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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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selbst behalten und gegen ihn verwenden würde, wie Whitlaw es getan hatte?
    Hayes hätte beinahe laut aufgelacht. Er konnte Senator Lake nicht ausstehen, und schon gar nicht vertraute er dem scheinheiligen, lügnerischen Bastard. Der Gedanke, ihn richtig schön hereinzulegen, gefiel ihm dagegen ungeheuer, ja, er machte ihn direkt fröhlich.
    Wenn Whitlaw das Buch an einem Ort versteckt hatte, der nur ihm bekannt war, dann war es verloren. Teufel, vielleicht hatte er es sogar irgendwo vergraben. Unter diesen Umständen war der Senator relativ sicher, denn es war höchst unwahrscheinlich, daß das Buch in seiner Lebenszeit wieder auftauchen würde.
    Andererseits, wenn Whitlaw das Büchlein nun an seine Frau oder Tochter geschickt hatte -
    Die Frau war im Januar gestorben. Sie und die Tochter hatten zusammengelebt; die Tochter würde den Besitz der
    Mutter übernommen haben. Dann, ein paar Monate später, war die Tochter aus dem Haus in ein Apartment gezogen. Da gab es natürlich viel weniger Platz. Wo würden die Sachen landen, die sie dort nicht unterbringen konnte?
    In einem Lagerhaus.
    Columbus war eine Stadt mit ungefähr sechshunderttausend Einwohnern. In einer Stadt von dieser Größe gäbe es Hunderte von Lagerhallen, aber es gab eine ganz einfache Methode, die richtige Halle zu finden: eingelöste Schecks.
    Sicher bezahlte sie die monatliche Gebühr mit einem Scheck. Vielleicht schrieb sie ja sogar die Abteilnummer darauf, doch falls nicht, war selbst das kein großes Problem. Alles, was er tun mußte, war, bei der Firma einzubrechen und in den Akten nach ihrem Namen zu suchen, dann in das Abteil einzubrechen. Die meisten Leute hängten sowieso nur kleine Schlösser davor; mit einer guten Bolzenzange war das Ganze ein Kinderspiel.
    Sie hielt sich irgendwo versteckt; ihr Apartment würde leer sein. Die Polizei hatte es sicher mit Plastikbändern abgeriegelt, bis sie mit ihrer hausinternen Untersuchung fertig waren. Jede Untersuchung der Dienstaufsichtsbehörde dauerte mindestens ein paar Tage, selbst in einem so klaren Fall wie diesem.
    Alles, was er tun mußte, war, ihre Bankauszüge zu finden und nach dem betreffenden Scheck zu suchen. Selbst wenn sie nur eine Bankkopie davon in ihren Unterlagen aufbewahrte, genügte ihm das, um an die notwendigen Informationen heranzukommen.
    Hayes lachte leise vor sich hin. Er war zufrieden mit sich selbst. Morgen früh würde er den Senator anrufen und ihm sagen, daß er einen Hinweis auf den Verbleib des Büchleins hätte, das würde ihn erst mal beruhigen, und dann würde er einen kleinen Ausflug nach Ohio machen.
    Jess McPherson war hundemüde. Es war halb fünf Uhr morgens. Seine Augen brannten, und jedesmal wenn er blinzelte, fühlte es sich an, als würde ein Pfund Sand über seine Augäpfel kratzen. Die Zeilen auf dem Computerbildschirm verschwammen andauernd, und er hörte nicht auf zu blinzeln. Er hatte zwei Kannen Kaffee getrunken, und sein Magen brannte schlimmer als seine Augen. Er mußte mal pissen, und er mußte schlafen, in dieser Reihenfolge.
    Er fragte sich, wie John es durchhielt. Die Ausdauer, die Konzentrationsfähigkeit des Mannes waren einfach unglaublich, und McPherson war kein Mensch, der leicht zu beeindrucken war. Aber der Jüngere saß noch länger als er vor dem Bildschirm, und zwar derart konzentriert, daß er kaum einmal blinzelte. Er war Tausende von Meilen weit geflogen, über zirka acht Zeitzonen hinweg, und hatte die Beerdigung seines Vaters hinter sich. Er mußte sowohl übermüdet als auch gestreßt sein, doch nichts davon war ihm anzumerken. Wenn man ihn so ansah, würde man nie vermuten, was er war.
    Sein braunes Haar war ordentlich geschnitten und gekämmt, sein weißes Oxfordhemd tadellos gebügelt, die Hosen ohne die kleinste Knitterfalte. Er trug eine Brille mit einem Drahtgestell, um die Augen von dem langen Starren auf den Bildschirm ein wenig zu schonen. Er hatte manikürte Fingernägel, verdammt noch mal. Er sah aus wie der durchschnittliche Student einer Eliteuni oder wie ein Anwalt oder Banker oder Börsenmakler, wie der Typ von nebenan eben.
    Aber das war er nicht. Seine flink über die Tastatur huschenden langen Finger legten Zeugnis ab für seine vollkommene Vertrautheit mit der Welt der Computer. McPherson selbst war kompetent, aber John war ein Meister, wenn es galt, Informationen auszugraben.
    Er war darüber hinaus der gefährlichste Mann, den McPherson kannte.
    Er liebte John wie einen Sohn, aber er wußte auch, daß

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