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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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ihn keiner wirklich kannte. Man konnte nur raten, was hinter diesen ruhigen Augen vorging, hinter dieser tiefgründigen Fassade. Nein, es war nicht bloß eine Fassade, John war tatsächlich ein tiefgründiger Mensch. Die meisten Leute sahen nur die Oberfläche; John dagegen sah die darunterliegenden Schichten und verstand es intuitiv, diese Schichten zu manipulieren, so daß die Leute so reagierten, wie er es wollte und den Verlauf der Dinge so in seinem Sinne beeinflußten.
    Er kannte darüber hinaus mehr Tötungsmethoden, als die meisten Menschen sich überhaupt vorstellen konnten. Er war bei den Navy SEALs ausgebildet worden, hatte sowohl die rigorose Grundausbildung als auch die Theorie durchgemacht. Den Umgang mit Computern hatte er von irgendeinem Computergenie gelernt. Er konnte ein Flugzeug fliegen, ein Schiff segeln, einen Knochen einrenken und wahrscheinlich sogar ein Hemd flicken.
    Die CIA sammelte Daten über ungefähr hundertfünfzig Länder. John Medina war in jedem davon gewesen.
    Er war einmal verheiratet gewesen, als er Anfang Zwanzig gewesen war. Die junge Frau war gestorben. Man munkelte, daß sie eine Doppelagentin gewesen sei und John sie lieber selbst getötet hatte, als einen wichtigen Maulwurf im Kreml preiszugeben. McPherson war der jungen Frau nie begegnet und glaubte den Gerüchten auch nicht unbedingt, denn es gab andere Wege, um sie am Weitergeben von Informationen zu hindern, und John tötete nur, wenn es nicht anders ging. Trotzdem mußte er zugeben, daß er John einer solchen Tat für fähig hielt.
    Der Bildschirm verschwamm erneut vor seinen Augen,
    und McPherson lehnte sich zurück und streckte gähnend
    die langen Tentakel aus. »Verflucht, wer hätte gedacht, daß sie so viele gemeinsame Bekannte hatten?«
    »Sie waren in Vietnam«, murmelte John und haute weiter in die Tasten. »Hunderttausende von Soldaten waren damals zur selben Zeit drüben stationiert. Dad selbst ist mehrmals nach Hause und wieder zurückgeflogen, was den Personenkreis noch mehr erweitert. Whitlaw hatte jede Menge Einsätze. Sie haben eine ganze Menge Leute kennengelernt, was nicht immer zur selben Zeit gewesen sein muß.«
    »Jesus, einige von denen sind schon seit über zwanzig Jahren tot. Kannst du nicht wenigstens die Toten aussortieren, damit die Liste ein bißchen kürzer wird?«
    »Sicher.« John tippte ein paarmal, dann hielt er inne, den Finger über der Maus. Er tippte einen weiteren Befehl ein, und der Laserprinter neben McPherson begann Blätter auszuspucken.
    »Was ist das?« McPherson streckte die Hand aus und nahm das erste Blatt, das in der Auffangschale landete.
    »Eine Liste der Toten.«
    McPherson beäugte die Liste mit zusammengekniffenen Augen. »Wieso?«
    »Weil die Antwort auch dort zu finden sein könnte. Vielleicht waren Dad und Whitlaw ja die nächsten auf der Todesliste.« John bedeutete mit einem Schulterzucken, wie endlos die Möglichkeiten waren. »Je größer unser Suchradius, desto wahrscheinlicher ist es, daß mir etwas auffällt.«
    »Dann suchst du also nach Leuten, die kürzlich gestorben sind.«
    »Ich weiß nicht, wonach ich suche. Wenn ich was Interessantes sehe, werde ich die beiden Listen vergleichen, um festzustellen, ob der eine oder andere von der Liste der To-
    ten den einen oder anderen von der aktuellen Liste gekannt hat. Irgendwo muß es ja eine Verbindung geben.«
    Der Drucker schwieg. McPherson sammelte die Blätter zusammen und reichte sie John, der seinen Stuhl zurückkippte und die Liste der Namen und Todesdaten zu überfliegen begann. Zehn Minuten später hielt er inne, sein Blick kehrte zu einem bestimmten Namen zurück, und er starrte ihn einen Moment lang nachdenklich an. Dann beugte er sich vor, rief eine weitere Datei auf und tippte einen Namen ein.
    »Hmm.«
    »Irgendwas gefunden?«
    »Vielleicht. Es ist - nicht uninteressant. Ich seh mir die Sache mal näher an.«
    McPherson rollte mit seinem Stuhl hinüber zu John und las, was auf dem Bildschirm stand. »Hm.«
    »Kanntest du ihn?«
    »Nein, aber seinen Bruder kennen wir ganz bestimmt, oder nicht?«
    »Wach auf, Schätzchen.« Marc umfaßte Karens Schulter, befühlte die glatte, kühle Haut über dem runden Gelenk. »Hier ist eine Tasse Kaffee für dich.«
    Sie blinzelte schläfrig. »Wie spät ist es?« murmelte sie.
    »Nicht spät. Halb acht.«
    »Wieso bist du dann schon auf? Du sagtest doch, du mußt nicht zum Dienst.« Sie schob sich hoch und langte gähnend nach der Tasse heißen, duftenden

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