Vor der Flagge des Vaterlands
Schornstein erheben müßte, wenn die »Ebba«eine Dampfjacht wäre, ein Schornstein, dem dann gewiß schwarze Rauchwolken entströmten.
Was mir seltsam vorkam, erscheint Thomas Roch also ebenfalls so. Er vermag sich nicht zu erklären, was auch ich unerklärlich fand, und so wie ich es gethan, begiebt er sich nach dem Achter, um zu sehen, wie die Schraube arbeitet.
An den Seiten der Goelette tummelt sich eine Schaar von Meerschweinen. So schnell die. Ebba-auch fährt, wird es den gelenkigen Thieren nicht schwer, sie zu überholen, und sie spielen, schnellen sich in ihrem natürlichen Elemente auf und überstürzen sich mit wunderbarer Gewandtheit.
Thomas Roch bemerkt sie freilich nicht und folgt ihnen auch nicht mit den Augen, sondern beugt sich über die Reling hinaus.
Sofort eilen der Kapitän Spade und der Ingenieur Serkö, in der Befürchtung, daß er ins Meer fallen könnte, auf ihn zu, halten ihn mit starker Hand und ziehen ihn nach dem Verdeck zurück.
Ich bemerke übrigens – denn ich habe hierin eine lange Erfahrung – daß Thomas Roch verwundert und erregt ist. Er dreht sich um sich selbst, ficht mit den Händen in der Luft herum und murmelt unverständliche Worte, die sich an niemand richten, vor sich hin.
Es ist nur zu deutlich, daß ihm wieder ein Anfall droht, ein Anfall, ähnlich dem, der ihn am letzten im Healthsul-House zugebrachten Abend heimgesucht hatte und dessen Folgen so schrecklich werden sollten. Man wird ihn ergreifen und in seine Cabine hinunter schaffen müssen und wird mich dann rufen, um ihm die specielle Pflege angedeihen zu lassen, die ich ihm gegenüber anzuwenden gewöhnt bin.
Inzwischen verlieren ihn der Kapitän Spade und der Ingenieur Serkö nicht aus dem Auge; wahrscheinlich wollen sie ihn gewähren lassen, und so thut er denn Folgendes:
Nachdem er sich neben den Großmast begeben, dessen Segelwerk seine Blicke vergebens gesucht haben, tritt er ganz dicht heran, schlägt seine Arme darum und versucht ihn herauszuziehen, indem er an der Nagelbank rüttelt.
Die Fruchtlosigkeit seines Bemühens erkennend, versucht er noch einmal am Fockmaste, was ihm am Großmaste mißlungen war. Seine nervöse Erregung steigert sich immer mehr, unarticulierte Schreie folgen den sinnlosen Worten, die ihm entschlüpfen…
Plötzlich stürzt er sich auf die Wanten am Backbord, klammert sich daran an, und ich frage mich, ob er sich nicht hinaufschwingen und bis zur Spitze der Stenge klettern wird…
Doch wenn man ihn nicht zurückhält, läuft er Gefahr, auf das Deck herabzustürzen oder durch eine Schlingerbewegung ins Meer geschleudert zu werden.
Schon springen einige Matrosen auf ihn zu, umfassen ihn, können ihn aber nicht von den Wanten abzerren, so fest halten sich seine Hände daran. Bei einem Anfalle, das weiß ich, sind seine Kräfte verdoppelt, und um seiner Herr zu werden, hab’ ich oft noch andre Wärter zu Hilfe nehmen müssen. Diesmal überwältigen die Leute von der Goelette – große, urkräftige Burschen – den unglücklichen Kranken. Thomas Roch wird langsam auf das Deck gelegt, wo ihn zwei Matrosen trotz seines Widerstrebens festhalten.
Wenn ein Segel oder eine Rauchsäule sichtbar wurde… (S. 85.)
Jetzt gilt es nur noch, ihn in die Cabine hinunter zu bringen und ihm Ruhe zu gönnen, bis der Anfall vorübergegangen ist. Das geschieht denn auch, entsprechend der Anordnung einer andern Persönlichkeit, deren Stimme mir jetzt ans Ohr schlägt.
Ich wende mich um und erkenne den Mann.
Es ist der Graf d’Artigas mit demselben düstern Gesichtsausdruck und befehlerischen Auftreten, wie ich ihn im Healthful-House gesehen habe.
Sofort gehe ich auf ihn zu. Ich muß eine Erklärung bekommen… ich werde sie erhalten.
»Mit welchem Rechte, Herr Graf… beginne ich.
– Mit dem Rechte des Stärkeren,« schneidet der Graf d’Artigas meine Frage ab.
Damit begiebt er sich nach dem Hintertheile, während die Leute Thomas Roch nach seiner Cabine schaffen.
Siebentes Capitel.
Zwei Tage Seefahrt.
Wenn es die Umstände erheischen, muß ich dem Grafen d’Artigas doch vielleicht zugestehen, daß ich der Ingenieur Simon Hart bin. Wer weiß, ob man mir dann nicht mehr Rücksicht erweist, als wenn ich der Wärter Gaydon bleibe. Das will jedoch überlegt sein. Noch immer beherrscht mich der Gedanke, daß der Eigenthümer der »Ebba«, als er den französischen Erfinder entführen ließ, das in der Absicht that, sich dessen Geheimniß anzueignen und der einzige Besitzer
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