Vor dem Regen - Roman
kraulte unbeholfen - sie wollte keinesfalls zu viel preisgeben - zum anderen, dunkleren Ende des Beckens. Dort lehnte sie sich an die grob behauene Mauer und trat Wasser. Von hier aus, reflektierte Dusty, hatte sie Trigger Tregenza voll im Blick. Sie sah ihn in fünfzig Metern Entfernung aus den Boxershorts steigen. Nackt stand er am Beckenrand. Hechtete hinein. Dusty spähte auf das Wasser, das mittlerweile ein Netz aus sich kreuzenden, kräuselnden Wellen war, und wartete darauf, dass er wieder auftauchte. Er tat es schließlich direkt vor ihr.
»Ich bin beeindruckt«, sagte Dusty.
»Dann wart erst mal das ab«, sagte er und presste seinen Schwanz an sie.
Er stützte links und rechts von ihr die Hände an die Wand, setzte sie mit seinem Körper gefangen und wollte sie küssen.
Mit einer schnellen Bewegung entzog ihm Dusty das Gesicht.
»Du machst wohl auf scheues Vögelchen, was?«, sabberte Trigger.
Wieder drückte er sich an sie, und sein Schwanz rieb an ihrem Bauch, rieb tiefer.
»Du kennst doch Cazaly noch?«
Dusty presste sich an die Wand und machte sich klein. Beide Hände tauchten ab, suchten nach Ritzen, etwas, worin sie die Finger einhaken konnte. Als sie den nötigen Halt gefunden hatte, rammte sie das Knie hoch. Es war nur ein flüchtiger Kontakt, doch der reichte aus, um ihn nach hinten zu stoßen. Sie zog sich nach unten, drückte kräftig die Luft aus der Nase und kratzte sich an der stark mit Muscheln bewachsenen Wand den Rücken auf. Dann stemmte sie die Füße gegen die Wand und drückte sich ab. Irgendetwas bohrte sich ihr tief in die linke Fußsohle, aber immerhin war Dusty Trigger entkommen.
»He, netter Zug!«, sagte er, stieß sich kräftig von der Wand ab und warf sich auf sie.
Darauf war Dusty gefasst, und sie wich ihm behände aus.
»Noch netter«, lobte er.
Er hechtete ein weiteres Mal nach ihr, doch da er sich nun nicht mehr von der Wand wegkatapultieren konnte, war die Bewegung träge, und Dusty blieb ausreichend Zeit, um unter ihm wegzutauchen. Wie an einer Strickleiter hangelte sie sich an den Seetangbüscheln zurück zur Wand. Ihr Fuß pochte und sandte einen glühenden Schmerz aus. Sie tastete mit der Hand danach. Ertastete ein, zwei, drei, vier Seeigelstacheln.
Trigger hatte unterdessen erneut die Verfolgung aufgenommen,
und wenn er auch kein ausgesprochener Techniker war, so hatte er doch einen kraftvollen Schwimmstil und nahm immer mehr Tempo auf. Wieder wartete Dusty, bis er sie fast erreicht hatte, bevor sie sich abstieß und ihm entwischte.
Wieder warf er sich auf sie.
Und wieder.
Wäre es ein Sprint über fünfzig oder auch hundert Meter gewesen, er hätte sie vielleicht sogar erwischt, doch hier ging es ums Ausweichen, Abtauchen, das war Wasserpolo, und hier war Dusty, ehemaliges Mitglied des australischen Junior-Frauennationalteams, Trigger überlegen. Schließlich gab er mitten im Becken klein bei, richtete sich mit pumpendem Brustkorb und nach Sauerstoff ringend auf.
»Wieso hast du die kleine Thai umgebracht, Trigger?«, fragte Dusty, deren Stimme ebenmäßig über das unbewegte Wasser schwebte.
»Wer zum Henker bist du?«
»Das braucht dich nicht zu interessieren. Wieso hast du sie umgebracht?«
»Ich könnte dich erwürgen, das ist dir hoffentlich klar.«
Dusty lächelte. »Alter, du kannst mich ja nicht mal fangen.«
»Leck mich.«
»Lass mich raten, wie’s abgelaufen ist. Trig vergisst sein Dermie-Trikot mitzunehmen. Kriegt keinen hoch. Und wer ist schuld? Die Kleine natürlich. Also machst du sie kalt. Rammst ihr ein Messer rein. Dann karrst du sie nach Süden und versenkst sie in irgendeinem Wasserloch.«
Trigger presste die Augen zu. Das mussten die Drogen sein. Das konnten nur die Drogen sein. Er tauchte den Kopf
ins Wasser. Schüttelte ihn. Aber als er ihn wieder hochnahm und die Augen öffnete, stand sie immer noch da.
»Wer zum Henker bist du?«
»Detective Dusty Buchanon, Northern Territory Police, zu Ihren Diensten.«
Hoch oben über dem Geländer tauchte die schwarze Silhouette eines Kopfes auf. Jemand fragte mit deutschem Akzent: »Alles in Ordnung da unten?«
Völlig widersinnig phantasierte Dustys Hirn: Tomasz war über den Pazifik geeilt, um die Frau zu retten, die er liebte!
Aber Dusty wusste, dass ihr keine Gefahr drohte. Zumindest nicht von Trigger Tregenza. Und natürlich hatte der deutsche Akzent nicht das Geringste mit Tomasz zu tun. Mittlerweile stand sein Träger, der Hausmeister, ein kleines Kerlchen mit
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