Vor dem Sturm
muß etwas Heiteres sein.«
»Ich weiß nicht. Es beginnt gleich damit, daß diese drei Ringe nur noch zwei sind. Und diese zwei sind wieder unsichtbar.«
»Oh, das ist ein guter Anfang; etwas gespenstisch. Aber wir haben ja noch früh. Also nur weiter.«
»Nun gut. Es waren also drei Ringe, die die Wichtelmännchen oder die ›kleinen Leute‹ oder die Unterirdischen den Puttkamers zum Geschenke machten, vor langen, langen Jahren, als Pommern eben fertig geworden war.«
»Wann war das?«
»Sagen wir hundert Jahre nach Fertigwerdung der Mark; diese Differenz müssen Sie meinem Lokalpatriotismus zugute halten. Also die Puttkamers hatten ihre drei Ringe, die sie, so hatten die Wichtelmännchen gesprochen, wahren und in Ehren halten sollten, das würde dem Hause Glück und Segen bringen Und es kam auch Segen ins Haus, namentlich an Kindern, bis plötzlich, niemand weiß wie, der eine Ring verlorenging und der Segen sich minderte.«
»Ah!« sagte Tubal.
»Sie sagen ›Ah‹ und atmen auf«, fuhr Jürgaß fort. »Die Puttkamers aber mochten auf den Segen nicht verzichten. Und weil sie sichergehen wollten, so baute der reichste von ihnen ein schönes Schloß, und in den Schloßturm hinein, da wo die Wände am dicksten sind, vermauerte er die beiden verbliebenen Ringe. Und da sind sie noch und bergen, wie sich selbst, so auch das Glück des Hauses.«
Das Fräulein von Bischofswerder, das bis dahin steif und unbeweglich auf dem Sofaplatz gesessen hatte, hatte, während Jürgaß sprach, immer lebhafter und zustimmender ihr Kinn an den Hals gedrückt. Jetzt nahm sie das Wort. »Auch wir hatten einen solchen Ring«, sagte sie, »der der Sage nach das Glück der Familie begründen sollte.«
»Und es wohl auch begründet
hat
«, unterbrach die alte Exzellenz. »Es war, denk ich, der Geisterring Ihres Herrn Vaters, der die Lebendigen einschläferte und die Toten zitierte.«
»Gewiß«, erwiderte die Bischofswerder, die bei diesem Hohn ihre sonstige Devotion hinschwinden fühlte, »gewiß, Exzellenz. Und unter diesen Toten befanden sich ganze Familien, die ohne den Ring meines Vaters immer tot geblieben wären. Ist nicht die Dankbarkeit auch eine deutsche Tugend, Graf Bninski?«
Dieser, einigermaßen überrascht, von so unerwarteter Seite her seine Ketzereien unterstützt zu sehen, verbeugte sich gegen die Bischofswerder, während der Geheimrat, von dem Gedanken geängstigt, die kaum erst überstandene Gefahr in neuer Gestalt heraufziehen zu sehen, sich mit der Frage an Lewin wandte: »Was war es doch, Lewin, mit dem Bredowschen Erbringe, von dem du mir vor Weihnachten erzähltest? Nur der Eindruck ist mir geblieben. Ich hört es gerne noch einmal. Exzellenz Reale wird es gestatten, und Kathinka, die so lebhaft für Ringe plädiert, muß dir dankbar sein, etwas zur Verherrlichung ihres Themas zu hören.«
»Gewiß«, bemerkte diese, »ich würde schon dankbar sein, unseren schweigsamen Freund sich überhaupt an unserem Gespräche beteiligen zu sehen, doppelt, wenn es in Verteidigung des Ringes und seiner welthistorischen Mission geschieht. Denn jedes Ding braucht seinen Mann, und ich wüßte nicht, was besser zusammenpaßte als ein Ring und Vetter Lewin. Vor allem, wenn es ein Trauring ist. Es ist ein stiller, natürlicher Bund zwischen beiden, und es ließe sich ein Märchen darüber schreiben; ja ich glaube, ich könnte es, unpoetisch wie ich bin. Ich würde den Trauring als einen kleinen runden, in seiner Mitte ausgehöhlten König auffassen, der alle guten Leute beherrscht, die Ehrbaren und die Tugendsamen. Und an den Stufen seines Thrones stände sein erster Minister, als ehrbarster und tugendsamster, und er hieße Lewin.«
Lewin wurde blaß und rot, faßte sich aber rasch und sagte ruhig: »Nach einer Charakterschilderung wie dieser werd ich mich freilich der an mich ergangenen Aufforderung nicht entziehen können, um so weniger, als es von König Pharaos Tagen her zu den Aufgaben und Vorrechten eines Tugendministers gehört, Träume zu deuten und Geschichten zu erzählen. Und so beginn ich denn:
Es war also wirklich ein Erbring, breit und mit allerhand Zeichen, und eine junge Frau von Bredow, deren Eheherr, Josua von Bredow, Rittmeister und Amtshauptmann von Lehnin war, trug ihn am Ringfinger der linken Hand. Den Winter über lebte das junge Paar in der kleinen Perleberger Garnison, wenn aber der Mai kam, gingen sie, wie sich's gebührte, nach Lehnin, um in dem geräumigen Abthause, dem einzigen, das aus alten
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