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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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und damit den Morgenwind abzuwarten. Es kommt jedoch selten vor, daß man in derartiger Lage nicht unter Segel bleibt, um den ersten günstigen Lufthauch zu benützen.
    Ein Boot wurde aufs Meer hinabgelassen und der Kapitän Spade stieg mit einem Matrosen hinein, der es mittelst eines großen Riemens nach einem Gegenstande hinruderte, welcher nur einige Meter vom Backbord schwamm.
    Dieser Gegenstand war eine kleine Bake, ähnlich der, die auf der Neuze schaukelte, als die »Ebba« wenige Kabellängen vom Ufer beim Healthsul-House verankert lag.
    Nachdem die Bake sammt einer daran befestigten Sorrleine aufgenommen war, beförderte das Boot sie nach dem Vordertheile der Goelette.
    Unter Leitung des Obersteuermanns wurde ein vom Bord herabgelassnes Schlepptau neben der Sorrleine daran befestigt. Dann stiegen der Kapitän Spade und der Matrose nach dem Deck der Goelette hinauf und an einem Dävit derselben wurde das Boot wieder aufgeholt.
     

    Dieser Gegenstand war eine kleine Bake. (S. 56.)
     
    Fast augenblicklich spannte sich das Schlepptau scharf an und die »Ebba« glitt, ohne jedes Segel, nach Osten hin mit einer Geschwindigkeit, die mindestens zwölf Seemeilen in der Stunde betragen mußte.
    Jetzt war es dunkle Nacht und die Feuer von der amerikanischen Küste verschwanden bald unter den Dunstmassen des Horizonts.

Fünftes Capitel.
Wo bin ich?
(Aufzeichnungen des Ingenieurs Simon Hart.)
    Wo bin ich?… Was ist vorgefallen seit der plötzlichen Ueberrumplung, deren Opfer ich nur wenige Schritte vom Pavillon Nr. 17 wurde?
    Ich hatte eben den Arzt verlassen, wollte die Stufen der Vortreppe ersteigen, mich in mein Zimmer begeben und dessen Thür schließen, um meinen Wachtposten bei Thomas Roch wieder einzunehmen, als mehrere Leute mich überfielen und zu Boden zerrten… Wer mochten sie sein? Ich konnte sie nicht erkennen, weil sie mir die Augen verbunden, konnte nicht um Hilfe rufen, weil sie mir den Mund mit einem Knebel verschlossen hatten. Ich konnte keinen Widerstand leisten, weil ich an Händen und Füßen blitzschnell gefesselt wurde. In diesem Zustande fühlte ich nachher, daß man mich aufhob und etwa hundert Schritte weit forttrug… daß man mich in die Höhe hob, dann wieder hinabsenkte… und mich niederlegte…
    Ja, wo… wohin denn?…
    Was mag aus Thomas Roch geworden sein?… Galt der Anschlag nicht vielmehr ihm als mir?… Das ist doch höchst wahrscheinlich. Ich war ja für Alle nur der Wärter Gaydon, nicht der Ingenieur Simon Hart, dessen Beruf und Nationalität nie den geringsten Verdacht erregt hatte. Warum sollte sich jemand die Mühe genommen haben, einen einfachen Krankenwärter in seine Gewalt zu bringen?
    Es handelt sich hier also um die Entführung des französischen Erfinders, das unterliegt keinem Zweifel. Und wenn man ihn aus dem Healthful-House geraubt hat, so geschah es doch wohl in der Hoffnung, ihm sein Geheimniß zu entlocken?…
    Mein Gedankengang entspringt freilich der Annahme, daß Thomas Roch mit mir verschwunden sei… Ist das wirklich der Fall?… Ja, es ist so, es muß so sein!… Daran kann ich gar nicht zweifeln. Ich befinde mich nicht in den Händen von Verbrechern, die etwa nur hätten stehlen wollen. Das hätten sie nicht in solcher Weise angefangen. Nachdem sie es mir unmöglich gemacht, zu rufen, mich in eine Ecke des Gartens unter dichtes Strauchwerk geworfen und Thomas Roch selbst geraubt hatten, würden sie mich nicht da eingeschlossen haben wo ich mich jetzt befinde…
    Wo?… Das ist die stehende Frage, die ich nun schon seit mehreren Stunden nicht zu lösen vermag.
    Doch wie dem auch sei, jedenfalls sehe ich mich hier in ein Abenteuer verstrickt, dessen Ende… ja, welcher Art das Ende sein wird, weiß ich nicht und wage es auch kaum, das auszudenken. Auf jeden Fall hege ich die Absicht, von Minute zu Minute auch die geringsten Vorkommnisse meinem Gedächtnisse einzuprägen, meine tägliche Erfahrung womöglich schriftlich niederzulegen… Wer weiß denn, was mir die Zukunft noch vorbehält und ob ich unter den neuen Verhältnissen, in die man mich gezwungen hat, nicht schließlich das Geheimniß des Fulgurator Roch kennen lerne?… Wenn mir dereinst die Freiheit wieder winkt, wird dieses Geheimniß und werden auch der oder die Urheber dieses verbrecherischen Ueberfalls bekannt sein, der so schwerwiegende Folgen haben kann.
    Ich komme immer, in der Hoffnung, daß ein Zufall sie beantworten wird, auf die Frage zurück:
    »Wo bin ich?…«
    Ich will mir das

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