwillingsschwester sein können.
    »Ist das Mary Tremain?«, fragte Webster und legte wie beiläufig seine Hand auf Celias Knie. »Sie sieht dir zum Verwechseln ähnlich.«
    »Woher hast du das Bild?«, antwortete Celia mit einer Gegenfrage und rückte auf dem Kutschbock näher an Adam heran.
    »Es hing seit ewigen Zeiten im Treppenhaus vor den Gastzimmern«, antwortete er und war sichtlich stolz, einen solchen

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