Vor dem Regen - Roman
abklären«, sagte Dusty.
Barry nickte.
»Sie selbst haben also die junge Frau begraben?«
»Hab ich doch gesagt.«
»Dann könnten Sie mir also exakt die Stelle zeigen, wo sie liegt, wenn ich Sie an den Billabong bringe?«
»Ich kann sogar noch viel mehr«, sagte Barry, zückte die Brieftasche, holte ein Fitzelchen Papier heraus und legte es auf den Tisch.
Darauf standen zwei Zahlen - Länge und Breite.
»Tragbares GPS«, erklärte er selbstzufrieden.
»Sie haben sich das alles sehr schön zurechtgelegt, nicht wahr, Barry?«, sagte Dusty. »Ausgetüftelt bis ins Letzte, richtig?«
»Was meine Kollegin damit zum Ausdruck bringen möchte, aus Höflichkeit aber nicht so direkt sagt, ist, dass Sie ein elender Lügner sind«, erklärte Fontana und lehnte sich zurück.
Nach über einer Stunde mit Barry O’Loughlin in Vernehmungszimmer 4 hatte Dusty seine Körpersprache entziffert. Als er den Rücken durchdrückte und an seiner Krawatte herumfummelte, machte sie sich auf die nächste große Ansprache gefasst. Sie wurde nicht enttäuscht.
»Ihr habt doch überhaupt keine Ahnung. Ihr wart in Vietnam nicht dabei. Ich habe damals eine falsche Entscheidung getroffen, die hat einen meiner Männer das Leben gekostet, und anderen hat sie es für immer ruiniert. Da habe ich mir geschworen, dass ich sie nie wieder enttäuschen werde. Natürlich tut mir die junge Frau leid, aber sie war nun mal schon tot, daran war nichts zu ändern. Ich bin für meine Männer verantwortlich. Ich durfte sie nicht enttäuschen. Nicht noch einmal.«
»Eins möchte ich Sie noch fragen, Barry.«
»Ja?«
»Wer hat sie umgebracht, die Kleine?«
»Wie heißt er noch? Jonsberg natürlich.«
»Haben Sie das mit eigenen Augen gesehen?«
»Nein, wie denn?«
»Wie können Sie sich dann so sicher sein?«
»Ich hab sie gesehen. Im Zelt, nebeneinander. Und es war sein Messer, das er … das er …«
»Ihr in die Muschi gerammt hat, Barry?«
Barry starrte Fontana an, als wolle er sagen: Hat sie die noch alle?
Fontana zuckte die Achseln - das ist einfach’ne gemeingefährliche Irre, Alter. Das kann ich auch nicht ändern.
»Wissen Sie, wer als Letzter Sex mit ihr hatte?«
»Na er, denk ich doch. Jonsberg. Bevor er sie kaltgemacht hat.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher«, sagte Fontana.
Dusty war mittlerweile aufgestanden. »Vielleicht war es einer Ihrer Männer, Barry. Einer Ihrer Kameraden.«
»Schwachsinn.«
»Ach ja?«
»Dann sagen Sie mir doch, wer.«
»Tank zum Beispiel«, erwiderte Fontana.
Barry grinste.
»Was ist so komisch, Barry?«, wollte Dusty wissen.
»Ihr beiden habt doch keine Ahnung von meinen Leuten. Tank ist impotent, seit Jahren schon.«
Das hatte sie nach Triggers Aussage und den eigenen Recherchen bereits vermutet. Nun hatte Barry es bestätigt. Diesmal grinste Dusty.
»Das ist ja noch besser, Barry. Tank versucht, mit ihr zu schlafen. Zum zweiten Mal. Und als es nicht klappt, dreht er durch. Er wird rabiat. Stellen Sie sich diesen Frust vor, Barry. Über Jahre und Jahre. Ein Frauenheld wie Tank, und er kriegt einfach keinen mehr hoch. Er drückt ihr die Luft ab. Erwürgt sie. Und dann, zu guter Letzt, schafft er es doch noch, ihr etwas Hartes reinzuschieben. Jonsbergs Messer.«
Noch einmal schaute Barry zu Fontana. Noch einmal zuckte Fontana die Achseln.’ne gemeingefährliche Irre, Alter.
»Werden Sie mich jetzt festnehmen?«, wollte er wissen.
Dusty sah ihren Partner an. »Was meinst du, sollten wir Mr. O’Loughlin festnehmen?«
»Ich hab irgendwie nicht die große Lust drauf. Du?«
»Nein, irgendwie nicht.«
Barry schob den Stuhl zurück. »Dann gehe ich jetzt.«
»Ende der Vernehmung, vierzehn Uhr zwanzig«, sagte Fontana und schaltete das Aufnahmegerät ab.
Kaum hatte sich die Tür geschlossen, griff Dusty zum Hörer und rief die Hunde an.
»Wie lief’s bei euch?«
»Zu einfach.«
»Und sein Handy?«
»Ist ebenfalls erledigt.«
Von jetzt an würden sämtliche Bewegungen von Barry O’Loughlins Wagen mitverfolgt und seine Handyanrufe überwacht werden.
Fontana griff nach dem Zettel mit den Koordinaten. »Was meinst du, ist er sauber?«
Dusty nickte. »Er hat sein Stück Land bekommen. Er hat nichts mehr zu verbergen. Wahrscheinlich würde es ihm sogar in den Kram passen, eine Zeitlang hinter Gitter zu wandern - damit könnte er seinen Männern beweisen, was für ein Held er ist.«
»Dann gehen wir jetzt besser zum Boss.«
Auf dem Flur, auf dem Weg zum Büro von Commander
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