Vor dem Urknall
verhält, wie wir es kennen, in die unterschiedlichen potenziellen Universen hineinpassen könnte. Sie kamen schließlich zu dem Ergebnis, dass die Summe aller denkbaren Universen die Inflation auf das Niveau bringen würde, das benötigt wurde, damit die heutigen Bedingungen zutreffen.
Hier ist der Verdacht auf einen Zirkelschluss angebracht. Sie suchten sich Universen aus, die zu dem passten, was wir haben. Dann wandten sie sie auf die Datenbefunde für das an … was wir haben. Aber es sollte betont werden, dass sie mit der Beschaffenheit des Universums von heute begannen und die Inflation voraussagten, die nur ein theoretischer Wegbereiter ist. Sollten Hawking und Hertog recht haben, dann ist die Inflation das natürliche Ergebnis der Kombination möglicher Quantenuniversen, die ihrer Meinung nach nötig waren, um unser eigenes Universum zu bilden. Die Theorie ist noch keinesfalls abgesichert, aber die Wahrscheinlichkeit der Inflation bekommt dadurch einen kleinen Schub.
Hawkings und Hertogs Arbeit lässt einen theoretischen Grund erkennen, warum die Inflation stattgefunden haben könnte. Allerdings muss sie sich gegen eine andere theoretische Arbeit behaupten, die dazu führen könnte, dass die aktuellen Vorstellungen über die Inflation nicht weiter aufrechterhalten werden können. Die Wissenschaftler, die dies tun, berufen sich ausgerechnet auf den Beweis, der normalerweise ins Spiel kommt, wenn gezeigt werden soll, dass der Urknall und die Inflation tatsächlich stattgefunden haben: die Satellitenkarten der kosmischen Hintergrundstrahlung.
Inflation – aber anders, als wir sie kennen
Diese Forschung betont wieder einmal, wie indirekt die Verbindungen zwischen dem Beobachteten und den Theorien sind, die auf diesen Beobachtungen beruhen. Benjamin Wandelt von der University of Illinois in Urbana-Champaign veröffentlichte im Mai 2008 eine Arbeit, der zufolge die Daten nicht unserem Bild der Inflation entsprechen. Wenngleich Wandelt mit seiner speziellen Theorie zu einer Minderheit gehört, teilen viele andere Forscher das Gefühl, die Inflation gelte nur eingeschränkt oder sei sogar falsch. Michael Turner von der Universität Chicago sagte dazu: «Sie hält vielleicht noch zehn Jahre lang, aber nicht für immer.»
Wandelts Gründe für den Zweifel an der Inflation haben mit der Gleichförmigkeit zu tun. Der aktuellen Standardtheorie zufolge ist die Inflation für die Tatsache verantwortlich, dass das Weltall zum größten Teil gleichförmig ist, obwohl die weitesten Bereiche des Universums viel zu weit entfernt sind, als dass Informationen jemals von einer Seite zur anderen übermittelt werden könnten, um diese Gleichmäßigkeit zu bestätigen. Sollte die Inflation stattgefunden haben, wären diese Gebiete ursprünglich viel näher zusammen gewesen als ohne die Inflation, sodass sie vor der Inflationsphase eigentlich Informationen gemeinsam haben konnten.
Zu dieser Gleichförmigkeit gehört die Erwartung, dass die Energieschwankungen (und damit die der Temperatur), die wir in der Hintergrundstrahlung sehen, normal verteilt sein sollten. Es ist die weitverbreitete statistische Verteilung, die in der graphischen Darstellung eine glockenförmige Kurve ergibt, wobei die Mehrzahl der Ereignisse um die Mitte gestreut ist, während ungefähr gleichmäßig verteilte Ausläufer, die zunehmend geringer werden, sich nach beiden Seiten hin erstrecken.
In der Praxis scheint es mehr kalte als heiße Flecken auf der Karte der Hintergrundstrahlung zu geben: Die Verteilung verzerrt sich offenbar zum kalten Ende hin und legt nahe, dass etwas mit der aktuellen Inflationstheorie nicht stimmt. Bis jetzt konnten die Daten noch nicht mit dem Grad von Gewissheit bestätigt werden, den Wissenschaftler schätzen. Es gibt eine Chance von 99 Prozent, dass die Zahlen korrekt sind, während Wissenschaftler gern in die Nähe von 99 , 9999 Prozent kämen, um die Daten als gesichert zu bezeichnen. Allerdings ist die Lage schon jetzt brisant genug, um Befürwortern der Inflation Sorgen zu bereiten.
Das ist aber nicht das einzige Problem, mit dem die Inflation konfrontiert ist. Bedenkt man die enorme Expansion, die im Lauf einer so kurzen Zeit zustande gekommen sein musste, sollte man eine so gewaltige Erschütterung der Struktur von Raum und Zeit erwarten, dass die Echos davon noch heute im Universum nachhallten. Unterliegt die Raumzeit einem raschen Wandel, muss man mit der Erzeugung von Gravitationswellen rechnen,
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