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Vor Jahr und Tag

Titel: Vor Jahr und Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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zornig und ängstlich, und sie hatten sich gestritten.
    Komisch, wie ruhig auf einmal alles war, gleichsam erstarrt. Sie zielte auf seine Brust und zog am Abzug. Das Geräusch des Schusses drang nur entfernt an ihr Ohr. Der Rückstoß erschütterte ihren Arm.
    Die Kugel traf ihn in die Brust, genau dort, wo sie hingezielt hatte. Sie sah den roten Blutfleck, der sich rasch auf seinem Hemd ausbreitete, dort, zwischen den offenen Aufschlägen seines Leinenjacketts. Warum explodierte dann auf einmal sein Kopf? Blut und Gehirnmasse spritzten aus einem riesigen Loch auf seiner linken Schädelseite. Seine Augen traten ein wenig hervor, dann sank er leblos in sich zusammen.
    Ganz plötzlich schnappte die Zeit um, und alles war wieder normal. Sie konnte wieder hören, obwohl ihr die Ohren von dem Schuß klingelten. Sie sah wieder alles in Farbe, besaß wieder ihr ganzes Blickfeld. Der ätzende Geruch von Kordit lag in der Luft, und Marc lag reglos auf der Seite im Kies.
    Sie ließ die Pistole fallen, packte ihn mit beiden Händen und hievte ihn auf den Rücken. Sie preßte zwei Finger an seine Halsschlagader: Sein Puls ging rasch und schwach. Er beobachtete sie unter halbgeöffneten Lidern, aber sie wußte, daß er dabei war, das Bewußtsein zu verlieren. »Ich - werd’s
    - schaffen«, versprach er mit kaum hörbarer Stimme.
    »Da hast du verdammt recht, das wirst du«, erwiderte sie leidenschaftlich und riß sein T-Shirt auf. Ein blaugerändertes schwarzes Einschußloch klaffte ihr entgegen, aus dem langsam hellrotes Blut hervorblubberte.
    Sie mußte die Wunde jetzt sofort versiegeln. Als sie sich zu der Leiche des beleibten Mannes umdrehte, um ihn nach etwas Brauchbarem zu durchsuchen, sah sie aus den Augenwinkeln etwas Rotes aufblitzen. Sie wirbelte herum und langte nach der Pistole. Sich über Marc duckend, zielte sie.
    »Immer mit der Ruhe«, sagte ein großer, hagerer Mann und trat vollends in ihr Blickfeld. Er trug eine rote Baseballkappe und eine Sonnenbrille und hielt seine Pistole in dem beidhändigen Griff erfahrener Cops und anderer Kämpfer. Sein Blick überflog die sterblichen Überreste des Senators, dann stieg er über die Leiche hinweg und trat zu Karen, wobei er seine Pistole hinten in seinen Hosenbund schob.
    McPhersons Mann. »Wo waren Sie, verdammt noch mal?« stieß sie zornig hervor, ließ die Pistole wieder fallen und kroch hektisch zu der anderen Leiche. Sie tastete sämtliche Taschen ab, auf der Suche nach einem Päckchen Zigaretten. Die Plastikumhüllung würde eine prima Versiegelung abgeben. Doch ihre panischen Finger fanden nur eine Brieftasche. »Verdammt, verdammt, verdammt! Raucht denn heutzutage überhaupt keiner mehr?«
    »Brauchen Sie eine Zigarette?« erkundigte sich der Mann mit der Baseballkappe höflich, wenn auch ein wenig verblüfft.
    Sie wirbelte fauchend zu ihm herum. »Ich brauche dünnes Plastik, um die Wunde zu versiegeln.«
    Seine Augenbrauen hoben sich über die Ränder seiner Sonnenbrille. Schweigend griff er in die Vordertasche seiner Jeans und zog ein Paar dünner Plastikhandschuhe heraus. »Würden die gehen?«
    Sie riß sie ihm aus der Hand. Einige dieser Handschuhe waren zu dick, der Gummi nicht flexibel genug für ihre Zwecke, aber die hier waren fast papierdünn, wie die Handschuhe, die Haarfärbepackungen beigefügt wurden. »Perfekt.« Hastig klatschte sie einen Handschuh auf Marcs Einschußwunde und hielt ihn dort fest. Er rang nach Luft, begann aber beinahe sofort leichter zu atmen, weil nicht länger Luft aus seiner beschädigten Lunge entweichen konnte. »Ich brauch was zum Drumrumwickeln«, sagte sie. »Da sind ein paar Anziehsachen in einer Schachtel da hinten.« Sie wies mit einem Kopfnicken auf das Lagerabteil hinter ihr. »Schneiden Sie was zurecht.«
    »Ja, Ma’am.« Baseballmütze blickte sich einen Augenblick um und erspähte das Messer in der Kehle des beleibten Mannes. »Jesus Christus, Hoss, mit dir ist wirklich nicht zu spaßen«, sagte er mit einer gewissen Bewunderung zu Marc, trat dann über den Toten und zog ihm das Messer aus dem Hals.
    Karen sah die blutige Klinge und dachte an AIDS. Sie überlegte, wie man sie sterilisieren könnte, hatte jedoch nichts bei sich. Ein Blick auf Marc überzeugte sie jedoch, daß er in weit größerer Gefahr schwebte, an seiner Wunde zu sterben, als sich von Stoffstreifen, die mit einem blutigen Messer geschnitten worden waren, AIDS zu holen.
    Baseballmütze war fast erschreckend effizient. Er zog eine Bluse aus

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