Vor dem Regen - Roman
- bei ihr als Teenager verursacht hatten, noch gut in Erinnerung und war nicht bereit, den Mann jetzt einfach fallenzulassen.
»So schlecht ist er nicht«, erwiderte sie, und dann: »Was soll ich da hinschreiben?«
»Was ist noch mal mit dem Ding passiert?«
»Mein Kreepy Krauly hat es verschluckt.«
»So ein Poolreinigerdings?«
Dusty nickte.
Alex schien nicht im Geringsten erstaunt, so als sei es das Alltäglichste auf der Welt, dass ein Kreepy Krauly ein Handy verschluckt.
»Schreib: ›Im Dienst verschollen‹.«
Dusty schrieb das gerade hin, als sich die Tür öffnete und Sergeant Gerard Bevan aus der Asservatenkammer hereinkam. Er war Ende dreißig, von mittlerer Statur und hatte so helles Haar und einen derart hellen Teint, dass man annehmen musste, er sei bei der Pigmentverteilung gerade nicht da gewesen. Nach äußerer Erscheinung und Charakter war er von solcher Gewissenhaftigkeit, dass man leicht nachvollziehen konnte, wie er zu dem wenig schmeichelhaften Spitznamen »der Buchhalter« gekommen war. Er war, überlegte Dusty, einer von denen, die immer die zweite Zeitung aus dem Stapel nahmen, selbst wenn an der ersten absolut nichts auszusetzen war.
»Morgen«, grüßte er Dusty.
»Morgen«, erwiderte sie.
Dann wandte er sich Alex zu. »Ist es endlich gekommen?«
»Da ist es«, sagte Alex und wuchtete ein Paket auf den Tisch.
Sergeant Bevan nahm das Paket, quittierte den Empfang und war auch schon wieder verschwunden.
»Hat sie nicht mehr alle.«
»Na hör mal!«, sagte Dusty und schob Alex das ausgefüllte Formular zu, denn sie meinte, er rede immer noch von diesem unfähigen Weichei von Trainer.
»In Queensland drüben. Hat total die Nerven verloren, und prompt hat’s seinen Partner erwischt.«
Jetzt erst wurde ihr klar, dass er von Sergeant Bevan sprach.
Von allen Klatschbasen in der Polizei, und an denen herrschte nun wahrlich kein Mangel, war Alex die ergiebigste. Sein Amtszimmer war der zentrale Gerüchteumschlagplatz:
Gerüchte liefen hier auf, wurden umgeschlagen und weiterverschifft. Dusty hatte allerdings kein gesteigertes Verlangen, mehr über Sergeant Bevans angeblichen Verlust der Zurechnungsfähigkeit zu erfahren. Wann immer sie mit ihm zu tun gehabt hatte, war er freundlich und professionell gewesen, und alles Weitere interessierte sie nicht. Sie wechselte wieder zum Football.
»Mir ist schleierhaft, wieso sie Goldie verhökert haben.«
»Dafür gab es Gründe«, erklärte Alex, der augenscheinlich über geheime Informationsquellen verfügte.
Und während Alex Dustys neues Nokia konfigurierte, gab er ihr einen kurzen Abriss dieser Gründe. Demnach feierte Goldie wohl ein wenig zu gerne. Und er hatte eine Vorliebe für den »Nasenzucker«, wie Alex es nannte.
»Du kommst doch ursprünglich aus Adelaide, oder?«, fragte er.
»Stimmt.«
»Wieso bist du dann nicht für die Crows? Oder Port?«
»Mein Dad war Saints-Fan.«
»Vererbung meinst du?«
»Sieht ganz so aus.«
Auf dem Weg zurück ins Büro klingelte Dustys neues Handy zur Titelmelodie von »Alexis Sorbas«. Sie lachte - dieser verdammte Alex!
Es war Felicity Roberts-Thomson. Ob sie sich heute noch treffen könnten, so gegen vier? Die McVeigh-Sache kurz durchsprechen?
Dusty stellte eine mentale Liste der Dinge zusammen, die sie, nach zunehmender Widerwärtigkeit, lieber täte, als sich mit Felicity Roberts-Thomson zusammenzusetzen.
Vaginalabstrich?
Ja.
Wurzelbehandlung?
Ja.
Teambildungsworkshop?
Ja.
Aber ablehnen konnte sie nicht - Polizeiarbeit, das hieß Teamwork und diesen ganzen Mist.
Flick kam mit einem Becher Kaffee, und zwar auch noch von der richtigen Sorte - Flat White mit Magermilch. Die Superfahnderin, die sie ja angeblich war, hatte offensichtlich ihre Hausaufgaben gemacht und vorab ermittelt.
»Für mich nicht«, sagte Dusty, als Flick ihr den Becher reichte. »Ich trinke nur einen am Tag.«
Eine glatte Lüge, wie Dustys vor Styroporbechern überquellender Schreibtisch unschwer erkennen ließ - sie trank etliche hundert Kaffee am Tag, aber sie würde nicht zulassen, dass Flick hier die Oberhand gewänne, und schon gar nicht zum Preis von zwei Dollar achtzig.
»Schöne Frisur, die Sie da haben«, sagte Flick.
Wenn es auch nicht die älteste Masche überhaupt war, so doch eine von beträchtlicher Betagtheit und eine, auf die Dusty im Umgang mit weiblichen Verdächtigen selbst gerne zurückgriff: Anfangen mit den Mädelsthemen, um so ein (falsches) Gefühl weiblicher Solidarität
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