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Vor dem Regen - Roman

Vor dem Regen - Roman

Titel: Vor dem Regen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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eingeschrieben.«
    »Für was?«
    »Gartenbau.«
    Dusty konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.
    »Hey, wär doch’ne Schande, die Erfahrung brach liegen zu lassen. Wer auf dem Boden da draußen, zwischen Krokodilen und Moskitos, Ganja ziehen kann, der kann alles anbauen.«
    Das Taxi bog in die Mitchell Street ein, das Mekka der Rucksacktouristen. Auf beiden Straßenseiten reihten sich billige Hotels, Reisebüros, Internetcafés, Andenkenläden, Restaurants und Bars aneinander. Um Mitternacht war es die mit Abstand belebteste Straße Darwins.

    Vor dem Duck’s Nuts hielten sie an. Es war wie immer gerammelt voll, an den Tischen im Freien war kein Platz mehr zu bekommen, und die Gäste wichen auf den Gehsteig aus.
    Dusty gab dem Fahrer einen Zwanziger. »Behalten Sie den Rest, Franky.«
    »Hey, sie wissen sogar noch meinen Namen.«
    »Der steht da vorn«, sagte Dusty und zeigte auf die Lizenz. »Aber ich hätte mich auch so erinnert. Das gehört zum Service, ich erinnere mich an alle meine Lieblingskunden.«
    Franky lachte, und Dusty durchströmte eine innere Wärme. Solche Momente, in denen Polizisten und Delinquenten gemeinsam lachen konnten, wenn die Justiz anscheinend einmal funktioniert hatte und der Strafvollzug nicht einfach als Verbrecherschule und Nachhilfeunterricht für Kriminelle diente, waren selten. Aber vielleicht machte Franky Ng ihr auch nur etwas vor. Vielleicht war er der neue Mr. Big von Darwin, derjenige, der hinter all den Amphetaminen steckte, die derzeit den Markt überschwemmten. Das war auch so ein Unding am Polizistendasein: Nie konnte man etwas einfach akzeptieren, immer musste man das Blatt im Geiste wenden und einen Blick auf die Rückseite werfen. Als sie eben die Tür zuwerfen wollte, kam Dusty ein Gedanke.
    »Nur so aus Interesse, Franky. Sie haben nicht zufällig von einer jungen Frau aus Ihrer - Ihrer, ähm - ähm - Community gehört, die seit kurzem vermisst wird?«
    »Und was für eine Community soll das bitte sein?«
    Dusty konnte Frankys Gesicht nicht erkennen, aber sie hörte den Unterton in seiner Stimme.
    »Na ja, sie war Asiatin.«

    »Ach, eine Asiatin. Das ist also meine Community , ja? Weil wir Indonesier und Thais und Japaner und -«
    »Schon gut, blöde Frage. Vergessen Sie’s«, sagte Dusty und schlug die Tür zu. »Und weiterhin viel Erfolg beim Gärtnern.«

20
    Das Duck’s Nuts ließ Dusty links liegen - es war ein beliebter Treffpunkt für junge Polizisten, und das Letzte, was sie jetzt wollte, waren andere Gesetzeshüter. Also marschierte sie einfach los und versuchte sich zu entsinnen, in welchen irischen Pub Trace immer ging. Mittlerweile gab es in Darwin fünf davon - nicht schlecht für einen Tropenort und das selbsternannte Tor nach Asien. Der älteste der fünf hieß Kitty O’Flanagan’s und existierte seit mindestens drei Jahren.
    Er war im üblichen pseudo-irischen Stil gehalten: niedrige Decken, dunkles Holz, Glasmosaiken und Guinness vom Fass. Jeden Dienstag war »Titten-raus-Dienstag« - wenn nach altüberlieferter keltischer Tradition die Touristinnen zur Euterschau auf die Bühne gebeten wurden. Heute aber war Freitag und das Vergnügungsangebot etwas konventioneller: Eine Zweimannband spielte auf. Der Gitarrist sah aus wie ein Doobie Brother, der einen Doobie zu viel durchgezogen hatte, aber Dusty war sicher, dass er ihr auch aus einem anderen Grund bekannt vorkam. Hatte sie ihn nicht schon mal wegen Drogenbesitzes eingeknastet? Das Gegenstück war eine Insulanerin mit tiefer, keh liger Stimme und einem Blümchenkleid.

    Dusty bestellte einen Wodka Tonic in einem hohen Glas, bekam ihn in einem kurzen Glas und wollte sich schon beschweren, überlegte es sich aber anders und setzte sich an einen freien Tisch neben dem Billard. Die Bar war halb voll, und die meisten der Gäste waren Engländer. Dusty fiel ein, was Trace über die Pommies gesagt hatte: Halt dich bloß fern von denen. Der Grund dafür war offensichtlich. Die Jungs mit den kantigen Schädeln, der bleichen Haut, den kurz geschorenen Haaren und den knallbunten Fußball-T-Shirts waren nicht gerade das, was man attraktiv nennt. Die Mädels waren sogar noch schlimmer. Sie waren deutlich feister als die Jungs, und bei wirklich allen war die frisch im Tandoori gegrillte Haut mit Nullachtfünfzehn-Tattoos verziert, und ihre Klamotten trugen sie ausnahmslos mindestens eine Nummer zu klein.
    »Skandis«, hatte Trace geraten. Skandinavier. »An die musst du dich halten. Krall dir einen

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