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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Fünfziger, schnupfte die Line, und im selben Moment wusste er, das war der wahre Stoff - die Nasenhärchen, die Membranen, die Synapsen, alle sangen dasselbe Lied. Er wollte den Schein zurückgeben. »Zieh noch eine Line , Bruder.« Trigger brauchte keine Line mehr, Bruder, aber er wusste, er konnte nicht ablehnen, also schnupfte er auch die zweite.
    Es war zwar fast halb vier, als er endlich rauskam, trotzdem stand sie da. Sah aus wie ein Filmstar. Wie ein Model. Funken stoben von ihren Haaren wie bei einem Feuerrad.
    »Und, was würdeste jetzt gern machen? Ab ins Cross?«, fragte Trigger.
    »Wie wär’s mit etwas Intimerem?«, erwiderte sie.
    »Baden vielleicht?«
    »Am Strand?«
    »Ich hab meinen Privatpool.«
    »Bin dabei.«

    Sie schlenderten den Hügel hinauf, links das Rettungsschwimmerhaus, rechts der Kinderspielplatz.
    Vor dem versperrten Eingang zu Wylies blieben sie stehen. »Wylies Baths - 365 Tage im Jahr geöffnet«, behauptete das Schild.
    »Ist da nicht zu?«, fragte sie.
    Trigger zog den Schlüssel aus der Tasche. »Nicht für jeden.«

59
    Mit den geweiteten Pupillen und einer Nase, die lief wie ein Windhund, zeigte Trigger die schulbuchmäßigen Symptome eines Betäubungsmittelrausches. Dusty war allerdings überzeugt, dass weder sie noch Julien jemals eine derartige Menge an Unsinn zusammengeschwafelt hatten, selbst in den schlimmsten Momenten nicht. Dafür sonderte Triggers Mund einen unerschöpflichen Strom davon ab. Zugekokst bis in die Augäpfel? Bei ihm stand das Koks bis zu den funkelnden Sternen am Himmel. Dusty war sich der Ironie der Sache durchaus bewusst: Sie war den weiten Weg bis hierher gefahren, um ihn zum Reden zu bringen, und jetzt war er nicht dazu zu bringen, die Klappe zu halten.
    Sie folgte ihm und seinem Geschwafel einen gewundenen Pfad hinunter, vorbei an einer Pressspanhütte mit dem Schild »Hausmeister«, durch das Drehkreuz und schließlich auf eine breite hölzerne Plattform. Flutlichter flammten auf.
    »Da lang«, sagte Trigger und hielt sich die Hand vor die Augen.

    Es ging eine Treppe hinab, und dann standen sie auf Beton, auf gleicher Höhe mit dem Becken.
    »Schön, was?«, sagte Trigger mit einer stolz ausholenden Handbewegung.
    Tagsüber vielleicht, dachte Dusty, jetzt aber hatte das Ganze etwas ziemlich Bedrohliches. Die Plattform mit den hölzernen Spinnenbeinen. Das düstere Felsgebilde am Rand der Betonfläche. Das Becken mit dem tiefschwarzen Wasser. Und das Rauschen des Meeres, das Gurgeln der Wassermassen, die zwischen den Felsen hindurchströmten.
    Trigger setzte sich auf eine Stufe. »Schwimmst du?«, fragte er.
    »Ein bisschen«, antwortete Dusty.
    »Die Wende ist das A und O«, dozierte er, und schon ging es wieder von vorn los.
    Es war, als sei sie gar nicht da. Tiefer und tiefer verlor sich Trigger in den Abgründen der Selbstverliebtheit.
    »He, was ist denn nun mit Baden?«, fragte Dusty.
    »Wie bei Ian Thorpe. Der redet auch immer nur davon, wie groß seine Füße sind …«
    Dusty zog die Jeans aus, dann das T-Shirt.
    »Kommst du jetzt mit rein oder nicht?«, fragte sie und baute sich vor Trigger auf.
    Ist es zulässig, sich vor einem Verdächtigen nackt auszuziehen? An dem Tag, an dem das auf der Akademie durchgenommen wurde, hatte Dusty gefehlt. Jedenfalls funktionierte es. Trigger konnte die Augen gar nicht mehr von ihr abwenden, sie waren wie Krabben, die aufgeregt über ihren Leib huschten. Dann zog auch er sich aus. Mit Interesse, gleichermaßen beruflichem wie sonstigem, vermerkte Dusty die gewölbte Frontpartie seiner Boxershorts.

    Dusty stand der Sinn nicht wirklich nach einem Bad, dazu sah das Wasser viel zu bedrohlich aus. Aber als Trigger mitsamt seiner Wölbung auf sie zukam, machte Dusty drei schnelle Schritte und hechtete ins, wie sie hoffte, tiefe Ende des Beckens. Das Wasser war kalt, aber nicht die erwartete Eisdusche. Was sie aber wirklich überraschte, war das Salz. Dusty war schon so lange nicht mehr im Meer geschwommen, dass sie den beißenden Geschmack ganz vergessen hatte. Sie tauchte mit geöffneten Augen. Sie hatte sich in einem Schwimmbecken gewähnt, in Beton gefasst, mit glattem Boden; dies aber war ein Stück ungezähmter Pazifik, schüchtern von einem Mäuerchen eingefasst - überall waren gezackte Felsen, Tangbüschel und Schatten, die hin und her huschten. Dusty wusste, dass es hier keine Krokodile geben konnte, aber sie fragte sich, mit welchen Kreaturen sie es stattdessen zu tun bekäme.
    Sie tauchte auf und

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