Vor der Flagge des Vaterlands
Fahrzeugs gelesen, das das Aussehen einer Lustjacht hatte; ich wußte nur nicht, ob dieser neben dem Bug oder am Stern angeschrieben war.
So trete ich an einen der Matrosen heran.
»Welches Schiff ist das?« frag’ ich ihn.
Keine Antwort; ich muß wohl annehmen, daß der Mann mich gar nicht verstanden hat.
»Wo ist der Kapitän?« setzte ich hinzu.
Der Matrose giebt auf diese Frage ebensowenig Antwort, wie auf die frühere.
Ich begebe mich nun nach dem Vordertheil der Goelette.
Hier hängt über dem Gestell der Winde eine Glocke. Vielleicht ist in deren Metall ein Name, der Name der Goelette, eingraviert.
Einer packt mich am Arme und nöthigt mich… (S. 76.)
Nichts dergleichen.
Ich kehre nach dem Hintertheile zurück und wende mich mit einer erneuerten Frage an den Mann am Steuerrade.
Dieser wirst mir einen wenig ermunternden Blick zu, zuckt nur die Achseln und stützt sich fester auf das Rad, um die Goelette, die stark abgewichen war, in ihre Richtung zurückzuführen.
Da fällt mir ein, Umschau zu halten, ob Thomas Roch hier ist… Ich sehe ihn nicht… Sollte er sich gar nicht an Bord befinden?… Das wäre unerklärlich. Warum sollte man aus dem Healthful-House allein den Wärter Gaydon entführt haben?… Kein Mensch daselbst hat ja vermuthen können, daß ich der Ingenieur Simon Hart wäre, und auch wenn man das wußte, welches Interesse hätte jemand daran haben können, sich meiner Person zu bemächtigen, und was könnte man von mir erwarten?…
Da Thomas Roch also nicht auf dem Deck ist, vermuthe ich, er werde in einer der Cabinen des Schiffs eingeschlossen sein. Wenn man ihn nur wenigstens rücksichtsvoller behandelt hat, als seinen frühern Wärter!
Doch halt einmal – daß das mir nicht eher aufgefallen ist! – Wie kommt denn diese Goelette eigentlich vorwärts? Die Segel sind eingezogen, kein Zoll Leinwand ist draußen… der Wind hat sich gelegt… vereinzelte Luftstöße, die von Osten her kommen, sind ihr geradezu hinderlich, da wir in dieser Richtung steuern. Und doch gleitet die Goelette, deren Bug sich leicht hebt und senkt, schnell dahin, so daß der durch das Wasser rauschende Kiel seine Schwimmlinie durch einen langen Schaumstreifen bezeichnet. Bis weit zurück bleibt das wirbelnde Wasserband hinter uns sichtbar.
Das Schiff wäre demnach eine Dampfjacht?… Nein! Zwischen Fock-und Großmast erhebt sich kein Schornstein… Sollte es ein elektrisches Fahrzeug sein, dessen Schraube durch Accumulatoren oder durch mächtige galvanische Batterien in Bewegung gesetzt würde, die ihm eine so beträchtliche Geschwindigkeit verliehen?…
Ich wußte diese Art der Fortbewegung in der That kaum anders zu erklären. Da der eigentliche Treibmechanismus jedenfalls aus einer Schraube bestehen muß, müßte ich diese, wenn ich mich über die Reling hinausbeuge, doch arbeiten sehen und hätte mich nur noch über die Kraftquelle, die sie bewegt, zu unterrichten.
Der Steuermann läßt mich unbehindert an das Achter herantreten, wirst mir jedoch einen ironischen Blick zu.
Ich beuge mich hinaus… sehe nach unten…
Keine Spur von dem Durcheinanderwirbeln, das eine Schraube doch hätte erzeugen müssen. Nur ein oben glattes Kielwasser, das sich drei bis vier Kabellängen weit ausdehnt, ganz ebenso, wie es ein dahin segelndes Fahrzeug hervorbringt. Doch welcher Art ist nun die Kraftmaschine, der die Goelette diese wunderbare Geschwindigkeit verdankt? Ich habe schon gesagt, daß der Wind eher ungünstig stand, und das Meer erhebt sich nur in langen, niedrigen Wogen, die keine Schaumkämme bilden.
Das wird mir nicht unbekannt bleiben, und ohne daß die Mannschaft auf meine Person achtet, begebe ich mich wieder nach dem Vordertheile.
An der Treppenkappe daselbst angelangt, sehe ich mich einem Manne gegenüber, dessen Gesicht mir nicht unbekannt erscheint. Auf den Treppenüberbau gestützt, läßt der Mann mich herankommen… er sieht mich an, als erwartete er, daß ich ihn anreden sollte…
Jetzt entsinn’ ich mich. Das ist der Mann, der den Grafen d’Artigas bei seinem Besuche im Healthsul-House begleitete… Ganz sicher… ich kann mich nicht täuschen…
Der reiche Fremdling also ist es, der Thomas Roch entführt hat, und ich befinde mich an Bord der »Ebba«, seiner Jacht, die in den Gewässern des östlichen Amerika so wohlbekannt ist!… Nun gut! Der Mann, der hier vor mir steht, wird mir sagen, was ich zu erfahren ein Recht habe. Ich erinnre mich, daß er, wie der Graf
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