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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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d’Artigas, englisch sprach. Er wird mich verstehen und sich nicht weigern, auf meine Fragen zu antworten.
    Meiner Meinung nach muß dieser Mann der Kapitän der »Ebba« sein.
    »Herr Kapitän, beginne ich, Sie hab’ ich schon im Healthsul, House im Pavillon des französischen Erfinders gesehen. Erkennen Sie mich wieder?«
    Er begnügt sich mit einem forschenden Blicke auf mich, würdigt mich aber keiner Antwort.
    »Ich bin der Wärter Gaydon, fahre ich fort, der Wärter Thomas Roch’s, und ich möchte wissen, warum Sie mich entführt und an Bord dieser Goelette gebracht haben?…«
    Mein Gegenüber unterbricht mich durch ein Zeichen, doch richtete er dasselbe nicht an mich, sondern an einige beim Vorderkastell befindliche Matrosen.
    Einer davon tritt auf mich zu, packt mich am Arme und nöthigt mich, ohne sich um eine zornige Bewegung, die ich nicht unterdrücken kann, zu bekümmern, die Treppe an der Luke nach den Mannschaftsräumen hinabzusteigen.
    Diese Treppe besteht freilich nur aus einer eisernen Leiter, die senkrecht dicht neben der Wand angebracht ist. Auf dem ersten Absatz befindet sich an jeder Seite eine Thür, die die Verbindung zwischen dem Volkslogis, der Wohnung des Kapitäns und andern daran stoßenden Cabinen vermittelt.
    Will man mich aufs neue in den finstern Behälter stecken, worin ich mich schon vorher tief unten im Schiffsraum befand?
    Die Leute führen mich nach einer links gelegnen Cabine, die durch eine Lichtpforte im Rumpfe erhellt wurde. Der kreisrunde Eisenrahmen ist jetzt aufgeschlagen und läßt reichlich frische Luft eindringen. Die Ausstattung des Raumes bildet ein Lager mit Bettzeug und Decke, ein Tisch, ein Lehnstuhl, eine Toilette und ein Schrank… alles höchst sauber.
    Auf dem Tisch stehen Teller u. s. w. für mich. Ich brauche nur Platz zu nehmen, und als der Küchenjunge, nachdem er einige Schüsseln hingesetzt hatte, sich entfernen wollte, richte ich das Wort an ihn.
    Wiederum ein Stummer! Es ist ein halber Knabe von Negerrasse, und vielleicht versteht er meine Sprache überhaupt nicht.
    Die Thür wird geschlossen; ich esse mit Appetit und verschiebe auf spätre Zeit alle Fragen, auf die man mich doch nicht immerfort ohne Antwort lassen konnte.
    Wiederum bin ich Gefangner, diesmal jedoch unter beiweitem angenehmeren Verhältnissen, die sich, wie ich annehmen darf, bis zum Eintreffen an unserm Bestimmungsort schwerlich ändern werden.
    Damit überlass’ ich mich wieder meinen Grübeleien. Mein erster Gedanke ist: Der Graf d’Artigas war es, der diese Entführungsgeschichte angezettelt hat, er ist der Urheber des Raubes Thomas Roch’s, und ohne Zweifel ist der französische Erfinder in einer nicht minder bequemen Cabine an Bord der »Ebba« untergebracht.
    Doch wer ist im Grunde jene Persönlichkeit?… Woher kommt der Fremdling? Wenn er sich Thomas Roch’s bemächtigt hat, so will er sich doch, es koste was es wolle, in Besitz des Geheimnisses des Fulgurators setzen. Einen andern Grund konnte er zu dem Gewaltact nicht haben. Ich muß mich also hüten, nicht zu verrathen, wer ich bin, denn jede Aussicht auf Wiedererlangung meiner Freiheit würde schwinden, wenn man über meine Person die Wahrheit erführe.
    Da giebt es Geheimnisse zu erforschen, Unerklärliches zu erklären… Die persönlichen Verhältnisse dieses Grafen d’Artigas, seine Absichten für die Zukunft, die Richtung, der seine Goelette folgt, ihren Heimathafen, und auch diese Fortbewegung ohne Segel oder Schraube und mit einer Schnelligkeit von mindestens zehn (See-) Meilen in der Stunde zu ergründen…
    Endlich, am Abend, dringt ein recht kühler Luftstrom durch die Lichtpforte der Cabine. Ich schließe sie mittelst der Flügelschraube, und da meine Thür von außen verriegelt ist, scheint es mir das beste, mich auf das Lager zu strecken und bei den sanften Bewegungen dieser merkwürdigen »Ebba« angesichts des Atlantischen Oceans einzuschlummern.
    Am nächsten Morgen steh’ ich frühzeitig auf, mache schnell Toilette, kleide mich an und warte.
    Da fällt mir zuerst ein, nachzusehen, ob die Thür jetzt auch noch verschlossen ist.
    Nein, das ist nicht der Fall; ich stoße sie auf, klettre die eiserne Leiter wieder hinauf und befinde mich auf dem Verdeck.
    Auf dem Hintertheile sind die Matrosen noch mit dem Abwaschen desselben beschäftigt, und zwei Männer – einer davon ist der Kapitän – unterhalten sich mit einander. Der Kapitän erscheint nicht überrascht, mich zu sehen, und macht durch ein

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