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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Frau nach ihrem Körperbau zu beurteilen, das war in der modernen Polizei einfach nicht mehr drin.
    »Big C, was?«, sagte sie und dachte an den selbstgefälligen Blick von Christine Schneider.

    »Big C«, bestätigte Fontana.
    »Ich hol mir einen Kaffee. Wenn jemand anruft, ich hab das Handy dabei«, sagte Dusty.
    »Ich dachte, du hast kein Handy.«
    »Oh, Mist. Also dann, ich hol mir ein Handy. Wenn jemand anruft, ich hab den Kaffee dabei.«
    Fontana grinste breit und war sichtlich erleichtert, dass die langjährige Kollegin ihren Sinn für Humor wiedergefunden hatte.
    Fürs Erste zumindest.

8
    Als sie von der Hauptstraße zum Einkaufszentrum von Parap einbog, hupte der Fahrer hinter ihr sie an.
    Südmensch, dachte Dusty. Na gut, vielleicht hab ich nicht ausdrücklich den Blinker benutzt, aber nur einer aus einem Schuhträgerstaat kann so blöd hupen. Die ehedem immer freien Stellplätze vor dem Café waren von monströsen Allradwagen belegt, etliche davon mit einem »Baby an Bord«-Schild an der Heckscheibe. Das war so, seit ganz in der Nähe eine ABC-Kindertagesstätte aufgemacht hatte. Dusty warf einen Blick auf die Nummernschilder; die waren im Northern Territory nicht allzu teuer und gaben immer eine interessante Lektüre ab. JACQUI. MUM4EVER. SUPERMUM.
    Als das Café Hanuman vor zehn Jahren eröffnete, war das balinesische Ambiente noch richtig exotisch gewesen, aber inzwischen hatte sich das ordentlich abgenützt und wirkte ziemlich gewöhnlich. In Darwin wimmelte es nur so von
Bali. Was ja auch stimmig war. Von Darwin bis Denpasar waren es nur knappe achtzehnhundert Kilometer, deutlich weniger als in jede größere australische Stadt. Man konnte fast glauben, jeder hier machte Urlaub in Indonesien, um dort einen Frachtcontainer mit billigen Teakholz-Möbeln, steinernen Buddhas und gebatikten Bettlaken zu beladen und den heimischen Zweizimmer-Bungalow in Wulagi in ein kleines Tropenparadies zu verwandeln. Dusty war schon seit langem Stammgast im Café Hanuman und sah keinen Grund, das zu ändern. Der Kaffee war nach wie vor gut und stark, die überregionalen Zeitungen lagen aus, und für den Fall, dass sie die Kläffer dabeihatte, gab es einen Wassernapf. Nyoman, der balinesische Besitzer, lächelte Dusty zu, als sie sich an ihren Stammplatz im Freien setzte.
    Er war in den Fünfzigern und gab ganz den Indo-Hippie - lange Haare, Batikhose mit Kordelzug, bestickte Weste.
    » Apa khabar ?«, erkundigte er sich mit dem extrem gerollten »R« der Bahasa Indonesia, der Amtssprache der unzähligen Inseln des Indonesischen Archipels. Wie geht’s?
    » Baik . Baik «, erwiderte Dusty. Bestens.
    Sie beherrschte das Indonesische nur bruchstückhaft, hatte auf den vielen Reisen nach Bali lediglich hier und da ein paar Bröckchen aufgeschnappt, aber trotzdem taten beide so, als sei sie eine Art Sprachwunder und ihre Gewandtheit in der Bahasa geradezu unfassbar.
    » Kafe ?«, fragte Nyoman.
    » Bagus «, antwortete Dusty. Gern.
    Dusty sah sich im Café um. An der Rückwand, unter einem großen Gemälde des Namenspatrons des Lokals - dem Affengott Hanuman -, saß eine Gruppe Frauen und trank Latte. Neben ihnen parkten die Hightech-Kinderwagen, unwesentlich
kleinere Versionen der Pathfinders, Pajeros und Prados draußen. Dies waren eindeutig Jacqui, Mum4ever und Supermum. »Leckermamis« nannte Fontana solche Frauen, und Dusty sah, wie passend das war - ihnen haftete etwas Reifes, Appetitliches an, wie den Mangos, die jetzt schwer an unzähligen Bäumen rund um Darwin hingen. Dusty allerdings hatte einen anderen Namen für sie: die Absoluten.
    »Hast du deine zwei beiden denn schon zum Schwimmkurs angemeldet?«
    »Ja, absolut.«
    Dusty wandte sich der NT News zu. Aufmacher war erstaunlicherweise keine Kroko-Story. Kein Touri, der beim Schnorcheln vor Mindil Beach gefressen wurde. Kein Fünf-Meter-Ungetüm im Botanischen Garten. Wenn Dusty das richtig im Kopf hatte, war das schon der vierte Tag in Folge ohne Crocodylus porosus auf der Titelseite. Das musste ein neuer Rekord sein und den Erbsenzählern der NT News ernsthaft Sorgen bereiten. Sport geht. Sex geht. Aber am besten gehen Krokodile. Shane Warne legt Nackttanz mit Top-End-Riesenechse hin , wäre eine Schlagzeile, die mit Sicherheit alle Auflagenrekorde pulverisieren würde.
    Aber die heutige Ausgabe wurde nicht vom Krokodil, sondern einem verwandten Reptil beherrscht: der Aga-Kröte. Aga-Kröten marschieren erbarmungslos auf Darwin zu , warnte die Schlagzeile.

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