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Vor der Flagge des Vaterlands

Vor der Flagge des Vaterlands

Titel: Vor der Flagge des Vaterlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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des Fulgurator Roch zu werden, für den weder die Alte, noch die Neue Welt den ungeheuern, widersinnigen Preis anlegen wollte, der dafür verlangt wurde. Im Fall sich Thomas Roch nun doch einmal verrathen sollte, wäre es freilich besser, wenn ich noch immer um ihn sein könnte, mir meine früheren Obliegenheiten verblieben und ich mit der Fürsorge betraut wäre, die sein Zustand erforderte. Ja, ich muß nur die Möglichkeit erhalten, alles zu sehen, alles zu hören… wer weiß es vorher?… vielleicht endlich zu erfahren, was mir im Healthful-House zu wissen versagt blieb.
    Wohin steuert nun die Goelette?
    Wer ist im Grunde dieser Graf d’Artigas?
    Die erste Frage wird ohne Zweifel in wenigen Tagen entschieden sein, bei der Schnelligkeit, mit der diese Lustjacht unter der Wirkung eines Antriebsmechanismus dahinfährt, dessen Natur ich schon noch erkennen werde.
    Was die zweite Frage angeht, ist es minder gewiß, ob ich sie je werde aufhellen können.
    Meiner Ansicht nach muß dieser räthselhafte Mann ein schwerwiegendes Interesse daran haben, seine Herkunft zu verschleiern, und ich fürchte, es wird mich kein Zeichen darauf führen, seine Nationalität festzustellen. Wenn der Graf d’Artigas geläufig englisch spricht – wovon ich mich bei seinem Besuche im Pavillon Nummer siebzehn ja überzeugen konnte – so klingt dabei doch ein rauher, vibrierender Tonfall hindurch, der den nordischen Völkern nicht eigen ist. Das erinnert mich an nichts von Allem, was ich auf meinen Reisen durch beide Welten gehört habe, höchstens an die charakteristische Härte der Sprachen im Malaien-Archipel. Und wirklich, bei seinem warmen, fast olivenfarbigen Teint, der ins Kupferfarbne hinüberspielt, dem gekräuselten, ebenholzschwarzen Haar, dem aus tiefem Augapfel kommenden Blicke, der einem Wurfspieße ähnlich aus unbeweglicher Pupille hervorschießt, bei seinem hohen Wuchs, den eckigen Schultern und seiner ausgesprochen muskulösen Gestalt, die auf große Körperkräfte schließen läßt, wäre es nicht unmöglich, daß der Graf d’Artigas einer jener Rassen des äußersten Ostens angehörte.
    Mir gilt der Name d’Artigas nur als ein angenommener, und mit dem Titel eines Grafen wird es nicht anders sein. Wenn seine Goelette einen norwegischen Namen führt, so ist er doch unbedingt nicht von skandinavischer Abstammung. Er hat von den Leuten aus dem Norden Europas nichts an sich, weder ihren ruhigen Gesichtsausdruck und ihr blondes Haar, noch den sanften Blick, der aus ihren mattblauen Augen leuchtet.
    Doch wer er auch sei, dieser Mann hat Thomas Roch – und mich mit – aufheben lassen, und er kann dabei nur in verbrecherischer Absicht gehandelt haben.
    Hat er aber nun zu Gunsten einer fremden Macht oder nur im eignen Interesse gehandelt?… Hat er allein aus der Erfindung Thomas Roch’s Nutzen ziehen wollen?… Das ist eine dritte Frage, auf die ich noch nicht zu antworten vermag. Doch wer weiß, ob ich diese, nach Allem, was ich in der Folge sehen und hören werde, nicht zu lösen im Stande bin, ehe ich entfliehen kann, vorausgesetzt, daß mir eine Flucht je möglich wird…
    Die »Ebba« setzt in der uns bekannten unerklärlichen Weise ihre Fahrt weiter fort. Ich kann auf dem Verdeck ungehindert umher gehen, ohne aber jemals nach den Mannschaftsräumen eindringen zu dürfen, deren Treppenkappe vor dem Fockmast aufragt.
    Zwei-oder dreimal wollte ich zwar bis nach dem Lager des Bugsprits vordringen, von wo aus ich, mich vorbeugend, den Vordersteven der Goelette hätte die Wogen zertheilen sehen können. Offenbar auf erhaltenen Befehl widersetzten sich die Matrosen der Wache aber allemal meinem Vorhaben und einer davon sagte mir in heftigem Tone und rauhem Englisch:
    »Zurück!… Zurück!… Sie sind hier im Wege!«
    Im Wege?… Inwiefern denn?… Ich sehe doch niemand irgendwie beschäftigt.
    Sollte man durchschaut haben, daß es mir daran lag, zu erkennen, in welcher Weise die Goelette ihren Antrieb erhielt?… Das wäre möglich, und der Kapitän Spade, der Zeuge jenes Zwischenfalls war, hat wohl errathen müssen, daß ich mir über diese Art der Navigation Rechenschaft zu geben suchte. Selbst der einfachste Krankenhauswärter hätte ja erstaunt sein müssen, daß ein Fahrzeug ohne Segel und ohne Schraube eine solche Geschwindigkeit entwickelte. Kurz, aus einem oder dem andern Grunde wurde mir das Betreten des vordersten Theiles der »Ebba« verwehrt.
    Gegen zehn Uhr springt etwas Wind auf, eine recht günstige Brise

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